Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 574

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 574 (NJ DDR 1962, S. 574); deren Fraktionen reichte sie den alten Regierungsentwurf berei ts am 6. Dezember 1961 als „gemeinsamen Antrag“ im Bundestag ein. Bereits eine Woche später, am 13. Dezember 1961, fand die erste Lesung im Bundestag statt. Der CDU-Abgeordnete Hoogen begründete dieses in der bisherigen Geschichte des Bonner Bundestages einmalige Verfahren auch im Namen der SPD-Fraktionsführung mit den Worten: „Damit er (der Regierungsentwurf D. Verf.) nicht die .Ochsentour’ gehen muß: Bundesrat Bundesregierung Bundestag Erste Lesung“ und der „Rechtsausschuß mit der Beratung des wichtigen Gesetzes möglichst schon heute nachmittag beginnen kann“6. Seither hat sich der Rechtsausschuß des Bundestages hinter verschlossenen Türen mit dem Entwuf beschäftigt. Bereits vor der Osterpause hatte er die erste Lesung beendet und begann bereits Anfang Mai mit der zweiten Lesung, die mit der Anhörung verschiedener „Sachverständiger“ verbunden war. Aus den dürftigen Veröffentlichungen ist zu entnehmen, daß der Regierungsentwurf auch vom Rechtsausschuß in allen wesentlichen Punkten übernommen worden ist und dem Bundestag zur Beschlußfassung vorgelegt werden wird. Bei dem Entwurf geht es um die Schaffung neuer formaler Handhaben für eine praktikable, „rechtsstaatlich“ verschleierte Verfahrensweise der Bonner Strafjustiz zur verschärften Unterdrückung aller Gegner des Adenauer-Regimes und zur verstärkten Förderung der kriminellen Machenschaften der westdeutschen Prominenz. Die bisherige, teilweise im ausdrücklichen Widerspruch zum geltenden Prozeßrecht stehende Praxis insbesondere der politischen Sondergerichte soll „gesetzlich“ sanktioniert und damit eine weitere Grundlage für die unmittelbare Vorbereitung der offenen Notstandsdiktatur geschaffen werden. Verstärkung der Exekutivgewalt der zentralen Strafverfolgungsorgane Ein Grundzug des Regierungsentwurfs ist das Bemühen, die Strafjustiz noch mehr als bisher dem Willen der Bonner Machthaber unmittelbar unterzuordnen. Zu diesem Zweck sollen die einzelnen Strafverfolgungsorgane in noch größerem Maße an den Willen solcher Institutionen gebunden werden, die in der bisherigen Praxis ihre blinde Ergebenheit gegenüber den Wünschen der Ultras bewiesen haben. Es sind dies vor allem die zentralen Organe, in erster Linie die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes, der politische Sonderstrafsenat des Bundesgerichtshofes und die Bundesanwaltschaft. Am sichtbarsten tritt dieser Grundzug in Art. 12 der Regierungsvorlage zutage, nach dem das Bundeskriminalamt in sog. Staatsschutzsachen auf entsprechende Weisung des Generalbundesanwalts bzw. der Untersuchungsrichter des politischen Sonderstrafsenats des Bundesgerichtshofs als zentrales Ermittlungsorgan mit Exekutivbefugnissen tätig werden soll. Damit wäre die „Sicherungsgruppe“ dieses Amtes, die für die „Bearbeitung“ sog. Staatsschutzsachen zuständig ist, auch offiziell zum zentralen Jagdkommando auf die friedliebenden, demokratisch gesinnten Kräfte ernannt, nachdem sie diese Rolle in der Praxis bereits seit langem spielt. Selbst die ihr durch das geltende Gesetz untersagten Exekutivbefugnisse übt sie durch ihr „bei- 6 Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Amtl. Protokoll der 8. Sitzung am 13. Dezember 1961, S. 170 (C) und (D). Der von Hoogen beschriebene Weg ist durch Art. 76 Abs. 2 des Bonner Grundgesetzes für Gesetzesvorlagen der Bundesregierung verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Seine Bezeichnung als ;,Ochsentour‘‘ wirft ein bezeichnendes Licht auf die Einstellung der NATO-Parlamentarier zu ihrer Verfassung, die ja mit Hilfe des Notstandsgesetzes auch formell außer Kraft gesetzt werden soll. geordnete“ Beamte der Landespolizeibehörden faktisch auch heute schon aus7 8. Der Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, hat sich in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf für die Streichung des Art. 12 ausgesprochen, da die Übertragung von Exekutivbefugnissen auf