Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 598

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 598 (NJ DDR 1962, S. 598); HARRY METTIN, stellv. Direktor des Stadtbezirksgerichts Berlin-Mitte Für einheitliche Entscheidung über Strafen und Erziehungsmaßnahmen in Verkehrssachen! Verstöße gegen die Verkehrsdisziplin sind, soweit durch sie kein Personenschaden eintritt, meist Übertretungen, die sowohl von den Gerichten als auch gern. § 328 StPO von den Organen der Deutschen Volkspolizei in eigener Zuständigkeit verfolgt werden können. Nach den §§ 47 StVO und 3, 4 StVZO können die Organe der Volkspolizei im Gegensatz zu den Gerichten bei Zuwiderhandlungen gegen die StVO Erziehungsmaßnahmen verhängen, unabhängig davon, ob eine Bestrafung erfolgt oder nicht. Welche praktische Bedeutung gerade diese Bestimmung besitzt, erlebt der Verkehrsrichter täglich, wenn nach der Urteilsverkündung der Verurteilte die Frage an das Gericht richtet: „Und was wird mit meiner Fahrerlaubnis?“ Ihm muß dann gesagt werden, daß das Gericht darauf keinerlei Einfluß hat, vielmehr die Volkspolizei darüber die abschließende Entscheidung trifft. Diese Regelung erscheint mir fehlerhaft und der erzieherischen Wirkung des gerichtlichen Verfahrens abträglich. Zunächst wird dadurch die Autorität des Gerichts als höchsten Rechtspflegeorgans sowie das Vertrauen in die Vollständigkeit seiner Entscheidungen herabgemindert. Der Betroffene kommt in dem Bewußtsein zum Gericht, daß sein Fall allseitig gewürdigt und mit einer alles umfassenden Entscheidung versehen wird. Er soll das Gericht mit der Überzeugung verlassen, daß die gegen ihn erkannte Entscheidung und nur diese notwendig und daher gerecht ist. Das ist die Voraussetzung dafür, daß dem sozialistischen Gericht das ihm gebührende Vertrauen entgegengebracht wird. Von diesem Vertrauen hängt nicht zuletzt die Bewußtseinswandlung nicht nur des Verurteilten, sondern auch der breiten Öffentlichkeit ab. Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt ist, daß durch die derzeitige Regelung des § 47 StVO eine gerichtliche Entscheidung durch die Organe der Volkspolizei überprüft wird. Ordnet nämlich die Volkspolizei Erziehungsmaßnahmen neben der gerichtlichen Bestrafung an und das geschieht regelmäßig , dann bringt sie damit zum Ausdruck, daß die Entscheidung des Gerichts unvollständig ist und einer Ergänzung bedarf. Grundsätzlich liegt aber jeder gerichtlichen Entscheidung eine umfassende und qualifizierte Beurteilung des jeweiligen Geschehens zugrunde. Deshalb bedarf es weiterer Maßnahmen anderer Organe nicht. Durch das Nebeneinander von Maßnahmen des Gerichts und der Volkspolizei entstehen nicht selten Wirkungen, die rechtspolitisch nicht vertretbar sind. Das trifft insbesondere für den Entzug der Fahrerlaubnis zu. Seine praktischen Auswirkungen sind mitunter einschneidender als die gerichtliche Maßnahme. Es kann doch nicht übersehen werden, daß der Entzug der Fahrerlaubnis für den Berufskraftfahrer nichts anderes als Berufsverbot, d. h. einen tiefen Eingriff in die soziale Lage des Betroffenen und seiner Familie bedeutet. Es gibt kein Organ, das die vom Gericht und der Volkspolizei nebeneinander getroffenen Maßnahmen daraufhin überprüft, ob sie in ihrer Summe gerechtfertigt sind. Dieser Zustand stimmt m. E. mit der ständigen Weiterentwicklung der sozialistischen Rechtspflege nicht überein. Was das im Einzelfall bedeuten kann, sei an folgendem Beispiel verdeutlicht: Der Fahrdienstleiter eines Transportbetriebes erschien