Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 436

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 436 (NJ DDR 1962, S. 436); Schwager Bruchmann und dem ihm aus seiner Jugendzeit bekannten Zeugen Koch, die Staatsgrenze der DDR mit einem Lkw gewaltsam zu durchbrechen. Nach einer Besichtigung der Stelle, an der sie den Gewaltakt durchführen wollten, beschaffte Koch aus dem Betrieb, in dem er beschäftigt war, einen Lkw. Der Kraftfahrer des Lkw, Block, erklärte sich unter dem Einfluß des Zeugen Koch bereit, bei dem geplanten Durchbruch mitzuwirken. Da der Grenzabschnitt, an dem der Angeklagte und seine Komplicen die Grenzsicherungsanlagen durchbrechen wollten, von einem Standposten bewacht wurde, gaben sie für dieses Mal den Plan auf und fuhren das Fahrzeug nach Wilhelmsruh, wo sie es stehenließen, um einen Diebstahl vorzutäuschen. Ende Februar / Anfang März 1962 entwendete der Angeklagte zusammen mit Koch und Bruchmann einen auf dem Arkonaplatz abgestellten Lkw, um mit diesem erneut einen Grenzdurchbruch zu versuchen. Auch dieses Vorhaben scheiterte an der Wachsamkeit der Grenzsicherungsorgane. Darauf fuhren sie den entwendeten Lkw in die Lvchener Straße und ließen ihn dort stehen. Als der Angeklagte und Koch erfuhren, daß der Kraftfahrer Block auf seiner Arbeitsstelle Mitteilung von dem ersten versuchten Grenzdurchbruch gemacht hatte, beschlossen sie, sich in der Folgezeit nicht mehr in ihren Wohnungen aufzuhalten, sondern laufend ihre Aufenthaltsorte zu wechseln. Im Verlaufe dieser Zeit faßte der Angeklagte gemeinsam mit Koch den Entschluß, unter Einsatz von Waffen die Staatsgrenze zu durchbrechen. Bereits vor dem 13. August 1961 hatte der Angeklagte gemeinsam mit dem mehrfach vorbestraften Walter Siegel aus Westberlin insgesamt fünf fast neue Pistolen der Kaliber 9, 7,65 und 6,35 mm illegal eingeschleust. Davon behielt er je eine Pistole 9 und 7,65 mm, die er sorgfältig pflegte, in seinem Besitz. Er sagte in der Beweisaufnahme aus, daß er diese Waffen illegal eingeführt, aufbewahrt und getragen habe, um sich „für einen etwaigen Krisenzustand“ zu sichern. Der von dem Angeklagten und Koch entworfene Plan sah die Verwendung dieser Waffen vor. Mit den Pistolen, zu denen sie keine scharfe Munition hatten, wollten sie die Grenzpolizisten in Schach halten. Zur Vorbereitung des Grenzdurchbruchs nutzte der Angeklagte seine Beziehungen zu dem in Westberlin wohnhaften Siegel aus, mit dem er insgesamt fünf Treffs an der Staatsgrenze durchführte. Die Verständigung erfolgte über die Staatsgrenze hinweg durch Zurufe, in Form der Zeichensprache und durch an Steinen befestigte schriftliche Mitteilungen, die über den Schutzwall geworfen wurden. Auf Veranlassung des Angeklagten kundschaftete Siegel eine Stelle an der Staatsgrenze aus, die ihm deshalb für einen Grenzdurchbruch geeignet erschien, weil an dieser Stelle gute Voraussetzungen für eine aktive Unterstützung durch Westberliner Polizei vorhanden waren. Der Angeklagte erkundete seinerseits entlang der Staatsgrenze gleichfalls geeignete Durchbruchstellen. Mit Einverständnis des Siegel holte sich der Angeklagte aus der Wohnung der Mutter des Siegel eine Gaspistole mit fünf Schuß dazugehöriger Munition, die Siegel dort vor längerer Zeit versteckt hatte. Er beauftragte Siegel ferner, für den geplanten Grenzdurchbruch eine Nebelbombe zu beschaffen. Koch erteilte an Siegel den Auftrag, einen bestimmten Westberliner Bürger zur Teilnahme an diesem Komplott zu gewinnen. Das scheiterte jedoch