Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 768

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 768 (NJ DDR 1962, S. 768); der Prinzipien und Formen des sozialistischen Strafrechts, beginnend in der antifaschistisch-demokratischen Ordnung, nicht sichtbar und bewußt gemacht. Die Kontinuitätsauffassung spiegelt sich schon in der Darstellung des Strafrechts der antifaschistisch-demokratischen Ordnung wider. So wird ausgeführt, daß eine neue, revolutionäre Tendenz des Strafrechts hervortrat: „Es unterstützte die antifaschistisch-demokratischen Kräfte beim Aufbau der neuen verfassungsmäßigen Einrichtungen, indem es faschistische, militaristische und andere antidemokratische, auf die Untergrabung der verfassungsmäßigen Einrichtungen gerichtete Propaganda unter Strafe stellte.“22 Das wird im Prinzip auch für das Strafrecht der DDR, das sich zu einem Strafrecht sozialistischen Typus entwickelte, ausgeführt23. Über den Zweck des Strafrechts wird dann in Übereinstimmung mit § 2 GVG richtig geschrieben: „Das Strafrecht bezweckt, die staatliche und gesellschaftliche Ordnung der DDR und ihre Rechtsordnung vor gesellschaftsgefährlichen Verhaltensweisen zu schützen und die Bürger zur Achtung vor den demokratischen und sozialistischen Gesetzen zu erziehen.“24 Schutz und Erziehung werden dann aber wieder auf die Schaffung von entsprechenden Strafrechtsnormen und die Bestrafung der Täter reduziert25. Eine so wichtige Seite des sozialistischen Strafrechts wie die Herausbildung und Entwicklung des Differenzierungsprinzips blieb unbearbeitet, obwohl die Partei von Anbeginn darauf orientiert hatte. Walter Ulbricht führte auf der Wirtschaftskonferenz im Mai 1946 aus: „Wir Sozialisten sind der Meinung, daß man einen Unterschied machen muß zwischen den Verantwortlichen, die den Hitlerfaschismus zur Macht gebracht haben, die die eigentlichen Träger der Kriegspolitik waren, und den einfachen Mitläufern, die zum Teil durch den Faschismus betrogen wurden.“2® Die schon im Prozeß der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung angewandte Differenzierung, die Ausdruck der neuen, sich entwickelnden Macht- und Wirtschaftsverhältnisse ist, spiegelt einmal die Notwendigkeit des Schutzes der neuen Ordnung und zum anderen die beginnende Überwindung des bürgerlichen Verhältnisses von Gesellschaft und Individuum und damit des bürgerlichen Strafrechts mit seiner abstrakten Normativität wider. Während das bürgerliche Strafrecht nur die isolierte Individualität als Folge der kapitalistischen Ausbeutungs- und Gesellschaftsverhältnisse kennt, es von der Fiktion der „gleichen“ Bürger ausgeht und jeden Täter „ohne Ansehen der Person“ zu behandeln vorgibt, ist das demokratische, später auf einer qualitativ neuen Stufe das sozialistische Strafrecht kraft 'seiner Verwurzelung in den neuen Verhältnissen auf die Aufhebung dieser Isolierung gerichtet. Es erstrebt die Hinführung des einzelnen in die Kollektivität der neuen Gesellschaft bei 22 Lehrbuch, S. 170. 23 Lehrbuch, S. 174 f. 24 Lehrbuch, s. 175. 25 So heißt es z. B. im Lehrbuch: „Deshalb (weil andere Rechtszweige nicht genügen G. St.) ist es notwendig, diese Verhaltensweisen unter Androhung von Strafen zu verbieten und . gegen Verletzer der Verbote staatliche Zwangsmaßnahmen anzuwenden.“ (S. 179). „Deshalb muß das Strafrecht Nonnen aufweisen, die solche Handlungen von Bürgern und Staatsfunktionären bekämpfen, die die verfassungsmäßige und gesetzmäßige Tätigkeit der Organe des volksdemokratischen Staates durchkreuzen .“ (S. 185). „Darum muß das sozialistische Strafrecht Normen enthalten, die die neuen sozialistischen Beziehungen der Festigung und Mehrung des sozialistischen Eigentums gegen gefährliche Anschläge, wie Entwendungen von sozialistischem Eigentum durch Diebstahl, Betrug. Unterschlagung und Untreue, sichern und die Bürger zur Achtung vor dem unantastbaren Volkseigentum und genossenschaftlichen Eigentum erziehen.“ (S. 186). 