Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 645

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 645 (NJ DDR 1962, S. 645); besonders fehlerhaft, weil das Bezirksgericht die kreis-gerichtliche Entscheidung für unrichtig hielt. Zutreffend hat das Kreisgericht nach Erhebung von Zeugenbeweis auch die Beiziehung von Blutgruppengutachten angeordnet. Von diesem Beweismittel ist nämlich nicht nur dann Gebrauch zu machen, wenn die Mutter des klagenden Kindes den Mehrverkehr zugesteht oder das Gericht den Beweis des Mehrverkehrs auf Grund des sonstigen Beweisergebnisses schon als endgültig erbracht ansehen muß, sondern auch dann, wenn nach den gesamten Umständen erhebliche Zweifel an der Vaterschaft des verklagten Mannes aufgetre-ten sind. In einem solchen Falle kann die Beiziehung des Blutgruppengutachtens auch nicht etwa als unzulässiger Ausforschungsbeweis erachtet werden. Im vorliegenden' Fall lagen die erforderlichen Voraussetzungen vor, um von dem genannten Beweismittel Gebrauch zu machen. Nach Lage der Umstände durfte das Gericht die Aussage der Mutter des Klägers, soweit sie einen Mehrverkehr während der Empfängniszeit bestritten hat, nicht bedenkenlos als glaubhaft ansehen. Zwar kann der Nachweis eines Mehrverkehrs nicht nur darauf gestützt werden, daß die Mutter des klagenden Kindes eine dem Geschlechtsverkehr leicht zugängliche Frau sei und daher erfahrungsgemäß in der Empfängniszeit auch noch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe. Das Oberste Gericht hat wiederholt in seinen Entscheidungen darauf hingewiesen, daß eine solche Auffassung nicht den gesellschaftlichen Auffassungen und der Stellung der Mutter und des nichtehelichen Kindes entspricht (vgl. Urteil des Obersten Gerichts vom 15. Juni 1957 2 Zz 31/57 OGZ Bd. 5, S. 128). In der Regel gehört zur schlüssigen Behauptung des Mehrverkehrs die Benennung eines bestimmten Mannes und zum Erfolge der überzeugende Beweis, daß die Mutter des Kindes während der Empfängniszeit mit diesem geschlechtlich verkehrt hat. Dieser Beweis kann aber je nach Lage der Umstände auch als geführt angesehen werden, wenn festgestellt wird, daß die Mutter in der fraglichen Zeit Besuch von Männern unter besonders verdächtigen Umständen, wie z. B. in der Nacht und in Abwesenheit anderer Personen, empfangen hat, d. h. unter Umständen, die die Schlußfolgerung, daß sie mit diesen Männern geschlechtlich verkehrt hat, besonders nahelegen. Im vorliegenden Fall hatte der Verklagte Beweis dafür angetreten, daß die Mutter des Klägers häufig und nachts den Besuch eines ihm zwar unbekannten, aber der äußeren Erscheinung nach jungen, blondhaarigen Mannes empfangen hat. Damit könnte zwar für sich allein noch nicht der Beweis erbracht werden, daß die Mutter des Klägers während des kritischen Zeitraumes noch mit anderen Männern als dem Verklagten geschlechtlich verkehrt hat. Damit wurde aber doch ein Hinweis gegeben, dem das Bezirksgericht hätte nachgehen müssen, zumal auch die Bekundungen des Zeugen M., wonach bei der Mutter des Kindes sowohl am Tage als auch spätabends und in der Nacht viele Männer ein- und ausgegangen sind, die Behauptung des Verklagten unterstützt hatten. Hinzu kommt, daß nach der schriftlichen Äußerung des Werkes, in dessen Wohnlager sich die Mutter des Klägers seinerzeit aufhielt, bei abendlichen und nächtlichen Kontrollen verschiedentlich männliche Besucher bei ihr angetroffen worden sind. Diese Auskunft war eingeholt worden auf Grund des Vorbringens des Verklagten, die Mutter des Kindes habe sich oft im Männer-Wohnblock aufgehalten und sei bei einer Kontrolle in einer verfänglichen Situation angetroffen worden. Die Auskunft wies auch darauf hin, daß möglicherweise der zuständige Abschnittsbevollmächtigte nähere Auskunft geben könne. Gegebenenfalls könne über den Lebenswandel der Frau B. auch die im Familienblock tätige