Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 147

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 147 (NJ DDR 1963, S. 147); Tatbestandsauffassung. Die Klärung dieser Frage ist unmittelbar verbunden mit der Mobilisierung der Werktätigen im Kampf gegen die Kriminalität. Die Prüfung dieser Umstände muß in jedem Falle erfolgen. Erst wenn das geschehen ist, kann die Frage beantwortet werden, ob das Urteil in allen seinen Teilen richtig und überzeugend ist oder ob es Fehler und Schwächen enthält, die zu beseitigen sind. Zur Verwerfung der Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit Grundsätzlich erfolgt die Entscheidung über das Rechtsmittel im Ergebnis einer Hauptverhandlung5 6. Eine Ausnahme hiervon gestattet § 284 Abs. 1 StPO. Danach kann das Rechtsmittelgericht von der Durchführung einer Hauptverhandlung absehen und die Berufung durch Beschluß verwerfen, wenn die Richter einstimmig der Auffassung sind, daß das angefochtene Urteil in allen seinen Teilen richtig, gerecht und überzeugend begründet ist. Bereits die Forderung nach Einstimmigkeit weist darauf hin, daß es sich hier um eine Ausnahmebestimmung handelt. Untersuchungen in der Praxis wie auch eine Reihe in der „Neuen Justiz“ veröffentlichter Kassationsentscheidungen des Obersten Gerichts lassen erkennen, daß die Bezirksgerichte diese ausdrückliche Forderung des Gesetzes nicht immer genügend beachtet haben und damit letztlich ihrer Verantwortung für eine gründliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung und für die Anleitung der Kreisgerichte durch die Rechtsprechung nicht voll gerecht werden. Der entscheidende Mangel besteht darin, daß die Frage „Beschlußverwerfung oder Urteil?“ nicht nach eingehender Prüfung des angefochtenen Urteils beantwortet wird, sondern von der Fragestellung her: „Ist das angefochtene Urteil im Ergebnis richtig?“ Dabei wird unter dem „richtigen Ergebnis“ oft nur das richtige Strafmaß und die richtige Strafart verstanden. Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Hauptverhandlung, die nach dieser Fragestellung getroffen wird, wird im Regelfall fehlerhaft sein. Das sieht man u. a. daran, daß die unter solchen Gesichtspunkten ergangenen Verwerfungsbeschlüsse oft über ihren eigentlichen Inhalt der sich wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung im wesentlichen nur auf die Widerlegung des Berufungsvorbringens erstrecken kann hinausgehen. Sie behandeln nämlich Probleme, die in dem angefochtenen Urteil unrichtig oder ungenügend herausgearbeitet wurden. So hatte es z. B. ein Kreisgericht in einem Verfahren wegen fortgesetzten Betrugs unterlassen, den Vermögensschadein genügend zu klären. Der Rechtsmittelsenat, der trotz dieses Mangels die Berufung als offensichtlich unbegründet verwarf, holte in seinem Beschluß dieses Versäumnis nach. Auf die Unzulässigkeit einer solchen erweiterten Auslegung der durch § 284 StPO geschaffenen Beschlußverwerfung hat bereits Ranke7 hingewiesen. Die „ergänzende Begründung“ des erstinstanzlichen Urteils mittels des Verwerfungsbeschlusses ist aber nur eine Seite der unrichtigen Handhabung des Gesetzes. Eine andere Seite ist, daß diese Arbeitsweise nicht immer die erforderliche sorgfältige Überprüfung des dem angefochtenen' Urteil zugrunde liegenden Materials gewährleistet. Das kann leicht dazu führen, daß ernste Verletzungen der sozialistischen Gesetzlichkeit in der Rechtsprechung der Kreisgerichte nicht aufgedeckt werden. Folgendes Beispiel soll das veranschaulichen: Der Wächter S. hatte sich wegen Körperverletzung und Nötigung zu verantworten. Er bestritt nicht, gegen die 5 vgl. auch Ranke, „Urteil oder Beschluß bei offensichtlich unbegründetem Rechtsmittel?**, NJ 1956 S. 784r 6 Vgl. NJ 1962 S. 320, 322, 324, 415. 7 vgl. Ranke, a. a. O, Zeugen H. und E. vorgegangen zu sein, sagte jedoch, daß er von den beiden Zeugen die zur Tatzeit angelnunken waren, bedroht worden sei,und zumindest zum Teil in einer Notwehrsituation gehandelt habe, Das Kreisgericht stellte im Urteil fest: „In der Verhandlung konnte der weitere Geschehensablauf nicht mehr völlig eindeutig geklärt werden.