spät abends noch einmal im Betrieb, weil er persönliche Sachen mitzunehmen vergessen hatte. Dort sah er einen Kraftfahrer, der sich vergeblich bemühte, seinen Dienstwagen, der am nächsten Morgen benötigt wurde, fahrfertig zu machen. Als der Kraftfahrer seine Bemühungen aufgab und nach Hause ging, führte der Fahrdienstleiter bis in die Nachtstunden die Reparatur aus. Um den ruhigen Lauf des Motors kontrollieren zu können, entschloß er sich, eine Runde um ein Häuserviertel zu fahren. Auf der Straße blieb das Fahrzeug stehen. Ein Angehöriger der Volkspolizei, der dem Fahrdienstleiter behilflich sein wollte, bemerkte, daß dieser unter Alkoholeinfluß stand. Bei einer Blutalkoholuntersuchung wurden 1,83 %0 Alkohol festgestellt. Das Gericht übertrug die Sache der Konfliktkommission des Betriebes zur Beratung. Im Kreise der Kollegen des Fahrdienstleiters und der geladenen Kraftfahrer entstand eine ernsthafte Auseinandersetzung, die sich nicht, allein auf das leichtfertige Verhalten des Betroffenen erstreckte, sondern auch andere Mängel im Fahrdienst in den Mittelpunkt rückte. So erfreulich diese Auseinandersetzungen auch waren, so undifferenziert waren die Maßnahmen, die gegen den Fahrdienstleiter getroffen wurden. Seine Vorgesetzte Dienststelle stufte ihn um zwei Dienstgrade herab. Die Volkspolizei entzog ihm, einem Berufskraftfahrer, auf sechs Monate die Fahrerlaubnis. Diese Maßnahmen wirkten in Verbindung mit der gesellschaftlichen Mißbilligung, die die Konfliktkommission aussprach, weit schwerer auf den Täter, als es ein Gerichtsurteil getan hätte. Die Summe der eingeleiteten Erziehungsmaßnahmen muß aber nicht nur geeignet sein, den angestrebten erzieherischen Erfolg herbeizuführen, sie darf auch den Täter nicht schlechter stellen, als es bei der Durchführung eines gerichtlichen Strafverfahrens der Fall gewesen wäre. Aus diesen Feststellungen soll nicht geschlossen werden, daß etwa weniger konsequent gegen die Teilnahme unter Alkoholeinfluß stehender Lenker von Kraftfahrzeugen am öffentlichen Straßenverkehr vorgegangen werden sollte. Durch das Nebeneinander von Zuständigkeiten besteht jedoch immer wieder wie der vorliegende Fall beweist die Gefahr, in imdifferenzierter Weise nicht vertretbare Wirkungen hervorzurufen. Auch wenn das Gericht zu der Überzeugung kommt, daß der Entzug der Fahrerlaubnis auf eine bestimmte Zeit unbedingt erforderlich ist, finden die gerichtlichen Möglichkeiten mitunter eine unangenehme Grenze, wenn die für den Entzug der Fahrerlaubnis zuständigen Organe der Volkspolizei zu einer grundsätzlich anderen Auffassung gelangen als das Gericht. Durch die verschiedenartigen Auffassungen aber wird der erzieherische Wert der gerichtlichen Entscheidung unter Umständen beträchtlich herabgemindert. Schließlich soll in diesem Zusammenhang auch daran erinnert werden, daß nach § 329 StPO die im Wege polizeilicher Strafverfügungen erlassenen Strafmaßnahmen auf Antrag einer Überprüfung durch das Gericht unterliegen. Ausgenommen sind wiederum die als „Erziehungsmaßnahmen“ gesetzlich deklarierten polizeilichen Entscheidungen in derselben Sache, obwohl sie wie bereits dargestellt eine weitaus einschneidendere Wirkung haben können als die für die Übertretungen angedrohten Strafen. 5 98;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 598 (NJ DDR 1962, S. 598) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 598 (NJ DDR 1962, S. 598)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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