Gemeindeschwester aussagen. Wenn das Bezirksgericht also das bisherige Beweisergebnis für den behaupteten Mehrverkehr nicht für ausreichend gehalten hat, hätte es nach entsprechender belehrender Erörterung mit den Parteien weitergehende Ermittlungen in dieser Richtung anstellen müssen. Dem stand auch nicht entgegen, daß die Mutter des Kindes unter Eid Mehrverkehr bestritten hatte. Auch eine eidliche Aussage kann nur unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Beweisergebnisses gewürdigt werden. Die sich aus den gegebenen Umständen rechtfertigende Vermutung eines Mehrverkehrs während der Empfängniszeit läßt sich auch nicht durch die Vereidigung der als gesetzlicher Vertreterin des Klägers gehörten Frau B. ausräumen. Das Kreisgericht hätte übrigens, wenn es überhaupt im vorliegenden Falle die Vereidigung für angebracht hielt, diese erst anordnen sollen, nachdem es von dem Ergebnis der Vernehmung der Frau B. durch den ersuchten Richter Kenntnis erlangt hatte. Von der Vereidigung der Mutter des klagenden und von ihr vertretenen nichtehelichen Kindes im Unterhaltsprozesse sollte im übrigen wegen ihres besonderen Interesses am Ausgang des Verfahrens nur im äußersten Falle Gebrauch gemacht werden, wie im allgemeinen bei der Beschlußfassung über die Beeidigung einer Partei das Gericht größere Zurückhaltung zu üben hat als bei der Beeidigung von Zeugen (vgl. Zivilprozeßrecht der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Band, Berlin 1957, S. 300). Das bezirksgerichtliche Urteil mußte also schon deshalb aufgehoben werden, weil es auf einer Verletzung der §§ 138, 139 ZPO, § 1717 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Entscheidend aber ist folgendes: Das Bezirksgericht hält den Ausschluß des Verklagten als Erzeuger des Klägers deshalb für nicht gegeben, weil in beiden beigezogenen Blutgruppengutachten nicht die vom Gesetz verlangte „offenbare Unmöglichkeit“ festgestellt worden ist. Dazu ist zu bemerken: Es ist an sich nicht zu beanstanden, daß bei dem Vorliegen einer nur „wahrscheinlichen Unmöglichkeit“ das Gericht das gesetzliche Erfordernis des § 1717 BGB als nicht erfüllt ansieht. Gleichwohl sind im vorliegenden Fall, entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts, die nach dem Haptoglobin-System erstatteten Gutachten rechtlich dahin zu würdigen, daß die Voraussetzungen einer „offenbaren Unmöglichkeit“ der Vaterschaft des Verklagten gegeben sind. Durch . Blutgruppenuntersuchung kann stets nur ein negativer Beweis geführt werden. Der Ausschluß von der Vaterschaft muß, wenn er durch Blutgruppengutachten geführt werden soll, auf einem exakten naturwissenschaftlichen Beweis beruhen, der auf keine Weise mehr durch anders lautende Zeugenaussagen erschüttert werden kann. Die Blutkörperchenmerkmale sind eindeutig bestimmbar und unveränderlich. Ihr Erbgang ist genau bekannt. Fehlen danach einem als Vater in Anspruch genommenen Manne bestimmte beim Kinde vorhandene Merkmale, die es von ihm durch Erbgang erworben haben müßte, so ist seine Nichtvaterschaft bewiesen, sind also die Voraussetzungen des § 1717 Abs. 1 Satz 2 BGB erfüllt. Der Kläger muß nach den vorliegenden Gutachten einen Mann zum Vater haben, der ihm das Gen Hp 2 vererbt hat. Eindeutig ist aber bei beiden Untersuchungen festgestellt worden, daß der Verklagte dieses Gen nicht besitzt. Zu diesem Ergebnis sind zwei verschiedene Gutachter unabhängig voneinander gelangt, und es ist kein Anhalt vorhanden, der es rechtfertigen würde, dieses medizinisch-wissenschaftliche Ergebnis anzuzweifeln. Das führt mithin zwangsläufig zu der 645;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 645 (NJ DDR 1962, S. 645) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 645 (NJ DDR 1962, S. 645)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten.

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