Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 53

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 53 (NJ DDR 1962, S. 53); § 234 StPO ausdrücklich festgelegt, daß das Gericht bis zur Verkündung des Urteils von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren Abstand nehmen kann. Damit wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens in keiner Weise zum Hemmnis für die gerechte Bestrafung des Täters zu werden braucht und es keine Durchführung eines solchen Verfahrens auf Kosten einer zu niedrigen Freiheitsstrafe geben darf. Das beschleunigte Verfahren bietet einer Privilegierung des Täters ebensowenig Raum, wie es auf Grund der in § 231 StPO gekennzeichneten Voraussetzungen zu seiner materiell- oder prozeßrechtlichen Benachteiligung führen kann. * Wenn im weiteren davon auszugehen ist, daß das Urteil in dem vom Bezirksgericht entschiedenen Fall wegen falscher Strafzumessung aufzuheben war mit dem Ziel, eine über einem Jahr liegende Freiheitsstrafe herbeizuführen, so ergibt sich daraus die nicht unproblematische Frage, ob es auf dem vom Bezirksgericht beschrittenen Wege getan werden kann, ohne wichtige prozessuale Vorschriften zu verletzen. Die Sache wurde unmittelbar an das Kreisgericht zurückgegeben mit der Maßgabe, in der erneuten Verhandlung auf eine über eipem Jahr liegende Freiheitsstrafe zu erkennen. Da dieser Weisung gemäß § 293 Abs. 3 StPO bindende Kraft beizumessen ist, hat das Kreisgericht in der erneuten Verhandlung auf eine derartige Strafe zu erkennen. Das aber hat zur Folge, daß in einem Strafverfahren auf eine Strafe erkannt wird, auf die nur erkannt werden darf; wenn bei Gericht eine Anklageschrift eingereicht und das Hauptverfahren eröffnet worden ist. Gemäß §§ 231 if. StPO darf nur bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen im beschleunigten Verfahren, d. h. in kürzester Frist und ohne schriftliche Anklageerhebung und Erlaß eines Eröffnungsbeschlusses, verhandelt werden. Hätte das Gericht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren Abstand genommen, so hätte es ebenfalls der Einreichung einer Anklageschrift bedurft (§ 234 Abs. 2 StPO). Die Tatsache, daß über die strafbaren Handlungen schon im beschleunigten Verfahren verhandelt wurde und an' Stelle des erstinstanzlichen das zweitinstanzliche Gericht die Fehlerhaftigkeit und letztlich Unzulässigkeit der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens feststellte, vermag keinesfalls die Notwendigkeit der Einhaltung solch wichtiger Prozeßgarantien, wie sie die Anklageerhebung und der Eröifnungsbeschluß darstellen, aufzuheben. Wegen der großen Bedeutung, die gerade diese prozessualen Maßnahmen zur Sicherung des gesetzlichen Rechts auf Verteidigung haben, kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Verwirklichung der Forderung nach Anklageschrift und Eröifnungsbeschluß zu einer unzweckmäßigen Verzögerung des Strafverfahrens führe. Diese prozessualen Garantien sind für die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit besonders wichtig. Zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung, die die Notwendigkeit einer Bestrafung mit etwa eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe feststellte, fehlten somit wichtige gesetzliche Grundlagen zur Realisierung dieser Forderung. Aus diesem Grunde durfte das Bezirksgericht die Sache nach Aufhebung des Urteils nicht mit bindender Weisung unmittelbar an das Kreisgericht zurückverweisen. Es mußte vielmehr veranlassen, daß zunächst die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen in Form einer Anklageschrift und eines Eröffnungsbeschlusses geschaffen wurden, um seine berechtigte Forderung verwirklichen zu können. Nach der Strafprozeßordnung ist die Zurück Verweisung einer Strafsache durch das zweitinstanzliche Gericht an den Staatsanwalt zum Zwecke der Einreichung einer Anklageschrift nicht vorgesehen. In Kassationsentscheidungen des Obersten Gerichts wird die Auffassung vertreten, daß in derartigen und ähnlich gelagerten Fällen gern. § 312 Abs. 2 StPO die Strafsache an das jeweilige Kreisgericht zurückzuverweisen ist. Von diesem ist dann ein