Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 148

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 148 (NJ DDR 1963, S. 148); Obwohl das Urteil des Kreisgerichts erkennen läßt, daß die angeblich schlechte Arbeitsdisziplin bei der Strafzumessung eine beachtliche Rolle spielte das Kreisgericht setzte in dem angefochtenen Urteil fehlerhafterweise die Einstellung der Angeklagten zum Volkseigentum mit ihrer Einstellung zur Arbeit gleich , stellte der Senat in seinem Verwerfungsbeschluß fest, daß es für die Höhe der erkannten Strafe nicht entscheidend gewesen sei, ob die Angeklagte einmal oder mehrfach der Arbeit ferngeblieben ist. Mehr oder weniger wurde hier die Berufung als ein unbilliges Verlangen der Angeklagten angesehen und deshalb die Auseinandersetzung mit der unrichtigen ■Feststellung des Sachverhalts und der fehlerhaften Schlußfolgerung des Kreisgerichts unterlassen. Im Kassationsverfahren wies das Oberste Gericht mehrere Gesetzesverletzungen, die auch die Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts betrafen, sowie die Mißachtung der Richtlinie Nr. 12 des Obersten Gerichts nach. Das Beispiel zeigt, wie notwendig es ist, Klarheit darüber zu schaffen, daß die Berufung des Angeklagten ein wichtiges Mittel zur Kontrolle der Gesetzlichkeit in der Rechtsprechung ist. Beschlußverwerfung oder Urteil? Die Frage „Beschlußverwerfung oder Urteil?“ ist deshalb inhaltlich und nicht nur formal hinsichtlich der Art ihrer Entscheidung zu beantworten9. Die Rechtsmittelsenate sind zur Kontrolle der Gesetzlichkeit und zur Anleitung der Rechtsprechung der unteren Gerichte berufen. Die Wahl der in aller Regel richtigen Entscheidung über die Berufung, die Wahl des Urteils nämlich, ist ein Maßstab dafür, inwieweit das Rechtsmittelgericht in seiner Arbeit sozialistische Leitungsprinzipien anwendet und den Aufgaben gerecht wird. Auf dem Nationalkongreß im Juni 1962 hat Walter Ulbricht nochmals mit aller Eindringlichkeit die Feststellung der Programmatischen Erklärung des Staatsrates hervorgehoben: „Die sozialistische staatliche Leitung ist nicht Aus- Übung administrativer Kommandogewalt, sondern wissenschaftliche Leitung des Staatsapparates, Führung der Menschen auf den Weg des bewußten Kampfes für den Sieg des Sozialismus.“10 Das liegt auch dem, Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege zugrunde und findet in der Forderung nach gründlicher Untersuchung aller objektiven Umstände und Folgen der Tat und der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung und seines gesellschaftlichen Verhaltens seinen Ausdruck, denn nur so „bringt das Urteil die Notwendigkeit und Gesetzlichkeit des ganzen Verfahrens überzeugend für alle Beteiligten zum Ausdruck“. Erst auf Grund einer solchen allseitigen, verantwortungsbewußten Prüfung der eingelegten Berufung kann entschieden werden, ob eine Hauptverhandlung erforderlich ist oder ob die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit durch Beschluß verworfen werden kann. Die Verwerfung durch Beschluß vereinfacht somit nur das weitere Verfahren, erspart dem Rechtsmittelgericht aber nicht das gründliche Eindringen in die Sache. Einziger Maßstab dafür, ob die Berufung durch Beschluß zu verwerfen ist, kann aber nur die einheitliche Auffassung der Richter sein, daß die Berufung offensichtlich unbegründet ist. Ergibt sich dagegen, daß die Entscheidung zwar „im Ergebnis richtig ist“, die Berufung also keinen Erfolg haben kann, aber das Urteil Mängel aufweist, die seine Überzeugungs- 9 So Löwenthal/Mühlberger, „Probleme des Rechtsmittelver-fahrens in Strafsachen“, NJ 1959 S.- 740. 10 „Wie verwirklicht sich die sozialistische Demokratie?