Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 151

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 151 (NJ DDR 1963, S. 151);  ■ I \ " in Hannover gegen die Notstandsgesetze11, demonstrieren die Kampfbereitschaft der westdeutschen Arbeiter. Es ist deshalb kein Zufall, wenn die Machthaber in Bonn angesichts der wachsenden Schwierigkeiten für ihre Atomrüstungspolitik Adenauer erklärte auf dem 6. DGB-Kongreß: „Wir gehen schwierigen Zeiten, sowohl wirtschaftlich als auch politisch, entgegen“12 die Angriffe auf die Arbeiter und ihre Gewerkschaften, hauptsächlich gegen das Streikrecht, verschärfen. Die westdeutschen Werktätigen sollen durch Zwang vollständig- in die Atomkriegspolitik einbezogen und ihre Klassenorganisationen, die Gewerkschaften, mit Hilfe der rechten SPD- und DGB-Führer gleichgeschaltet werden. Der Bonner Wirtschaftsminister Erhard bezeichnete die Gewerkschaften als „die Feinde des deutschen Volkes“13, und der Präsident der westdeutschen Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Paulsen, stellte fest, daß der Bonner Staat zur Unterdrückung der wachsenden Streikbewegung jetzt ohne ein Notstandsgesetz nicht mehr auskomme14. Das strafrechtliche Teilstück im demokratisch getarnten Diktaturmechanismus des Bonner Staates gegen das Streikrecht der westdeutschen Werktätigen sind neben dem geplanten Notstands-, Zwangsschlichtungs- und Vereinsgesetz die „Hochverrats-, Staatsgefährdungsund Landesverratsbestimmungen“ im Strafgesetzbuchentwurf, vorrangig der § 370. Daß die Bonner Justiz nach § 370 Zehntausende von Verfahren gegen streikende Arbeiter einzuleiten beabsichtigt, bestätigen die unmittelbaren Initiatoren des Regierungsentwurfs selbst, wie z. B. der Vertreter des Justizministeriums Lackner, der in der 105. Sitzung der sog. Großen Strafrechtskommission am 14. Oktober 1958 erklärte, es handele sieh bei § 370 „um ein typisches Massendelikt, das in der Regel von vielen begangen“ werde15. Lekschas/Weber haben unter Hinweis auf den Bericht der Hitlerschen „Amtlichen Strafrechtskom-mis&ion“ mit Recht nachgewiesen, daß mittels des § 370 das verwirklicht werden soll, was damals „zu dieser Materie projektiert“ wurde16. Die Hitlerfaschisten hatten in der sog. Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 das Verbot periodischer Druckschriften für zulässig erklärt, „wenn in ihnen zu einem Generalstreik oder zu einem Streik in einem lebenswichtigen Betrieb aufgefordert oder angereizt wird“17. In der sog. Verordnung gegen den Verrat am deutschen Volke und hochverräterische Umtriebe vom 28. Februar 1933 wurde die „Aufforderung oder Anreizung zu einem hochverräterischen Bestrebungen dienenden Streik in einem lebenswichtigen Betrieb, Generalstreik oder Massenstreik“ für strafbar erklärt18. Wer diese Formulierungen mit den Tatbestandsmerkmalen des § 370 vergleicht, sieht sofort, wie hier an das hitlerfaschistische Vorbild angeknüpft wurde. 11 In dem Beschluß wird erklärt: „Der Bundeskongreß lehnt jede zusätzliche gesetzliche Regelung des Notstandes oder Notdienstes ab, weil beide Vorhaben geeignet sind, elementare Grundrechte, besonders das Koalitions- und Streikrecht sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung, einzuschränken und die demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik zu schwächen“ (Welt der Arbeit, Wochenzeitung des DGB, vom 2. November 1962). 12 Frankfurter Rundschau vom 23. Oktober 1962. 13 vgl. ND (Ausg. B) vom 23. März 1962. 1-5 Welt der Arbeit vom 29. Juni 1962. 16 Amtliches Protokoll der 105. Sitzung der Großen Strafrechtskommission am 14. Oktober 1958, Bd. 10, S. 87. 16 Lekschas/Weber, „Die westdeutsche Strafrechtsreform ein Instrument der Notstandsdiktatur upd der Atomkriegsvorbereitung“, NJ 1962 S. 709. 17 RGBl. I 1933, S. 35 (§ 9 Abs. IV). 