Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 750

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 750 (NJ DDR 1962, S. 750); zu stützen. Ein bei den Akten befindlicher Vermerk des Volkspolizeigruppenpostens L. deutet darauf hin, daß Hausbewohner, die unverständlicherweise im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung nicht gehört worden sind, möglicherweise Angaben über das Verhalten des Angeklagten zu seinen Kindern machen können. Des weiteren hätte gegebenenfalls auch eine Auskunft der Schule, die der älteste Sohn besucht, beachtliche Umstände für die Beurteilung ergeben können. Aus den dargelegten Gründen war das Urteil des Kreisgerichts wegen Verletzung des Gesetzes (§ 200 StPO, § 1 StEG) aufzuheben und die Sache an das Kreisgericht zurückzuverweisen. §§ 1, 29 StEG; OG-Richtlinie Nr. 12. Zur Anwendung der bedingten Verurteilung bei Straftaten mit verhältnismäßig hohem Schaden. OG, Urt. vom 18. September 1962 - 3 Zst II 27/62. Durch Urteil des Kreisgerichts wurde die Angeklagte wegen Unterschlagung zum Nachteil von gesellschaftlichem Eigentum (§ 29 StEG) zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung, mit der die bedingte Verurteilung erstrebt worden ist, hat das Bezirksgericht als unbegründet zurückgewiesen. Diesen Entscheidungen liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die als Kontoristin ausgebildete Angeklagte arbeitete seit dem Jahre 1954 als Buchhalterin in der Reparatur-Technischen Station (RTS) in F. Sie verrichtete ihre Arbeit gut und bewies auch Einsatzbereitschaft, wenn es galt, über die normale Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. An Ernteeinsätzen beteiligte sie sich ebenfalls. Sie gehörte in ihrem Betrieb der Gewerkschaftsleitung an, deren Vorsitzende sie in den Jahren von 1957 bis 1959 war. Jetzt ist sie als' Verwaltungssekretärin in einem Theater tätig. Anfang des Jahres 1961 erhielt die Angeklagte als Buchhalterin der RTS, in F. den Auftrag, die Löhne und Gehälter an die Arbeiter und Angestellten auszuzahlen und die dafür erforderlichen Listen zu führen. Bei Urlaub und Krankheit leistete der Betrieb an die betreffenden Mitarbeiter Vorauszahlungen, die die Angeklagte vornahm. Die bereits vorab ausgezahlten Beträge trug sie aber in gleicher Weise in die Lohn- und Gehaltslisten ein wie die noch auszuzahlenden. Bei ordnungsmäßiger Handhabung hätte sie die Vorauszahlungen in roter Schrift in den Listen ausweisen und von der Endsumme absetzen müssen. Da die Angeklagte dies unterließ, wurden die bereits ausgezahlten Löhne und Gehälter doppelt gebucht und noch einmal zur Auszahlung angewiesen. Die dabei im Jahre 1961 entstandenen „Überschüsse“ in Höhe von insgesamt 1871,93 DM eignete sie sich in monatlichen Beträgen an. Das Geld verwendete sie für persönliche Ausgaben. Der Hauptbuchhalter stellte diese Manipulationen bei den monatlichen Kontrollen nicht fest, weil die Endsummen auf den Listen mit den Eintragungen übereinstimmten. Erst bei der Jahresendabrechnung wurde die Fehlsumme bemerkt. In der danach vom Direktor mit der Angeklagten geführten Aussprache gestand diese, sich das Geld angeeignet zu haben. Sie zahlte die gesamte Schadensumme innerhalb von vier Tagen zurück. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat zugunsten der Angeklagten die Kassation des Urteils des Bezirksgerichts wegen Verletzung des Gesetzes durch Nichtanwendung des § 1 StEG beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht ist mit der angefochtenen Entscheidung der ihm als Rechtsmittelgericht obliegenden Hauptaufgabe, die Rechtsprechung der Kreisgerichte im Bezirk anzuleiten und insbesondere die zur Durchsetzung des Rechtspflegebeschlusses des Staatsrates vom 30. Januar 1961 vom Plenum des Obersten Gerichts in der Richtlinie Nr. 12 ausgesprochenen verbindlichen Grundsätze über die Anwendung der Strafen ohne Freiheitsentziehung in die Praxis umzusetzen, nicht nachgekommen. Der Kassationsantrag führt zutreffend aus, daß mit der Rechtsmittelentscheidung die erzieherischen Kräfte des gesellschaftlichen Kollektivs