Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 652

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 652 (NJ DDR 1962, S. 652); 4. Die Aussprachen ergaben aber auch wichtige Hinweise für die Durchführung der Hauptverhandlung. Sie muß die Grundlage für die weitere erzieherische Einflußnahme der gesellschaftlichen Kräfte auf den Rechtsverletzer bilden. Wenn bisher in den Brigaden noch keine systematische Erziehungsarbeit mit den Verurteilten geleistet wurde meist bildet die Auswertung des Verfahrens auch das Ende der Einflußnahme , liegt das nicht zuletzt daran, daß wir' in der Hauptverhandlung nicht genügend Hinweise für diese Aufgabe gegeben haben. Deshalb muß in der Hauptverhandlung die Forderung des Staatsrates voll verwirklicht werden, die Tatumstände und die Verhältnisse, unter denen die Rechtsverletzung begangen wurde, allseitig zu erforschen und die Persönlichkeit des Beschuldigten umfassend zu würdigen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, daß die Hauptverhandlung zeigt, wie und mit welchen gesellschaftlichen Kräften die Erziehung fortgesetzt werden muß, um die Schwächen, die z. B. zur Straftat führten, zu überwinden4. Eine so durchgeführte Hauptverhandlung wird die Brigademitglieder veranlassen, sich mit der Straftat und ihren Ursachen sowie mit der Persönlichkeit des Täters überzeugend und richtig auseinanderzusetzen, und sie werden der Verhandlung auch selbst Hinweise für die weitere Erziehungsarbeit entnehmen können. Welche Hinweise könnte die Kammer geben? War die Tat z. B. auf übermäßigen Alkoholgenuß zurückzuführen, so muß das Gericht darlegen, wie der Rechtsverletzer für andere Interessen gewonnen werden kann. Oft ergeben sich bei einer allseitigen Einschätzung der Persönlichkeit Hinweise dafür, wo die Arbeit des Kollektivs ansetzen müßte. Hinweise wie der, es müsse darauf geachtet werden, daß der Verurteilte nicht mehr trinkt, sind zu allgemein und werden in der Regel nicht helfen, diese moralische Schwäche zu überwinden. In einer Strafsache wegen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Alkoholgenuß wurde K. bedingt verurteilt. In der Hauptverhandlung kam zum Ausdruck, daß der Beschuldigte großes Interesse für den Motorsport hat. Daran knüpften die Kollegen des Betriebes an und erreichten, daß K. Mitglied des ADMV wurde und seinen übermäßigen Alkoholgenuß einstellte. Richtig ist, wenn auch im Urteil Hinweise für die künftige Erziehungsarbeit gegeben werden5. Unerläßlich ist aber, daß das Urteil klar aufzeigt, wie der Rechtsverletzer selbst an sich arbeiten muß, um die Schwächen, die zur strafbaren Handlung führten, zu beseitigen. Dabei geht es auch nicht um allgemeine und abstrakte Hinweise, sondern um klare und begründete Vorschläge. Das Gericht muß helfen, die bereits vorhandenen guten Ansätze einer systematischen Erziehung des Rechtsverletzers in den gesellschaftlichen Kollektiven weiter zu entwickeln. Die Avissprachen im VEB Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ bewiesen, daß in den Betrieben solche positiven Ansätze vorhanden sind: Die Brigaden schätzten richtig die Straftaten als ein Hemmnis in der Arbeit des Kollektivs ein. Deshalb werteten sie das Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt des Kampfes um den Staatstitel „Brigade der sozialistischen Arbeit“ aus. Die Brigademitglieder sind sich auch ihrer bedeutenden Rolle bei der Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung bewußt. Sie setzten sich z. B. mit der Auffassung eines Verurteilten, die Brigademitglie- ' Vgl. dazu Jahn, ,,Dio Richtlinie Nr. 12 wichtiger Schritt zur weiteren Entwicklung der Rechtspflege“, NJ 1961 S. 331. 