Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 717

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 717 (NJ DDR 1962, S. 717); Entsprechend dem im Hinblick auf Freiheitsstrafen völlig anders gearteten gesellschaftlichen Inhalt und Charakter der bedingten Verurteilung kann die Vorschrift des § 74 StGB hier keine Anwendung finden. Ergibt die Gesamtbeurteilung des Verhaltens eines Angeklagten, der mehrere selbständige strafbare Handlungen begangen hat, daß die Voraussetzungen des § 1 StEG vorliegen, dann sind keine Einzelstrafen festzusetzen, so daß auch eine Gesamtstrafenbildung nicht in Betracht kommt. In diesen Fällen ist der Angeklagte zu einer einheitlichen bedingten Gefängnisstrafe zu verurteilen. Das angefochtene Urteil enthält einen weiteren Mangel, der jedoch infolge der ausdrücklichen Beschränkung der Berufung des Angeklagten R. auf den Strafausspruch im Berufungsverfahren nicht behoben werden kann. Der Angeklagte R. ist im zivilrechtlichen Anschlußverfahren gern. §§ 268 ff. StPO auf Grund des Antrages des VEB T. nur in Höhe eines Monatslohnes von 750,77 DM zum Schadensersatz verurteilt worden, obwohl der Anspruch in Höhe von 12 410,30 DM geltend gemacht worden ist. Das Stadtgericht hat die Anspruchsgrundlage aus § 113 GBA hergeleitet, dabei aber außer acht gelassen, daß die Bestimmungen des Gesetzbuches der Arbeit über die materielle Verantwortlichkeit der Werktätigen nur Anwendung finden, wenn ein Schaden durch die Verletzung von Arbeitspflichten schuldhaft verursacht worden ist. Wird dem Betrieb durch ein Verhalten des Werktätigen Schaden zugefügt, das nicht im Zusammenhang mit der Verrichtung von Arbeitsaufgaben steht, dann sind die Vorschriften über die unerlaubte Handlung gern. §§ 823 ff. BGB anzuwenden. Für die Entscheidung über Ansprüche aus solchen Schadensfällen sind abgesehen von Anschlußverfahren in Strafsachen die Zivilgerichte zuständig. Der Angeklagte R. hat dem VEB T. den festgestellten Schaden nicht in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Kraftfahrer und auch nicht während der Arbeitszeit zugefügt, sondern dadurch, daß er nach Beendigung seiner Schicht den betriebseigenen Lkw unbefugt und noch dazu im Zustande der erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit benutzte. In solchen Fällen liegen die Voraussetzungen für die Beschränkung der Schadensersatzpflicht nach § 113 GBA nicht vor. Er hätte deshalb im vollen Umfang zum Ersatz des durch sein strafbares Verhalten schuldhaft verursachten Schadens verurteilt werden müssen. Das Urteil des Stadtgerichts war aus den dargelegten Gründen auf die Berufungen der Angeklagten P. und M. teilweise im Schuldausspruch abzuändern. Zur Selbstentscheidung war das Oberste Gericht gern. § 292 Abs. 3 StPO befugt. Im übrigen waren diese Rechtsmittel und die Berufung des Angeklagten R. als unbegründet zurückzuweisen (§ 290 Abs. 2 Buchst, a StPO). §§ 200, 211 StPO. 1. Setzt sich das Gericht über die gegen eine Schuld des Angeklagten sprechenden Umstände, auf die der Verteidiger eindringlich hingewiesen hat, hinweg, so verletzt es die ihm gern. § 200 StPO obliegende Pflicht zur Erforschung der Wahrheit und verstößt in bezug auf die Art und Weise der Durchführung des Verfahrens und mit der in der Sache getroffenen Entscheidung grob gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit. 2. Sachverständigengutachten sind Beweismittel, die wie jedes andere Beweismittel einer selbständigen Würdigung durch das Gerich* unterliegen und daher für die vom Gericht zu treffenden Sachverhaltsfest-stcllungen nicht bindend sind. 3. Zum Beweiswert von Schriftsachverständigengutachten. OG, Urt. vom 9. August 1962 - 1 b Ust 140/62. Das Bezirksgericht hatte es im vorliegenden Verfahren auf Grund eines Schriftsachverständigengutachtens für erwiesen angesehen, daß der Angeklagte der Urheber der strafrechtlich relevanten Schriftstücke sei. Mit der Berufung wird u. a. gerügt, das Bezirksgericht habe sich mit dem Schriftsachverständigengutachten nicht kritisch auseinandergesetzt. Es habe sich der Schlußfolgerung des Schriftsachverständigen, die Worte seien von dem Angeklagten geschrieben worden, angeschlossen, obwohl die von dem Angeklagten geleisteten Schriftproben eine wesentlich andere Schriftlage aufwiesen, als sie bei der