Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 444

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 444 (NJ DDR 1962, S. 444); Die Auffassung von Buchholz, daß wir das bürgerliche Postulat der Gesetzlichkeit weiterzuentwiekeln haben, geht fehl. Mit Forderungen nach Weiterentwicklung des bürgerlichen Prinzips der Gesetzlichkeit werden Vorstellungen von einer Kontinuität des Rechts oder Identität genährt und wird das Wesen des bürgerlichen Rechts verschleiert. Walter Ulbricht deckte auf der 5. Tagung des Staatsrates worauf sich Buchholz gleichfalls bezieht gerade das Wesen des bürgerlichen Rechts als eines Instrumentes zur Sicherung der Ausbeutung und der anderen bürgerlichen Verhältnisse'auf. Er sagte: „Dem scheinheiligen und barbarischen Schematismus des bürgerlichen Rechts, das vorgibt, ,ohne Ansehen der Person“, in Wahrheit aber ohne Rücksicht auf den Menschen ,Recht und Gesetz“ wirken zu lassen, stellen wir eine Rechtspflege und eine Gesetzlichkeit entgegen, die nicht nur alle Umstände der Begehung der Tat, sondern auch den konkreten Bewußtseinsstand des Täters berücksichtigt.“11 Damit wird die Unvereinbarkeit des bürgerlichen Rechts mit dem sozialistischen Recht und die Unvereinbarkeit ihrer Prinzipien, wie das Prinzip der Gesetzlichkeit, festgestellt. So, wie ihr Recht nicht unser Recht ist, ist ihre „Gesetzlichkeit“ nicht die unsere. Die Gefahr der Reduzierung des Verhältnisses von bürgerlichem und sozialistischem Recht auf ein quantitatives was in der Arbeit von Buchholz allerdings nicht durchgängig der Fall ist wird auch noch bei der Behandlung des sozialistischen und des bürgerlichen Juristen deutlich. Buchholz schreibt u. a.: „Damit wird an den sozialistischen Juristen eine weit höhere Anforderung gestellt als an den des bürgerlichen Staates. Dort geht es von gesetzesfeindlichen Erscheinungen abgesehen auf Grund der bürgerlichen Rechtsvorstellung im wesentlichen um eine formallogische Subsumtion, bei der im Prinzip die Spontaneität der bürgerlichen Rechtsideologie das politisch gewünschte Ergebnis liefert. Vom sozialistischen Juristen dagegen wird eine bewußte schöpferische Anwendung der gesetzlich fixierten staatlichen Leitungsprinzipien auf die Besonderheiten des einzelnen Falles verlaogt.“1- Diese Formulierung erweckt den Eindruck, daß es hier um ein Mehr oder Weniger ginge. Die klassenmäßige Unterscheidung zwischen dem sozialistischen und dem kapitalistischen Justizfunktionär ist hier verlorengegangen. Übrig bleibt, daß der eine ein Formalist ist und der andere das Recht schöpferisch anwendet. Das Fehlen des klaren Klassenstandpunktes aber hemmt nur was Buchholz nicht will den sozialistischen Richter wie überhaupt den sozialistischen Juristen, seine Fähigkeiten und Eigenschaften voll zum Nutzen der neuen Gesellschaftsordnung zu entwickeln. Es wäre wünschenswert, wenn unsere Justizpraktiker auch ihre Auffassung zum Profil des sozialistischen Justizfunktionärs mit zur Diskussion stellen würden. Buchholz zeigt in seiner Arbeit anschaulich, daß das bloße theoretische Wissen nicht genügt, sondern auch der richtige Klassenstandpunkt bezogen sein muß. Er schreibt aber z. B. in bezug auf den Klasseninstinkt und das Klassengefühl: „Diese schwierigen Fragen {der sozialistischen Rechtsanwendung G. St.) können nicht routinemäßig praktizistisch, allein mit dem Gefühl oder Klasseninstinkt, sondern nur mit einem hohen theoretischen Niveau und dem ernsthaften Bemühen, tiefer in die einzelnen Erscheinungen einzudringen, gelöst werden “. Trotz dieses richtigen Gedankens darf der proletarische Klassenstandpunkt über dem bloßen theoretischen Wissen nicht untergehen. H NJ 1961 s. 115. !2 NJ 1961 S. 747. Marx und Engels haben überdies den bürgerlichen Juristen bereits im Kommunistischen Manifest treffend charakterisiert. Sie schrieben: „Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheines entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.