das Bundeskriminalamt dem Grundgesetz widersprechet Die Bundesregierung besteht dagegen auf ihrem Vorschlag9. Der Bundesrat begründet seinen Standpunkt formaljuristisch damit, daß Art. 12 der Regierungsvorlage faktisch eine „neue Art Koordinierungsverwaltung“ schaffen soll, die nach dem Grundgesetz unzulässig sei, dessen Art. 83 bis 86 lediglich bundeseigene, landeseigene oder Auftragsverwaltungen zulassen. Auch würde „durch die Übertragung von Exekutivbefug-n-issen in dem jetzt vorgesehenen Ausmaß das Bundeskriminalamt den Rahmen einer (allein zulässigen D. Verf.) Zentralstelle im Sinne des Art. 87 Abs. 1 GG überschreiten“10. Derartige Zentralstellen könnten nach dem föderalistischen Verfassungsaufbau Westdeutschlands keine Exekutivbefugnisse beanspruchen. Eine solche Auslegung des Grundgesetzes hat übrigens die Bonner Regierung selbst vorgenommen, als sie sich durch die Enthüllungen der DDR und die Proteste der Weltöffentlichkeit über die Begünstigung von Kriegsund Naziverbrechern gezwungen sah, die Ludwigsburger Zentralstelle zur Verfolgung von Verbrechen in der Hitler-Ära zu etablieren. Dieser Stelle wird bis heute das Recht eigener Exekutivmaßnahmen verweigert. Sie muß sich erst an die Landespolizeibehörden wenden, deren von alten Nazis und SS-Verbrechern durchsetzter Beamtenapparat oftmals die aufgespürten Mörder warnte, Akten verschwinden ließ und eine weitere Verfolgung unterband11. Wenn es also darum geht, alte Faschisten zu decken, beruft sich die Bonner Regierung selbst auf die vom Bundesrat vertretene „Rechts“auffassung. Wenn aber Antifaschisten verfolgt werden sollen, dann ist die Ausübung von Exekutivbefugnissen durch das Bundeskriminalamt plötzlich keine verfassungsrechtlich unzulässige Maßnahme mehr, sondern „bundeseigene Tätigkeit, die als Teil der den Organen des Bundes obliegenden Strafverfolgung zu betrachten ist“12. Bereits hieran zeigt sich, daß es sich bei den Auseinandersetzungen zwischen der Bonner Regierung und dem Bundesrat im Kern überhaupt nicht um formaljuristische Fragen handelt. Der Bundesrat will viel- 7 Hierüber sowie über die Auswirkungen und die Verlas-sungswidrigkeit dieser geplanten Regelung haben Kühlig und Noack a. a. O. bereits im einzelnen geschrieben. Hinzugefügt sei die inzwischen bekannt gewordene Tatsache, daß die „Sicherungsgruppe“ von SS-Mördern beherrscht wird. Im Prozeß gegen die SS-Bestie Filbert, dessen „Einsatzkommando 9“ im Sommer 1941 mindestens 10 500 Sowjetbürger grausam ermordete, erschienen als Zeugen vor dem Westberliner Schwurgericht die früheren SS-Scharführer Konrad Zimmer und Gustav Hein. Uber sie schreibt das großbürgerliche Hamburger Blatt „Die Zeit“: „Als Kriminalkommissar gehörten auch sie zum Einsatzkommando 9. Sie blieben unvereidigt, um sie nicht selbst in ein Verfahren zu verwickeln. Zimmer und Hein sind heute Kriminalinspektoren der .Sicherungsgruppe Godesberg“, jener Kriminalpolizei des Generalbundesanwalts, die als Hüter der freiheitlichen Ordnung unseres Rechtsstaates gilt.“ Inzwischen ist auch bekannt geworden, daß Zimmer persönlich mit der Verfolgung des bekannten westdeutschen Friedenskämpfers Oskar Neumann beauftragt war, den der Sondersenat des Bundesgerichtshofs wegen seines Kampfes für den Abschluß eines Friedensvertrages zu drei Jahren Ge-fängpis verurteilte. In der Praxis bedeutet' also Art. 12 zugleich eine Sanktionierung der Verfolgung bewährter Antifaschisten durch die Schergen des Hitler-Regimes. 8 Bundestagsdrucksache IV/178, S. 50. 9 Ebenda, S. 52. 10 Ebenda, S. 50. 11 Das hat wie die „Süddeutsche Zeitung“ vom 13. Dezember 1961 berichtete die Mannheimer Staatsanwältin Dr. Barbara Just-Dahlmann auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Loccum im Dezember 1961 offen bestätigt. Vgl. dazu auch Streit in NJ 1962 S. 238. 12 BundestagsdrucksaChe IV/178, S. 52. 574;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 574 (NJ DDR 1962, S. 574) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 574 (NJ DDR 1962, S. 574)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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