“, NJ 1962 S. 393. kraft beeinträchtigen, dann ist in jedem Fall eine Hauptverhandlung durchzuführen und durch Urteil zu entscheiden. Dabei kann das Rechtsmittelgericht die Richtigkeit des angefochtenen Urteils bei gleichzeitiger Auseinandersetzung mit den zutage getretenen Schwächen nachweisen. Deshalb kann ich mich auch nicht mit der von L q -wenthal und Mühlberger in NJ 1959 S. 740 vertretenen Auffassung einverstanden erklären. Dort heißt es: „Ob ein Verwerfungsbeschluß oder die Zurückweisung des Rechtsmittels durch ein Urteil angebracht ist, kann nur vom Inhalt und der Bedeutung der konkreten Strafsache her entschieden werden; im übrigen handelt es sich um ein Problem der Begründung und der Überzeugungskraft des Beschlusses.“ Damit stellen Löwenthal und Mühlberger es nicht auf gesetzliche Voraussetzungen, nämlich die offensichtliche Unbegründetheit der Berufung, sondern auf die subjektive Überzeugung des Richters, letzlich also auf Zweckmäßigkeitserwägungen ab. Die bisher geführte Diskussion über den Verwerfungsbeschluß bei offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung zeigt, daß diese Problematik nicht von der inhaltlichen Aufgabenstellung des Rechtsmittelgerichts her gelöst wurde und daß wir sie letztlich auch nicht genügend in Verbindung mit der gesellschaftlichen Entwicklung betrachtet haben. Unsere gesellschaftliche Entwicklung ist charakterisiert durch die immer breitere Entfaltung der sozialistischen Demokratie. Die Entfaltung der schöpferischen Kräfte der Werktätigen erfordert von den staatlichen Organen eine Veränderung ihrer Arbeitsmethoden in der Rich-tuiig, ihre Arbeit in engster Verbindung mit den werktätigen' Menschen durchzuführen, ihre Kritiken und Hinweise zu beachten und an die Stelle des Administrierens die Überzeugung zju setzen. Diese Entwicklung zeichnet sich auch bei den Gerichten ab. Es sei nur auf die verstärkte Einbeziehung der Schöffen in die gerichtliche Tätigkeit, auf die Zusammenarbeit mit den örtlichen Organen der Staatsmacht sowie auf die Schaffung einer immer breiteren gesellschaftlichen Basis für die Erziehung von Gesetzesverletzern hingewiesen. Nicht zuletzt wird gerade aus diesen Gründen auch die weitere Anwendung des Strafbefehlsverfahrens abgelehnt. In unmittelbarer Verbindung damit steht die konsequente Beachtung der Rechte des Beschuldigten hzw. Angeklagten im Strafverfahren als Ausdruck der sozialistischen Demokratie und der strikten Achtung der sozialistischen Gesetzlichkeit. Das Rechtsmittelgericht hat nicht nur ihre Einhaltung zu kontrollieren, sondern selbst alles zu tun, um diesen Rechten Geltung zu verschaffen, speziell dem Recht des Angeklagten auf Verteidigung. Es hat deshalb jederi Protest und jede Berufung gleich sorgfältig zu prüfen. Die Hauptverhandlung zweiter Instanz ermöglicht es dem Angeklagten und seinem Verteidiger, nochmals zum angefochtenen' Urteil Stellung zu nehmen. Zwar kennt unser Rechtsmittelverfahren entsprechend seinem Charakter als Überprüfungsverfahren keine Bestimmung, die eine generelle Anwesenheitspflicht des Angeklagten vorschreibt. Das schließt aber nicht aus, dem Angeklagten weitestgehend die Teilnahme an der Hauptverhandlung zu ermöglichen, ohne den Überprüfungscharakter des Verfahrens zu verletzen. Die Erfahrungen zeigen, daß es für die Rechtsmittelsenate nicht selten eine wesentliche Hilfe ist, wenn der Angeklagte an der Hauptverhandlung zweiter Instanz teil-nimmt11. 11 Jedoch sollte die Teilnahme des Angeklagten nicht zum Anlaß genommen werden, die nur ausnahmsweise statthafte eigene Beweisaufnahme in verstärktem Umfang durchzuführen. Insoweit kann der von Neumann in NJ 1962 S. 654 vertretenen Auffassung nicht zugestimmt werden. 148;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 148 (NJ DDR 1963, S. 148) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 148 (NJ DDR 1963, S. 148)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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