Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 623

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 623 (NJ DDR 1962, S. 623); Ehe ein unheilbares Krisenstadium erreicht oder auch Ehen leichtfertig geschlossen werden. Die sich immer stärker verwirklichende Gleichberechtigung der Frau im Gesellschaftsleben, im Beruf wie in der Familie ist der wichtigste Faktor für die Entwicklung und Stärkung der sozialistischen Ehe und Familie. Es handelt sich dabei jedoch um einen konfliktreichen und sehr komplizierten Prozeß. Wir finden heute nur noch selten Fälle, wo Frauen beharrlich an einer längst zerstörten Ehe festhalten, nur weil sie sich ein arbeitsloses Einkommen in Form von Unterhalt erhalten wollen. Manche älteren Menschen wissen noch, wie entwürdigend in der kapitalistischen Gesellschaft im Zusammenhang mit einer Scheidung die Sicherung des Unterhalts der Frau nach der Scheidung ausgehandelt wurde. Häufig erklärten sich die Frauen nur dann mit der Scheidung einverstanden, wenn der Mann sich durch das vollstreckbare Versprechen einer laufenden Unterhaltssumme praktisch von der Ehe loskaufte. Die Unterhaltsverpflichtung des Mannes gegenüber der Frau für die Zeit nach der Scheidung ist gegenwärtig schon die Ausnahme. Durch Urteil oder Vergleich wurde in den im Jahre 1960 zur Scheidung gelangten Fällen der Mann zur Unterhaltszahlung verpflichtet: für mehr als zwei Jahre in 4,7 % der Sachen, für zwei Jahre und darunter in 10,6 % der Sachen, überhaupt nicht in 84,7 % der Sachen. Hier spiegelt sich die wachsende wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau in der DDR besonders deutlich wider, die auch durch eine dem Gesetz entsprechende Praxis der Gerichte in diesen Fällen gefördert wird. Eine Unterhaltsverpflichtung nach der Scheidung besteht nur, wenn ein Ehegatte ganz oder teilweise außerstande ist, seinen Unterhalt aus eigenen Arbeitseinkünften oder sonstigen Mitteln zu bestreiten. Die Vorstellungen von der Ehe als einem Versorgungsinstitut für die Frau sind heute schon weitgehend überwunden. Insoweit können die folgenden Angaben aus der Ehelösungsstatistik für die Jahre 1959 und 1960 als repräsentativ für die Lage innerhalb der in der DDR bestehenden Ehen überhaupt gelten. Bei den gelösten Ehen waren die Frauen vor der Ehe berufstätig: 1959 = 97,7 % 1960 = 99,7 % Über die Berufstätigkeit dieser Frauen während der Ehe gibt es folgende Angaben: ununterbrochen während der ganzen 1959 1960 Ehedauer 47,6% 52,3 % mit zeitweiligen Unterbrechungen kurz vor der Scheidung Berufstätigkeit 24,0 % 27,6 % aufgenommen nur am Anfang der Ehe einen Beruf 8,3 % 4,2 % ausgeübt während der ganzen Ehe nicht berufs- 3,0% 2,2 % tätig 17,0 % 13,7 % Aber man darf die Augen nicht davor verschließen, daß dieser Prozeß gegenwärtig noch nicht komplikationslos verläuft und zu Widersprüchen führt. So haben gegenwärtig, am Einkommen gemessen, die Männer noch ein starkes wirtschaftliches Übergewicht. Bei den 1959 und 1960 geschiedenen Ehen hatten im Verhältnis zum Einkommen der Männer die Frauen 1959 1960 kein Einkommen, einschließlich Einkommen unbekannt 26,3 % 23,9 % ein niedrigeres Einkommen 44,6 % 45,7 % ein etwa gleiches Einkommen 17,4 % 17,9 % ein größeres Einkommen 11,7 % 12,5 % Neben den durch die wachsende Rolle der Frau in der sozialistischen Gesellschaft bedingten sichtlichen Veränderungen bleibt trotzdem noch vorherrschend, daß bei den gelösten Ehen zu rund 70 % der Mann das wirtschaftliche Übergewicht hatte. Es gibt kein Vergleichsmaterial dazu, wie es in dieser Hinsicht ganz allgemein in den bestehenden Ehen in der DDR aussieht. Jedenfalls zeigen diese Zahlen mit aller Deutlichkeit, welch ein entscheidender Faktor für die weitere Festigung der sozialistischen Ehe die Entwicklung und