6 Vgl. dazu Hinderer, j,Für eine hohe Qualität der Urteile“# NJ 1961 S. 375. der hätten ihn in der Hauptverhandlung „reingerissen“, auseinander. Sie legten ihm den Unterschied zwischen einem Gericht des Arbeiter-und-Bauern-Staates und dem Gericht in einem kapitalistischen Staat dar und zeigten ihm, daß die offene und ehrliche Einschätzung seiner Schwächen wie auch seiner guten Seiten in seinem eigenen Interesse liegt. Voraussetzung für die Durchsetzung der neuen Strafarten ist aber, daß Richter und Schöffen deren Wesen klar erkennen. Wo das nicht der Fall war, konnten bisher auch keine exakten Hinweise für die weitere Arbeit mit dem Verurteilten in der Hauptverhandlung gegeben werden. Die neuen Strafarten setzen die weitere Erziehung der Verurteilten im Kollektiv voraus. Innerhalb der Bewährungszeit übernimmt das Kollektiv bestimmte Erziehungsmaßnahmen, die früher von staatlichen Organen in der Strafvollstreckung durchgeführt wurden. Durch die wachsende Bewußtheit der Werktätigen in der DDR können diese Aufgaben heute in den Betrieben und Gemeinden sowie in anderen gesellschaftlichen Kollektiven gelöst werden. Das Gericht hat durch die Hauptverhandlung dafür die Voraussetzungen zu schaffen. Die noch zum Teil vorhandene Tendenz, daß mit der Verurteilung die Aufgaben des Gerichts erfüllt sind, muß deshalb überwunden werden. 5. Wir haben die Schlußfolgerung gezogen, daß die Auswertung der Verfahren in den Arbeitskollektiven mehr unter der Zielstellung vorgenommen werden müßte, Maßnahmen für die weitere Erziehung des Verurteilten festzulegen6. Die Brigade könnte z. B. bestimmten Mitgliedern der Brigade konkrete Aufträge geben. Mitglieder, die unmittelbar mit dem Verurteilten Zusammenarbeiten, könnten ihm z. B. helfen, Mängel in seiner Arbeitsdisziplin zu überwinden. Ein Mitglied, das im Wohnort des Verurteilten wohnt, könnte bestimmte Aufträge zur Einbeziehung des Rechtsbrechers in die gesellschaftliche Arbeit des Ortes erhalten. Dabei wird es aber auch notwendig sein, innerhalb der Bewährungszeit in bestimmten Abständen zur Arbeit des Verurteilten und zur Erfüllung der Maßnahmen, die bei der Auswertung festgelegt worden sind, in den Brigadeversammlungen Stellung zu nehmen. Nur so wird eine systematische Erziehungsarbeit innerhalb der gesamten Bewährungszeit geleistet werden können. Diese Arbeit kann durch das Kreisgericht gut unterstützt werden, wenn es sich ebenfalls in bestimmten Abständen über die weitere Erziehungsarbeit mit dem Verurteilten informiert, und zwar über die jeweiligen Schöffenkoflektive. Wir sind aber auch dazu übergegangen, den am Gericht tätigen Schöffen den Auftrag zu erteilen, einen bestimmten Betrieb oder eine Gemeinde aufzusuchen und sich von der Arbeit mit einem vor längerer Zeit Verurteilten zu überzeugen. Auch die Richter und Staatsanwälte sollten sich bei ihren Aussprachen in den Betrieben und Gemeinden vom Stand der Erziehung der Verurteilten überzeugen. Die Arbeit mit Verurteilten darf aber keinesfalls zu einer Reglementierung führen. Dies würde den Erziehungsprozeß nicht fördern, sondern hemmen, weil sich der Verurteilte dann bevormundet und überwacht glaubt Zwischen dem Kollegen, der bestimmte Aufträge zur Erziehung erhalten hat, und dem Rechtsbrecher muß ein gewisses Vertrauensverhältnis hergestellt werden, wenn die Erziehungsarbeit Erfolg haben soll. 6. In den Aussprachen,' die wir im VEB Schwermaschinenbau führten, kam immer wieder zum Aus- 6 Vgl. dazu Erdmann, „Für eine richtige Anwendung der bedingten Verurteilung und des öffentlichen Tadels“, NJ 1362 S. 159. 3 652;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 652 (NJ DDR 1962, S. 652) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 652 (NJ DDR 1962, S. 652)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gibt. Das ist in der Regel bei vorläufigen Festnahmen auf frischer Tat nach der Fall, wenn sich allein aus den objektiven Umständen der Festnahmesituation der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechtlich unbegründet erscheint - wercffen auch diese Prüfungsverfahren von der UntersuchungsjpbteiluhfJ grundsätzlich nicht in offiziellen Prüf ungsakten sPuswiesen.

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