“ Dennoch verurteilte es den Angeklagten. In seiner Berufung rügt der Angeklagte die unrichtige Aufklärung des Sachverhalts. Bereits die im Urteil des Kreisgerichts enthaltenen Feststellungen lassen erkennen, daß die Berufung begründet ist. Trotzdem wurde sie als offensichtlich unbegründet verworfen. In seinem Beschluß bemüht sich der Senat, die Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen und der rechtlichen Beurteilung zu stützen. Seine Ausführungen vermögen aber ebensowenig zu überzeugen wie die des Kreisgerichts. Unter Außerachtlassung der Tatsache, daß die Tat eine einmalige Entgleisung war und im Widerspruch zu der sonst vorbildlichen Pflichtausübung des Angeklagten stand, wird dabei auch die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe gerechtfertigt. Das zeigt, daß der Standpunkt des Kreisgerichts kritiklos übernommen und nicht geprüft wurde. Die Auseinandersetzung mit der Berufung konnte daher nicht tiefgründig erfolgen. Eine solche Praxis ist mit der Verantwortung des Rechtsmittelgerichts für die Kontrolle der sozialistischen Gesetzlichkeit in der Rechtsprechung nicht zu vereinbaren. Zur Überwindung dieser fehlerhaften Arbeitsweise ist es notwendig, daß wir Klarheit über ihre Ursachen schaffen. Nicht neu sind die Argumente hinsichtlich der „prozeßökonomischen Erwägungen“. Sie werden immer dann in den Vordergrund gerückt, wenn die Rechtsmittelsenate einen erhöhten Arbeitsanfall zu bewältigen haben. Aber diese Argumente sind doch letztlich nur Ausdruck bestimmter ideologischer Unklarheiten, die zunächst in einem ungenügenden Eindringen in das, Gesetz selbst zu suchen sind. Ein solcher Zustand wird m. E. begünstigt durch die territoriale Gliederung der Senate, die zwar einerseits den Kontakt zu den Kreisgerichten verbessert hat, andererseits aber die Aneignung spezieller Kenntnisse aus einzelnen Rechtsgebieten durch die Breite der Tätigkeit behinderte. Die exakte Beherrschung des materiellen wie des Prozeßrechts aber ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine umfassende Anleitung. Eine weitere Ursache ist in dem jahrelangen Wirken dogmatischer Thesen im Strafprozeßrecht zu sehen. Diese fanden ihren Ausdruck darin, daß die prozessualen Zwangsmaßnahmen überbetont, die Werktätigen ungenügend in das Verfahren einbezogen und die Mitwirkung des Angeklagten bei der Wahrheitserforschung, insbesondere auch sein Recht auf Verteidigung, unterschätzt wurden. Die genannten fehlerhaften Auffassungen führen bis hin zur Unterschätzung der Berufung des Angeklagten. Hier liegt m. E. auch der Kern für die ungerechtfertigten Verwerfungsbeschlüsse wegen offensichtlicher Unbegründetheit. Das zeigt z. B. folgender Fall: In der Strafsache gegen die Schaffnerin H. wegen Unterschlagung volkseigener Gelder rügte die Angeklagte mit ihrer Berufung die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe und erstrebte eine bedingte Verurteilung. Unter anderem wies sie darauf hin, daß nicht alle im Urteil enthaltenen Feststellungen zur Person den Tatsachen entsprachen. Insbesondere stimme es nicht, daß sie eine schlechte Arbeitsdisziplin gezeigt habe. Sie sei lediglich einmal wegen der Erkrankung ihres Kleinstkindes der Arbeit ferngeblieben. x 147 8 vgl. Ranke, a. a. O.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 147 (NJ DDR 1963, S. 147) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 147 (NJ DDR 1963, S. 147)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der Führungs- und Leitungstätigkeit weitgehend auszuschließen. ,. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den aren naund Entvv icklungsbed inqi in qsn. Der hohe Stellenwert von in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und zur Bekämpfung ihrer Ursachen und Bedingungen. Mit zunehmendem Reifegrad verfügt die sozialistische Gesellschaft über immer ausgeprägtere politische und Öko-. nomische, soziale und geistig-kulturelle Potenzen, um den Ursachen und Bedingungen des Entstehens feindlicher Einstellungen und ihres Umschlagens in staatsfeindliche Handlungen nicht vorgegriffen werden soll. Ausgehend vom Ziel der Forschung, zur weiteren Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Feindes zum Mißbrauch der Kirchen für die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache . Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen.

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