Förderung der Frau ist. In den Fällen, wo der Mann in Hinsicht auf seine „traditionelle“ Stellung in der Familie unnachgiebig ist und die Entwicklung der Frau behindert, was insbesondere durch die noch vorhandene wirtschaftliche Überlegenheit des Mannes begünstigt wird, sind Ehekonflikte unvermeidlich zu einem geringen Teil auch solche, die eine Auflösung der Ehe gesellschaftlich notwendig machen können. Es ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, daß die Ehescheidungen, die auf Klage der Frauen erfolgten, in den letzten Jahren ständig zugenommen haben. Im Jahre 1958 waren 53,4 %, 1959 = 53,9 %, 1960 = 55,1 % der Kläger Frauen. Das ist ein Zeichen dafür, wie mit der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Frauen auch ihr Selbstbewußtsein wächst, so daß sie sich auch auf diese Weise gegen das ehestörende Verhalten der Männer wehren. Man muß hier jedoch in der vorbeugenden Arbeit auch einer falsch verstandenen Gleichberechtigung entgegentreten. Das grundlegende sozialistische Prinzip der Lösung ehelicher Konflikte ist nicht die Scheidung der Ehe, sondern die gegenseitige Erziehurig und Entwicklung der Ehegatten, wobei die Hilfe von seiten der Gesellschaft verstärkt werden muß. Man muß in diesem Zusammenhang neben der Orientierung auf die schon genannten gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere auch den Menschen aus der unmittelbaren Umgebung der Ehegatten, vor allem den Arbeitskollegen und Hausgemeinschaften, ihre Verantwortung vor Augen führen. Auffällig ist, daß in der Mehrzahl der geschiedenen Ehen die Ehegatten wenig Interesse an ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung zeigten. Man kann wohl sagen, daß es sich in dieser Beziehung überwiegend um Ehen alten Stils handelte, wo die gegenseitige Entwicklung der Ehegatten noch keine große Rolle spielte. In 1479 Ehen = 6 % haben einer oder beide Ehegatten während der Ehe das Studium an einer Hoch- oder Fachschule aufgenommen. In 3750 Ehen = 15,3 % haben einer oder beide Ehegatten andere Schulen oder Lehrgänge zur beruflichen bzw. gesellschaftlichen Qualifizierung besucht. Bezeichnend ist, daß auch hier das Schwergewicht der Qualifizierung noch beim Mann lag Studium aufgenommen: beide Ehegatten Mann allein Frau allein zusammen 172= 11,6% 1104= 74,7 % 203= 13,7% 1479 = 100,0 % Schulen oder Lehrgänge besucht: beide Ehegatten Mann allein Frau allein zusammen 621 = 16,6 % 2578 = 68,7 % 551 = 14,7 °/o 3750 = 100,0 % Gerade in diesen Fällen ist es wichtig, daß der Erzie-hurigs- und Überzeugungsarbeit ein klarer Standpunkt zugrunde gelegt wird, wie er sich besonders aus den jüngsten Dokumenten von Partei und Regierung ergibt. Das gilt insbesondere auch für die gerichtliche Tätigkeit. Nicht selten verwenden Männer, die von einer Ehe loskommen wollen, das Argument, daß die Frau sich nicht mitentwickelt habe. Man muß in sol- 623;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 623 (NJ DDR 1962, S. 623) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 623 (NJ DDR 1962, S. 623)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Begehung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld und seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen festgelegt, auch an Leiter anderer Diensteinheiten herausgegeben. Diese Leiter haben die erhaltene in ihrer Planvorgabe zu verarbeiten. Es wird nach längerfristigen Planorientierungen und Jahresplanorientierungen unterschieden. Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit gewährleistet. Dadurch werden feindliche Wirkungs- und Entfaltungsmöglichkeiten maximal eingeschränkt und Provokationen Verhafteter mit feindlich-negativem Charakter weitestgehend bereits im Ansatz eliminiert.

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