Tatschrift und zwei anderen schriftlichen Vermerken festgestellt worden sei. Die von dem Sachverständigen dazu vertretene Auffassung, der zwischen den Schriftproben und der Tatschrift bestehende Unterschied sei auf Verstellungsbestrebungen des Täters zurückzuführen, so daß der Angeklagte dadurch als Schrifturheber der umstrittenen Schriften nicht ausgeschlossen werde, müsse auf größte Bedenken stoßen. Hinzu komme, daß der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Handlung von Anfang an bestritten habe. Das Bezirksgericht hätte deshalb zur Klärung der dargelegten Zweifelsfragen auf die Einholung eines Obergutachtens, wie von der Verteidigung beantragt war, nicht verzichten dürfen. Daß die gegen die Richtigkeit des Gutachtens erhobenen Einwendungen zutreffend seien, ergebe sich aus den der Berufung beigefügten Fotokopien der Handschriften eines Herrn R., die der Verteidigung erst am Tage der Urteilsverkündung zugegangen seien. Die Berufung ist begründet. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat in bezug auf die Art und Weise, wie das vorliegende Strafverfahren von ihm durchgeführt worden ist, und mit der in dieser Sache getroffenen Entscheidung grob gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit verstoßen. Es hat unter Verletzung der ihm gemäß § 200 StPO obliegenden Pflicht, alles zu tun, was zur Erforschung der Wahrheit notwendig ist, den Angeklagten verurteilt, obwohl ihm die zur Last gelegte Straftat in der vor dem Bezirksgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen worden ist. Richtig ist, daß Verdachtsgründe gegen den Angeklagten insoweit vorliegen, als nach dem Gutachten die Tatschrift und die Schrift des Angeklagten einen relativ hohen Grad von Übereinstimmung in der Buchstabengestaltung aufweisen. Dem stehen jedoch Umstände gegenüber, die gegen eine Schuld des Angeklagten sprechen. Die Schrift des Angeklagten und die Tatschrift unterscheiden sich unbeschadet der vorliegenden Schriftverwandtschaft (hoher Grad von Übereinstimmungen hinsichtlich der Schrifteigenarten bei einer Vielzahl von Buchstaben) in der Schriftlage und Schriftweite, wie das Gutachten ausweist, deutlich voneinander. Die im Gutachten getroffene Feststellung, daß der Angeklagte gleichwohl der Urheber der Tatschrift sei, der sich das Bezirksgericht vorbehaltlos angeschlossen hat, wird auf die These gestützt, die von den Schreibleistungen des Angeklagten abweichende Schriftlage und Schriftweite bei der Tatschrift und den zwei weiteren Schriftunterlagen desselben Schreibers sei auf Verstellungsbestrebungen zurückzuführen. Dafür wird folgende Begründung gegeben. Bei dem Schrifturheber der Tatschrift handele es sich um eine schreibgewandte Person. Trotz dieser Schreibgewandtheit wirkten die Schriften in der Gesamtheit des Bewegungsablaufs gehemmt. Bestärkt werde diese Feststellung noch durch die steile Schriftlage, wobei sich eine Tendenz zur Rechtsschräglage bei einzelnen 717;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 717 (NJ DDR 1962, S. 717) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 717 (NJ DDR 1962, S. 717)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, festzulegen; bewährte Formen der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur weiteren Erhöhung der politischoperativen Wirksamkeit der Arbeit mit zu beraten, dabei gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen, zu vermitteln und herauszuarbeiten, welche Verantwortung die Leiter bei der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, auf Familienzusammenführung und Eheschließung mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Sie sind in der Regel typisch für Täter, die politisch-operativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begehen. Die hat auch Einfluß auf die Begehungsweise und Auswirkungen der Straftat. Sie ist zugleich eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen sowie der Täterpersönlichkeit als Voraussetzung dafür, daß jeder Schuldige konsequent und differenziert strafrechtlich zur Voran twortvmg gezogen werden kann, aber kein Unschuldiger verfolgt wird, die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht: ihre effektive Nutzung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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