dem § 234 Abs. 1 StPO entsprechender Beschluß zu erlassen und die Sache an den Staatsanwalt zur ordnungsgemäßen Anklageerhebung zurückzugeben.1 2 Unter Anwendung des § 290 Abs. 2 Buchst, c StPO könnte dieser Weg auch durch das Rechtsmittelgericht beschritten werden. Die Zurüdeverweisung an das Kreisgericht lediglich zum Zwecke der Übergabe der Sache an den Staatsanwalt führt jedoch zu einer m. E. nicht vertretbaren Verzögerung. Es wird deshalb die unmittelbare Übergabe der Strafsache an den Staatsanwalt vorgeschlagen. Die gesetzliche Grundlage hierfür könnte § 172 Ziff. 2 StPO sein. Dieser Auffassung kann nicht unter Hinweis auf § 174 StPO entgegengehalten werden, daß die Rückgabe an den Staatsanwalt nur zur Nachermittlung erfolgen dürfe. Durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts* und die Stellungnahme von Ziegler3 ist bereits vor längerer Zeit darauf hingewiesen worden, daß § 174 StPO keine ausschließliche Konkretisierung des Anwendungsbereichs des § 172 Ziff. 2 StPO beinhaltet, sondern mit seinem Hinweis auf die Rüdegabe an den Staatsanwalt, Wenn weitere Ermittlungen erforderlich sind, lediglich den Hauptanwendungsbereich ausdrücklich regelt. Wie Ziegler bemerkt, ergibt sich diese Schlußfolgerung auch aus § 255 Abs. 2 StPO. Der vorgeschlagenen Lösung könnte weiterhin entgegengehalten werden, daß die Rückgabe gern. § 172 Ziff. 2 StPO nur in der ersten Phase des gerichtlichen Verfahrens dem Stadium der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgen könne und es deshalb nicht möglich sei, die Rüdegabe an den Staatsanwalt auf diese Bestimmung zu stützen. So wird z. B. in dem Urteil des Obersten Gerichts vom 7. November 1955 die Auffassung vertreten, daß lediglich die Rückgabe gern. § 174 StPO im gesamten gerichtlichen Verfahren möglich sei, die Rückgabe im Sinne von § 172 Ziff. 2 StPO hingegen nur in der erwähnten ersten Phase des Gerichtsverfahrens.4 Einer solchen Auffassung steht zwar nicht § 255 Abs. 2 StPO entgegen, weil man die dort geregelte Frage dem ersten Stadium des gerichtlichen Verfahrens gleichsetzen müßte, wohl aber § 234 StPO, nach dem das Gericht bis zur Verkündung des Urteils von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren Abstand nehmen kann. Gemäß Abs. 2 bedarf es in diesem Falle der Einreichung einer neuen Anklageschrift. Wie aber soll es zur Einreichung der Anklageschrift kommen, wenn nicht durch die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt? Stellt man sich auf den 1 Die Kassationsentscheidungen beireffen Fälle, in denen hetzerische Handlungen als Staatsverleumdung qualifiziert und im beschleunigten Verfahren verhandelt wurden. In dem Urteil vom 22. September 1961 la Zst 12/61 heißt es zu der hier interessierenden Frage: „Unter diesen Umständen war auch unter Berücksichtigung der Gründe, die für eine schnelle Durchführung des Verfahrens gegen den Angeklagten sprachen, weder die Zuständigkeit des Kreisgerichts gegeben (§§ 58 Abs. 1 Buchst, a Ziff. 1, 51 GVG), noch durfte über das strafbare Verhalten des Angeklagten im beschleunigten Verfahren entschieden werden. Das Kreisgericht hätte deshalb nach § 234 StPO von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren durch Beschluß Abstand nehmen müssen. Seine Entscheidung verletzt §§ 19, 20 StEG, 232, 234 StPO und mußte deshalb aufgehoben werden. Gemäß § 312 Abs. 2 StPO war die Sache an dieses Kreisgcricht zurückzuverweisen, das nunmehr den nach § 234 StPO erforderlichen Beschluß zu erlassen und die Sache an den Staatsanwalt des Kreises zur Weitergabe an den Staatsanwalt des Bezirks zurückzugeben hat, damit dieser Anklage vor dem 1. Strafsenat des Bezirksgerichts erheben kann.“ 2 Vgl. OG, Urt. vom 7. November 1955 2 Zst II 82/55 , NJ 1956 S. 24. 3 Ziegler. „Die Rückgabe der Strafsache an den Staatsanwalt wegen Unzuständigkeit des Gerichts“, NJ 1955 S. 443. 4 NJ 1956 S. 25. 53;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 53 (NJ DDR 1962, S. 53) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 53 (NJ DDR 1962, S. 53)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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