“13 Es wäre nützlich gewesen, davon ausgehend und in Konfrontierung mit dem bürgerlichen Juristen, die Eigenschaften des sozialistischen Juristen schärfer herauszuarbeiten. Die eingangs zitierte These von Buchholz besagt weiter, daß wir das bürgerliche Postulat der Gesetzlichkeit heute in Westdeutschland zu verteidigen haben. Damit ist das Problem der Behandlung westdeutscher Staatsund Rechtsfragen überhaupt aufgeworfen. Walter Ulbricht sagte dazu auf der Babelsberger Konferenz: „Wenn wir nur tief genug hinter die Kulissen ihrer Ideologien schauen, so tritt das Gesicht des Imperialismus immer wieder hervor, und keine Berufung auf Gott kann das verdecken. Es ist unsere Sache, die Sache der Wissenschaftler in der Deutschen Demokratischen Republik, diesen Schleier hinwegzureißen, das erwarten die Werktätigen, das erwartet die Bevölkerung Westdeutschlands von uns. Es geht darum nicht an, die Probleme der zwei deutschen Staaten nur unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Staatsstruktur und der unterschiedlichen staatsrechtlichen Abstraktionen und Gesetzgebungsakte in den beiden deutschen Staaten zu behandeln. Zweifellos ist es wichtig, nachzuweisen, wie im Bonner Staat die demokratischen Rechte und Einrichtungen zerstört und wie sie in der Deutschen Demokratischen Republik ständig entfaltet und ausgebaut werden. Aber es gilt grundsätzlich zu begreifen, daß die Zerstörung der Demokratie im Bonner Staat und die Entfaltung der Demokratie in der DDR Erscheinungsformen der Macht der Monopolbourgeoisie auf der einen, der Macht der Arbeiter und Bauern auf der anderen Seite sind Es geht um tiefgreifende gesellschaftliche und geschichtliche Entwicklungsprozesse, Entwicklungsprozesse von weltgeschichtlicher Bedeutung, und je tiefer wir sie zu analysieren verstehen und sie der Bevölkerung deutlich machen, um so rascher wird sich die gesellschaftliche Bewegung zu unseren Gunsten vollziehen Die Grundlage (der wissenschaftlichen Arbeit G. St.) muß das gesellschaftliche Entwicklungsgesetz selbst sein und die Rolle, die der Staat hier also der Bonner Staat in der Verhinderung der Durchsetzung dieses Entwicklungsgesetzes spielt.“14 Hier wird die Anleitung gegeben, von der Perspektive in ganz Deutschland auszugehen und die westdeutschen Staats- und Rechtsfragen vom sozialistischen Standpunkt, vom Klassenstandpunkt der Arbeiterklasse aus zu behandeln. Das wird aber mit der Forderung Buchholz’ nicht getan. Er steht mit seiner These von der Wiederherstellung und Verteidigung der bürgerlichdemokratischen Gesetzlichkeit auf einem Standpunkt, der von den gesellschaftlichen Notwendigkeiten ablenkt, illusionäre Vorstellungen über den Klassenkampf, seine Ziele und Fronten weckt oder nährt. Das ist der bürgerlich-demokratische Standpunkt und nicht die marxistisch-leninistische Position. In den verschiedensten Dokumenten von Partei und Staat ist nachgewiesen worden, daß in der weltgeschichtlichen Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus die Deutsche Demokratische Re- * S. 13 Marx/Engels, Ausgewählte Schriften, Moskau 1950, Bd. I, S. 26. 1'* Staats- und rechtswissenschaftiiche Konferenz (Protokoll), Berlin 1958, S. 14 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 444 (NJ DDR 1962, S. 444) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 444 (NJ DDR 1962, S. 444)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge ist ein erfolgbestimmender Faktor der operativen Arbeit. Entsprechend den allgemeingültigen Vorgaben der Richtlinie, Abschnitt, hat die Bestimmung der konkreten Ziele und der darauf ausgerichteten Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel vor allem für die Schaffung, Entwicklung und Qualifizierung dieser eingesetzt werden. Es sind vorrangig solche zu werben und zu führen, deren Einsatz der unmittelbaren oder perspektivischen Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte in abgestimmter Art und Weise erfolgt. Durch die Zusammenarbeit von Diensteinheiten des Ministeriums, der Bezirks- Verwaltungen und der Kreisdienststellen ist zu sichern, daß kein politischer Schaden entsteht. Zur Erreichung einer praxiswirksameren Umsetzung der von mir und meinen Stellvertretern gegebenen Weisungen und Orientierungen zur qualitativen Erweiterung unseres BeStandes stehen die Leiter der Hauptabteilungen und Bezirksverwaltungen Verwaltungen nicht alles allein bewältigen. Sie müssen sich auf die hauptsächlichsten Probleme, auf die Realisierung der wesentlichsten sicherheitspolitischen Erfordernisse im Gesamtverantwortungsbereich konzentrieren und die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten von Anfang an darauf dringen, daß die Dokumen-tierung im Interesse der operativen Arbeit ernster genommen wird und Veränderungen systematisch nachgetragen oder ausgewiesen werden.

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