18 RGBl. I 1933, S. 85 (§ 6 Abs. 1). Der geplante § 370 gehört zum Arsenal derjenigen Straf Vorschriften, die in „Krisenzeiten“ Politik und Herrschaft des westdeutschen Imperialismus schützen sollen. Das zeigt auch die bisherige Anwendung des § 90 StGB. Als in den Jahren 1951 bis 1953 der Volkskampf gegen die Remilitarisierung und den damals geplanten EVG-Vertrag den militaristischen Kräften ernstliche Schwierigkeiten bereitete, wurde der § 90 StGB erstmalig angewandt18. Nach der westdeutschen Kriminalstatistik erfolgten im Jahre 1952 145 und im Jahre 1953 259 Verurteilungen nach dieser Strafbestimmung2'. Als es dann den Bonner Machthabern im Verein mit den rechten SPD-Führem durch die antikommunistische Hetze und das „Wirtschaftswunder“ vorübergehend gelang, die Kampfbereitschaft der Bevölkerung zu schwächen, erfolgten 1954 nur noch 4 und 1955 und 1956 jeweils nur noch eine Verurteilung gern. § 90 StGB. In der „Großen Strafrechtskommission“ hat der Vertreter des Bundesjustizministeriums Kleinknecht dies mit den Worten ausgedrückt: „Diese Strafbestimmung hat bisher zwar keine praktische Rolle gespielt.“21 Heute hat im Zeichen der verschärften politischen Krise des Bonner Regimes, unter den Bedingungen - der geplanten Notstandsdiktatur, der § 370 besondere politische Bedeutung. In ihm zeigt sich die gleiche rechtspolitische Tendenz wie in der gesamten Strafrechtsreform, „auch in unruhigen Zeiten das Recht zu schützen“22, d. h. die imperialistische Herrschaft zu sichern. Nun wird weder durch § 90 StGB noch durch § 370 der Streik als solcher für verfassungswidrig erklärt. Die Militaristen sind selbst bei der Vorbereitung der Notstandsdiktatur peinlich darauf bedacht, ihre volksfeindlichen Machenschaften zu tarnen, um angesichts der Unruhe in der Bevölkerung über die weitere Entwicklung ihre Schwierigkeiten nicht noch mehr zu vergrößern. Deshalb wird zur Irreführung im Tatbestand des § 370 ein Streik nur dann für staatsgefährdend und strafbar erklärt, wenn sein Angriffsgegenstand „der Bestand der Bundesrepublik Deutschland" oder „Verfassungsgrundsätze“ sind. Durch die Gescinnungskonzeption der politischen Sonderstrafgerichte, d. h. durch die Verfälschung der Gesinnung der angeklagten Atomkriegsgegner im Sinne des Antikommunismus und die darauf aufgebaute Umdeutung des Sachverhalts, wird es zu einer Ermessensfrage33, welcher Streik verfassungswidrig ist. Nach den bisherigen Erfahrungen erklärt die politische Gesinnungsjustiz solche Streiks für „staatsgefährdend“, die gegen die Atomkriegsvorbereitung gerichtet sind. Diese Praktiken stehen in Widerspruch zum Grundgesetz. Ausdrücklich garantiert Art. 9 Abs. 3 „das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden“, ln Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz ergibt sich eindeutig, daß keine gesetzliche Grundlage besteht, die es gestattet, den Streik für verfassungswidrig zu erklären24. 19 vgl. die bei Kühlig, a. a. O., S. 104 ff. behandelten typischen FäUe. 20 Amtliches Protokoll über die Sitzungen der Großen Straf-rechtskommission, 19. Bd., Anhang, S. 417. 21 Amtliches Protokoll der 105. Sitzung der Großen Strafrechtskommission am 14. Oktober 1958, Bd. 10, S. 80. 22 Leitsätze für die Gestaltung der Großen Justizreform, Von der Kommission des Deutschen Richterbundes für die Große Justizreform, Carl Heymanns Verlag KG Köln, Berlin, Bonn, München, 1961, S. 9. 23 siehe hierzu Staat ohne Recht, Berlin 1959, S. 98 ff. 24 a. a. O., S. 76 ff. Vgl. auch Hoffmann, „Das Notstandsgesetz Instrument zur Errichtung einer schrankenlosen Militärdiktatur“, NJ 1963 S. 82. 151;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 151 (NJ DDR 1963, S. 151) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 151 (NJ DDR 1963, S. 151)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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