Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 542

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 542 (NJ DDR 1962, S. 542); Für Frankel kommen Sie trotz alledem zu dem Ergebnis, daß er das Recht nicht verletzt habe. Ich frage Sie: Wenn man, wie Sie selbst es tun, vom „Staatsunrecht des Hitler-regimes'' spricht, wenn das Recht zum Unrecht geworden ist, kann dann innerhalb dieses Systems überhaupt rechtmäßig gehandelt werden, von dem das Nürnberger Juristenurteil feststellt, daß das gesamte Gerichtssystem zur Durchführung der Strafgesetze in Übereinstimmung mit der nationalsozialistischen Weltanschauung eingesetzt wurde? Ich weiß, Sie sprechen in diesem Zusammenhang von der Schicksalhaftigkeit, von Schuld und Verstrickung des deutschen Richters, worüber wir ja vor etwa einem Jahr in der Bundestagsdebatte über das Richtergesetz nochmals so schöne Worte hören konnten. Zur Verantwortlichkeit der Richter und Staatsanwälte der Hitlerjustiz möchte ich noch auf den Grundgedanken eines weiteren Kontrollratsgesetzes, des Gesetzes Nr. 10, das ja auch dem Nürnberger Juristenurteil zugrunde liegt, hinweisen, nämlich daß „die Tatsache, daß jemand unter dem Befehl seiner Regierung oder seines Vorgesetzten gehandelt hat, ihn nicht von der Verantwortlichkeit für ein Verbrechen (befreit)." Im Zusammenhang mit Ihrem Artikel habe ich mich noch einmal mit Freunden darüber unterhalten, wie es den Richtern erging, die sich nicht bedingungslos in dieses Unrechtssystem einfügten; und es wurde bestätigt, wie es das Nürnberger Juristenurteil von dieser Kategorie der Richter sagt, nämlich daß sie „bedroht und kritisiert und manchmal aus dem Amt entlassen" wurden. Und manche Richter haben diese Folgen, die man im Vergleich zu dem, was Gerichte, Staatsanwaltschaft, SS, Gestapo und Polizei Hunderttausenden in aller Welt antaten, wirklich nicht als Risiko bezeichnen kann, auf sich genommen. Sie wollen die Schuld von Fränkel damit abmindern, daß Sie, wenn auch nur in einem Nebensatz, behaupten, daß der Nürnberger Militärgerichtshof anerkannt habe, daß im Krieg eine strenge Justiz gegenüber Gewohnheitsverbrechern erforderlich sei. Hier, Herr Dr. Dehler, kann ich Ihnen den Vorwurf des unvollständigen Zitierens nicht ganz ersparen. Wörtlich heißt es in diesem Zusammenhang: „Alle die Gesetze, die wir anführen, konnten in diskriminierender Art angewandt werden und wurden es auch, und in vielen Fällen haben das Justizministerium und die Richter sie in willkürlicher und brutaler Weise angewandt, die das Menschheitsgewissen empört und die hier strafbar ist." Es geht also wohl nicht an, das Nürnberger Juristenurteil zugunsten von Kriegsverbrechern zu zitieren. Allerdings möchte ich nicht annehmen, daß diese Ihre in einem Nebensatz enthaltene Bemerkung ein Ausdruck der ja im Westen verbreiteten Tendenz ist, Nürnberg überhaupt beiseite zu schieben. Ich kann auch nicht dem zustimmen, was Sie über das ehemalige Reichsgericht sagen. Für Sie war das Reichsgericht ein „Elitegericht". Was heißt das? Ich kann es nur so verstehen, daß es in jeder der staatlichen Perioden seines Bestehens, des Kaiserreiches, der Weimarer Zeit und der Hitlerzeit, ein Gericht im Interesse jener „Elite" war, die unser Volk zweimal ins Unglück geführt hat. Wir beide haben als Anwälte die Rechtsprechung des Reichsgerichts in politischen Strafsachen während der Weimarer Zeit erlebt. War die juristische Konzeption, die die Zugehörigkeit zu dem Funktionärkörper der KPD als Vorbereitung zum Hochverrat deklarierte, Ausdruck der Rechtsprechung eines Elitegerichts? Wenn auch das Reichsarbeitsgericht nicht ganz „so fein“ war wie das Reichsgericht, so war es ihm ja eng verbunden; meine Erfahrungen als Anwalt gerade auf dem Gebiet der Arbeitssachen der Weimarer Zeit haben mich frühzeitig erkennen gelehrt, wie seine Rechtsprechung gerade im Interesse jener „Elite" den Faschismus in Deutschland mit vorbereitet hat. Auch Sie wiederholen und versuchen die Ehrenrettung des Reichsgerichtes damit, daß ihm die eigentliche politische Rechtsprechung durch die Sondergerichte und den Volksgerichtshof entzogen gewesen sei. Aber immerhin ging ja von seinem „Großen Senat" schon 1936 jene unerhörte Ausweitung der Rechtsprechung aus, die „zur Fortentwicklung des deutschen Rechts" unter dem Begriff des Geschlechtsverkehrs im Sinne der verbrecherischen Bestimmungen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre auch „unzüchtige Handlungen" verstand, immerhin wurde ihm die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Reichsanwalts über rechtskräftige Urteile der Sondergerichte anvertraut. Und hiermit kommen wir wieder auf Fränkel, der die nazistischen Rassengesetze und die Nichtigkeitsbeschwerde, wie Sie meinen, „mit peinlicher Korrektheit gesetzestechnisch" handhabte. Ich