2 W. Ulbricht, Die Entwicklung des deutschen volksdemokratischen Staates 1945 bis 1958, S. 73. gleichzeitigem Schutz der neuen Ordnung vor reaktionären Kräften und konterrevolutionären Anschlägen. Es geht folglich von der tatsächlichen Beziehung des Täters zur Gesellschaft aus, deckt die konkreten Widersprüche auf, macht sie bewußt und trägt zu ihrer Überwindung bei. Hier liegen die Wurzeln einer Entwicklung, die in der Feststellung im Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege vom 30. Januar 1961 ihren bisher höchsten Ausdruck gefunden haben: „Die sozialistische Gesetzlichkeit verlangt die allseitige, genaue Beachtung des gesetzlichen Tatbestandes. Nur so kann der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Rechtsverletzung erkannt werden. Dazu gehört die gründliche Untersuchung aller objektiven Umstände und Folgen der Straftat und der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung, seines Bewußtseinsstandes und seines gesellschaftlichen Verhaltens.“27 Damit wird zugleich auf dem Gebiet des Strafrechts die Überwindung des bürgerlichen, abstrakten Tatprinzips und der bürgerlichen „Gleichheit vor dem Gesetz“ eingeleitet und im sozialistischen Strafrecht durch die Entwicklung sozialistischer Prinzipien vollzogen. „Auch hier gilt die Gleichheit aller Bürger auch hier wird die Tat des einzelnen der Verurteilung zugrunde gelegt. Allein Gleichheit im sozialistischen Staat bedeutet für alle gleiche Befreiung von den alten Unterwerfungsverhältnissen, bedeutet Öffnung der Tore zur tatkräftigen Mitwirkung an der Gesellschaft für jeden in gleicher Weise und damit die gleiche Pflicht eines jeden gegenüber der Gesellschaft.“2® In der Herausbildung des Differenzierungsprinzips liegen die Anfänge eines sozialistischen Verbrechensbegriffs, mindestens eines wesentlichen Elements des Verbrechensbegriffs. Auch das wurde nicht erkannt. Zur Notwendigkeit des Strafrechts Es wurde unterlassen, das Wesen des antifaschistisch-demokratischen und des sozialistischen Strafrechts herauszuarbeiten. Das ist zugleich eine Ursache für die fehlerhafte Auffassung über die Notwendigkeit des Strafrechts, die bis in die jüngste Zeit im wesentlichen aus der Notwendigkeit des Klassenkampfes gegen den Imperialismus und die Konterrevolution abgeleitet wurde29 30. So fußen die Ausführungen über das Wesen und den Begriff des Strafrechts auf der von Anfang an verfehlten These, daß jedes Verbrechen, unabhängig von seinem konkreten sozialen Wesen, den konkreten Ursachen, der Person des Täters und dessen Motiven, eine Erscheinungsform des Klassenkampfes sei. Das zeigt sich u. a. in der bei der Behandlung der Lehre vom Strafgesetz aufgestellten Behauptung, wonach alle Straftaten „die volksdemokratische Staats- und Gesellschaftsordnung unmittelbar gefährden“39. Damit im Zusammenhang steht der Mangel an konkreter Ursachenforschung und die Dürftigkeit der Hinweise auf die verschiedenen Verbrechensursachen31. Die Notwendigkeit des sozialistischen Strafrechts ergibt sich aber aus der Gesetzmäßigkeit der sozialistischen Umwälzung selbst. Es ist notwendig zur Befreiung und Selbstbefreiung der ganzen Gesellschaft 27 Dazu sagte Walter Ulbricht in seinen Erläuterungen: „Dem scheinheiligen und barbarischen Schematismus des bürgerlichen Rechts, das vorgibt, ,ohne Ansehen der Person*, in Wahrheit aber ohne Rücksicht auf den Menschen ,Recht und Gesetz* wirken zu lassen, stellen wir eine Rechtspflege und eine Gesetzlichkeit -entgegen, die nicht nur alle Umstände der Begehung der Tat, sondern auch den konkreten Bewußtseinsstand des Täters berücksichtigen“ (NJ 1961 S. 115). 28 Polak, a. a. O., S. 619. 29 Vgl. Orschekowski, „Das Strafrecht der DDR als notwendiges Instrument der Arbeiter-und-Bauern-Macht zur Sicherung und Durchsetzung der sozialistischen Umwälzung“, in: Beiträge zum Strafrecht, Heft 5, Berlin 1961, S. 11 ff.; Lehrbuch. S. 177 ff. 30 Lehrbuch, S. 215. 31 vgl. z. B. Lehrbuch, S. 178. 7 68;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 768 (NJ DDR 1962, S. 768) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 768 (NJ DDR 1962, S. 768)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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