negiert und nicht alle Möglichkeiten genutzt worden sind, die in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat auf Grund der fortgeschrittenen gesellschaftlichen Entwicklung zur Erziehung straffällig gewordener Bürger gegeben sind. Dadurch wird die mit den Strafen ohne Freiheitsentziehung erreichbare erzieherische Einwirkung durch die Gesellschaft eingeengt. Im Urteil wird zwar richtig darauf hingewiesen, daß bei schwerwiegenden Straftaten entsprechend höhere Anforderungen an die in der Person des Täters liegenden Umstände gestellt werden müssen, wenn § 1 StEG Anwendung finden soll. Daraus kann aber nicht die Schlußfolgerung hergeleitet werden, daß in solchen Fällen die bedingte Verurteilung nur möglich ist, wenn bei einer Straftat auf der subjektiven Seite Idealvoraussetzungen vorliegen. In der Richtlinie Nr. 12 ist besonders darauf hingewiesen worden, daß an die Voraussetzungen der Anwendung von Strafen ohne Freiheitsentziehung keine überspitzten Anforderungen gestellt werden dürfen und daß die diesen Strafen innewohnenden erzieherischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen sind. Hätte das Bezirksgericht diesen Grundsatz in seiner vollen Bedeutung erkannt, dann hätte es die Berufung nicht als unbegründet zurückweisen dürfen, sondern die Angeklagte nach der von ihm durchgeführten eigenen Beweisaufnahme in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils bedingt verurteilen müssen. Das Bezirksgericht hat in Übereinstimmung mit dem Beweisergebnis zutreffend festgestellt, daß die Angeklagte bis Ende des Jahres 1960 und zwar in langjähriger Tätigkeit als Buchhalterin der RTS in F. zufriedenstellende berufliche und auch aktive gewerkschaftliche Arbeit geleistet hat. Es hat jedoch die Auffassung vertreten, daß aus diesen Tatsachen nicht auf einen entwickelten Bewußtseinsstand der Angeklagten und auf eine gute Grundeinstellung zu ihren gesellschaftlichen Pflichten geschlossen werden kann, weil die Umstände ihrer Tat und ihr damit in Zusammenhang stehendes Verhalten dies nicht zuließen. Diese Auffassung ist fehlerhaft, weil sie nicht mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit übereinstimmt. Sie bedeutet in der Konsequenz, daß gute berufliche und gesellschaftspolitische Arbeit dann kein Ausdruck eines entwickelten gesellschaftlichen Bewußtseins sein können, wenn der betreffende Bürger eine strafbare Handlung begangen hat. Die Bewußtseinsentwicklung ist aber ein komplizierter Prozeß, der oftmals nicht gradlinig verläuft. Andernfalls würden Bürger, die in ihrer täglichen Arbeit beweisen, daß sie ihre Kraft und ihre persönlichen Fähigkeiten beim Aufbau des Sozialismus einsetzen, überhaupt nicht straffällig werden. Die Angeklagte hat trotz der bei ihr vorhandenen guten Grundeinstellung zur sozialistischen Gesellschaft durch ihre nicht zu unterschätzende strafbare Handlung gezeigt, daß ihr Verantwortungsbewußtsein noch nicht gefestigt ist. Bei ihr sind jedoch genügend Anknüpfungspunkte vorhanden, um sie durch die erzieherische Kraft des gesellschaftlichen Kollektivs, in dem sie jetzt arbeitet, zu einem künftigen verantwortungsbewußteren Handeln und zur strikten Einhaltung der Gesetze zu erziehen. Selbst unter Berücksichtigung des verhältnismäßig hohen Schadens ihrer Tat bedarf es bei ihr keiner zwangsweisen Erziehung durch eine Freiheitsstrafe. Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung des Bezirksgerichts, die Angeklagte habe zur Verdeckung 750;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 750 (NJ DDR 1962, S. 750) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 750 (NJ DDR 1962, S. 750)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Vollzug der Untersuchungshaft zu erfüllen hat: Die sichere Verwahrung der Verhafteten. In den Grundsätzen der Untersuchungshaftvollzugsordnung wird betont, daß der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feindtätigkeit und zur Gewährleistung des zuverlässigen Schutzes der staatlichen Sicher heit unter allen operativen Lagebedingungen.

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