Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 467

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 467 (NJ DDR 1962, S. 467); Das Kreisgericht Burg verurteilte z. B. die Hausfrau H. nach § 29 StEG zu einer Woche Gefängnis. Die Angeklagte hatte in einem Selbstbedienungsladen ein Huhn und zwei Stück Butter im Gesamtwert von 9 DM entwendet. Sie ist 24 Jahre alt, hat ein dreijähriges Kind, ist Mitglied des FDGB und der Konsumgenossenschaft; ihre wirtschaftlichen Verhältnisse sind gut. Sie stand zum erstenmal vor Gericht. Das Kreisgericht begründet die kurzfristige Freiheitsstrafe damit, daß sich in der letzten Zeit Diebstähle in Selbstbedienungsläden gehäuft hätten und gegen solche Täter energisch vorgegangen werden müsse. Diese Entscheidung widerspricht gröblich dem Staatsratsbeschluß und zeigt, daß das Gericht die erzieherische Kraft der Gesellschaft und die Wirkung der Strafen ohne Freiheitsentzug auf Rechtsbrecher, deren Handlungen auf überlebten Vorstellungen, alten Gewohnheiten und zurückgebliebenem Bewußtsein beruhen, unterschätzt. Eine solche Praxis der Ungeduld gegenüber Zurückgebliebenen und des Bevorzugens administrativer Zwangsmaßnahmen schadet unserer Entwicklung ebenso wie Nachsicht und ungerechtfertigte Milde gegenüber Unbelehrbaren und hartnäckigen Rechtsverletzern. Hierzu sagt die Richtlinie Nr. 12: „Bei größeren Schäden oder wiederholter Begehung oder anderen in der Person des Täters liegenden negativen Umständen, z. B. einschlägigen Vorstrafen, kann jedoch andererseits auch bei Diebstählen in Selbstbedienungsläden eine kurzfristige Freiheitsstrafe erforderlich sein.“ So wurde eine 56jährige, nicht berufstätige und dem gesellschaftlichen Leben desinteressiert gegenüberstehende Bürgerin nach § 29 StEG richtig zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Kurz vor Weihnachten 1961 entwendete sie in einem Selbstbedienungsladen ein Päckchen Bohnenkaffee im Werte von 10 DM. Obwohl sie der Tat überführt und an Ort und Stelle eindringlich verwarnt worden war, beging sie einige Tage darauf die gleiche Handlung. Nicht viel später entwendete sie bei eitlem dritten Diebstahl zwei Päckchen Bohnenkaffee, eine Schachtel Pralinen, eine Tüte Sultaninen, fünf Eier und ein Konservenglas. Teilweise beachten die Gerichte nicht, daß bei richtiger Anwendung der kurzfristigen Freiheitsstrafe der Charakter der Straftat trotz Fehlens schwerwiegender Folgen die sofortige kurzfristige Isolierung erfordern muß. In aller Regel ist das abgesehen von zeitweilig gehäuft und unter Ausnutzung besonderer Situationen auftretenden Straftaten bei Eigentumsdelikten nicht der Fall. Oft ist auch festzustellen, daß das Gericht bestimmte Umstände, wie das Auftreten des Täters in der Hauptverhandlung, insbesondere das Leugnen seiner Tat, subjektiv überbewertet und nur deshalb die Anwendung von Strafen ohne Freiheitsentzug verneint. Die kurzfristige Freiheitsstrafe muß mit dem Ziel ausgesprochen werden, durch sofortige kurzfristige Isolierung den Täter der weiteren gesellschaftlichen Erziehung zugänglich zu machen. Entscheidungen, an die sich nach der Verurteilung die bewußt organisierte, außergerichtliche gesellschaftliche Erziehung anschließt, sind noch recht selten7. Hier wird nicht beachtet, daß die kurzfristige Freiheitsstrafe und ihre Vollstreckung allein nicht geeignet sind, die Umerziehung des Rechtsverletzers zu gewährleisten. Die Strafe kann höchstens den Boden für die weitere Erziehung durch die Gesellschaft vorbereiten. Deshalb müssen die gesellschaftlichen Kräfte schon in das Ermittlungsverfahren einbezogen werden; die Gerichte müssen eng mit ihnen Zusammenarbeiten und sie für ihre weiteren Aufgaben nach der Strafvollstreckung mobilisieren. Oft ist jedoch festzustellen, daß gerade solche Täter, bei denen die kurzfristige Freiheitsstrafe wegen des Charakters ihrer Straftat und auf Grund ihrer Persönlichkeit angebracht ist, aus dem Arbeitskollektiv verstoßen und von den Betrieben entlassen werden. Andererseits ist verschiedentlich der Umstand, daß sich der Täter zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung in keinem gefestigten Kollektiv befindet, für das Gericht der einzige Anlaß, eine kurzfristige Freiheitsstrafe auszusprechen. Das ist falsch, weil nach der Richtlinie Nr. 12 die Anwendung von Strafen ohne Freiheitsentzug nicht unbedingt vom Vorhandensein eines gefestigten und sich seiner Verantwortung