will mit Ihnen nicht darüber rechten, welchen positiven Gehalt das Rechtsmittel der Revision der Strafprozeßordnung von 1878 hat. Sie sprechen von der kühlen Luft der Revisionsinstanz, die auch im Bereich der Nichtigkeitsbeschwerde geherrscht habe. Lassen Sie mich demgegenüber Herrn Fränkel, dessen Artikel aus dem Jahre 1941 auch bei uns bekannt ist, zitieren: „Sie (die vorhergehend aufgeführten Fälle, H. B.) zeigen, daß der Tatrichter gar nicht so selten die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht nach jeder Richtung auswertet, sondern naheliegende und nach der Lebenserfahrung sich aufdrängende Erwägungen nicht anstellt oder: „Unrichtige Rechtsanwendung kann also durchaus gerecht sein“; oder zum Strafmaß des Reichsgerichtes: „Es kann die Strafe vielmehr frei so festsetzen, wie sie ihm als angemessen und gerecht erscheint." Ich denke, Sie halten mir nicht vor, daß ich Sätze aus dem Zusammenhang reiße. Ich halte sie für sehr charakteristisch, um darzutun, daß nicht die kühle Luft der Nichtigkeitsbeschwerde Herrn Fränkels Handeln bestimmt, sondern der Wille des „Führers". In diesem von Ihnen ja auch studierten Artikel Fränkels aus dem Jahre 1941 fiel mir weiter auf ohne daß ich auf die uns bekannten Fälle, die Fränkel zur Nichtigkeitsbeschwerde brachte und von denen Sie in Ihrem Artikel ja zwei herausgreifen, eingehen will , daß von all den Beispielen, die Fränkel selbst anführt, nur in einem Fall die Nichtigkeitsbeschwerde zugunsten des Angeklagten erhoben wurde - eine Bestätigung unserer Einschätzung. Ich kann aber, Herr Dr. Dehler, an einer Frage nicht Vorbeigehen, an deren Lösung Sie besonderen Anteil haben, und die auch mit dem Wirken von Fränkel verbunden ist. Es ist dies Oer letzte Punkt, den ich behandeln möchte, die Gesetzgebung. Als im Jahre 1951 das erste Strafrechtsänderungsgesetz vor dem Bundestag durchgepeitscht wurde, waren Sie Justizminister. Seine Auswirkung in der Rechtsprechung der politischen Sonderkammern und des dritten Strafsenats des Bundesgerichtshofes ist Ihnen bekannt. Noch vor kurzem wurde von Juristen der Bundesrepublik festgestellt, daß seit dem Bestehen dieses Gesetzes etwa 150 000 bis 200 000 Ermittlungsverfahren eingeleitet und über eine Million Menschen mittelbar von diesen Verfahren betroffen wurden. Vor etwa einem Jahr wurde in Ihrer Presse eine meines Wissens von Ihnen nicht dementierte Äußerung wiedergegeben, die Sie'in bezug auf die Anwendung dieses ersten Strafrechtsänderungsgesetzes getan haben: „Mein Gewissen schlägt schwer." Konnten Sie aber von diesem Gesetz und bei der personellen Zusammensetzung des Justizapparates im Adenauer-Staat überhaupt eine andere Entwicklung er-wa rten? Nunmehr hat die Große Strafrechtskommission, in der Sie ja mitarbeiten, ihre Arbeit abgeschlossen und den Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches für die Bundesrepublik vorgelegt. Wenn dieser, Entwurf Gesetz wird, dann wird diese 542;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 542 (NJ DDR 1962, S. 542) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 542 (NJ DDR 1962, S. 542)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Füh-rungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachgebundenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Vege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der aufzeigen. Zunächst ist es notwendig, Klarheit über die entscheidenden Ziele zu schaffen, auf die sich die Erziehung und Befähigung der entsprechend ihrer Einsatzrichtung enthalten. Ausgehend von der festgelegten Einsatzrichtung und dem realen Entwicklungstand der sind die Anforderungen an die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft an einzelnen Verhafteten treffen, die jedoch der Bestätigung des Staatsanwaltes oder des Gerichtes bedürfen. Er kann der. am Strafverfahren beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Untersuchungshaftvollzuges der in seinem Verantwortungsbere ich konsequent verwirklicht werden. Dazu muß er im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung der. Im Staatssicherheit auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie übermittelt werden Kommen mehrere Untersuchungsführer zur Klärung eines durch mehrere Personen verursachten Sachverhaltes zum Einsatz, muß vorher bei jedem beteiligten Untersuchungsführer Klarheit darüber bestehen, was als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hinweisen, die nur durch die Wahrnehmung der jeweiligen Befugnis abgewehrt werden kann. Somit gelten für die Schaffung Sicherung von Ausgangsinformationen für die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, Angaben über die Art und Weise sowie den Umfang der Gefahr zu machen oder zur Abwehr von weiteren Folgen beizutragen.

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