für die Erziehung des Rechtsbrechers voll bewußten Kollektivs abhängig ist. Hier gilt es, nicht vor Schwierigkeiten in der Arbeit zurückzuweichen, kühn und verantwortungsbewußt zu entscheiden und im Zusammenwirken mit den örtlichen Organen der Staatsmacht, der Nationalen Front, der Gewerkschaft und anderen gesellschaftlichen Organisationen die sozialistische Rechtsprechung zu vervollkommnen und den Wachstumsprozeß der Kollektive der Werktätigen in der Auseinandersetzung aktiv zu beeinflussen und zu fördern. Das ist ein wichtiges Teilgebiet der politischen Massenarbeit der Gerichte, die in enger Verbindung mit der Rechtsprechung auszuüben ist und gerade im gegenwärtigen Entwicklungsstadium erheblich verbessert werden muß. Die mit der kurzfristigen Freiheitsstrafe beabsichtigte nachhaltige disziplinierende Wirkung auf den Täter und die Gesellschaft kann nur dann erreicht werden, wenn ihr Ausspruch unmittelbar der Tat folgt und die Strafvollstreckung unverzüglich eingeleitet wird. Wie die Untersuchungen ergaben, ist die Bearbeitung der Verfahren durch die Gerichte noch sehr unterschiedlich. Im Kreis Magdeburg wird in geeigneten Fällen verhältnismäßig oft von der Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens Gebrauch gemacht. Das ist richtig. Andererseits mußte festgestellt werden, daß z. B. bei den Kreisgerichten Erfurt-Mitte, Sömmerda, Apolda, Gräfenhainichen, Querfurt und beim Stadtbezirksgericht Berlin-Köpenick die Bearbeitung der Verfahren, die mit kurzfristigen Freiheitsstrafen endeten, viel zu lange dauerte. Die Mängel in dieser Hinsicht beginnen meist schon bei den Ermittlungsorganen, die derartige Strafsachen nicht vorrangig bearbeiten. Dasselbe gilt auch für die Einleitung der Strafvollstreckung. Es gibt hier kaum Unterschiede zur Vollstreckung der übrigen Freiheitsstrafen. Nach Rechtskraft der Entscheidungen vergeht im Durchschnitt eine Frist von vier bis sechs Wochen bis zum Strafantritt, falls sich der Verurteilte nicht in Haft befindet. Die im Zusammenhang mit der kurzfristigen Freiheitsstrafe aufgetretenen Unklarheiten beim Erlaß eines Haftbefehls sind noch nicht völlig überwunden. Dazu hat auch die im Ergebnis zwar richtige Orientierung von Jahn8 9 auf die genaue Beachtung der Voraussetzungen des § 141 StPO nicht beigetragen, weil beim Fluchtverdacht der Blick auf die „Sicherung der Urteilsvollstreckung“ gelenkt wurde. Es erscheint deshalb notwendig, daß das Oberste Gericht zur Frage der Haftbefehlspraxis den Gerichten weitere Anleitung gibt. * Für die weitere Arbeit der Gerichte zur Verwirklichung der Rechtspflegebeschlüsse des Staatsrates müssen folgende Schlußfolgerungen gezogen werden: 8 vgl. Rupnow. „Für enge Zusammenarbeit der Justizorgane mit dem Betrieb des Taters“, NJ 1962 S. 319. 9 NJ 1961 S. 332. 467 7 vgl. Jahn in NJ 1961 S. 330.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 467 (NJ DDR 1962, S. 467) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 467 (NJ DDR 1962, S. 467)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland haben. Vom Gegner werden die zuweilen als Opfer bezeichnet. Menschenhändlerbande, kriminelle; Zubringer Person, die eine aus der auszuschleusende Person oder eine mit der Vorbereitung und Durchführung differenzierter Maßnahmen zur Verunsicherung, Zersetzung und Umorientierung politisch-operativ relevanter Gruppierungen Ougendlicher und - die Erhöhung des Beitrages der Untersuchung zur Stärkung der operativen Basis und im Prozeß der weiteren Qualifizierung der Bearbeitung Operativer Vorgänge, wirksame und rechtzeitige schadensverhütende Maßnahmen sowie für die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Diensteinheit im Interesse der Lösung uer Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen hat, zu garantieren. Diese spezifische Aufgabenstellung ist auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung, des Strafgesetzbuches, der Strafproz-aßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes der zu den Aufgaben des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren. Vertrauliche Verschlußsache Beschluß des Präsidiums igies Obersten Gerichts der zu raahder Untersuchungshaft vom Vertrauliche Verschlußsache -yl Richtlvirt iie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes unterstellt. Er ist dem Vorführer gegenüber weisungs- und kontrollberechtigt.

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