an der Besonnenheit des Westberliner Bürgers. Von dem Tage an, an dem der Angeklagte den Plan zu einem Grenzdurchbruch mit Waffengewalt geplant hatte, trug er die Pistole vom Kaliber 9 mm ständig bei sich. Die Pistole Kaliber 7,65 mm händigte er zu dem gleichen Zweck seinem Komplicen Koch aus. Der vorstehende Sachverhalt beruht auf den Geständnissen der Angeklagten, den Aussagen der Zeugen und den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismaterialien. Die offenen Geständnisse der Angeklagten wurden auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft und für glaubwürdig befunden. Sie stimmen mit den Aussagen der Zeugen Miehlke, Hofmann. Karman. Wilde, Paykert, Jonas, Haller, Küfer, Flegel, Kargus, Blechschmidt, Köpke, Schmidt, Bürgel, Koch und Siegel, gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen, völlig überein. In keinem Punkt haben die Zeugen die Angeklagten über die von ihnen zugegebenen Verbrechen hinaus belastet. Soweit Aussagen der Zeugen über den den Angeklagten bekannten Sachverhalt hinausgingen, betreffen sie nicht das den Angeklagten mit der Anklage zur I.ast gelegte Verhalten. Die weiteren Feststellungen des Urteils beruhen auf dem von den Sachverständigen Professor Dr. Steiniger und Dr. Feige erstatteten Gutachten. Ill Die Angeklagten haben mit den von ihnen begangenen Verbrechen in unterschiedlichem Umfange und mit verschiedenen Methoden unmittelbar die aggressive Gewaltpolitik verwirklicht, mittels der die revanchistischen und militaristischen Kreise der Bonner Regierung und des Westberliner Senats die Welt in die Katastrophe eines mit Atom- und Raketenwaffen geführten dritten Weltkrieges zu stürzen drohen. Die Aufgaben und Ziele der Girrmann-Organisation und die Methoden ihres Kampfes gegen die DDR sind vor allem der Menschenhandel in den verschiedensten Formen und die Bildung von bewaffneten Banden zur Durchfühx-ung von Grenzprovokationen gegen die DDR. Sie ist eine verbrecherische Organisation, deren Tätigkeit in besonders gefährlicher Weise gegen die Grundlagen der DDR gerichtet und von deren Strafgesetzen als Staatsverbrechen gemäß §§ 17 und 21 StEG als Unternehmen unter Strafe gestellt ist. Das bedeutet, daß bereits Vorbereitungshandlungen als vollendetes Verbrechen unter Strafe gestellt sind, um derart gefährliche Angriffe bereits in ihrem Kern zu erfassen und ihnen schon im frühesten Stadium verbrecherischer Betätigung wirksam zu begegnen. Der Eintritt in eine Organisation, deren Ziel die Begehung von Verbrechen gegen solche Strafgesetze ist, die einen Unternehmenstatbestand enthalten, ist eine Handlung, die ein solches Verbrechen vorbereitet. Selbst wenn eine weitere Handlung in dieser Organisation nicht begangen wird, ist der Beitritt zu ihr eine vollendete Straftat. Die Angeklagten Steglich und Mohr sind der Girrmann-Organisation in Kenntnis von deren verbrecherischen Zielen beigetreten und haben bereits dadurch ein Verbrechen nach § 17 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Ziff. 1 StEG begangen. Dabei ist es unerheblich, daß dem Angeklagten Mohr der Name des Leiters der Organisation unbekannt war. Beide Angeklagte haben sowohl bei ihrem Beitritt zur Girrmann-Organisation als auch bei den innerhalb dieser Organisation begangenen einzelnen Verbrechen vorsätzlich gehandelt. Das ergibt sich aus ihren klaren Vorstellungen, die sie von den Aufgaben und Zielen der Organisation hatten. Soweit diese die Abwerbung und Schleusung von Bürgern der DDR durch die Staatsgrenze nach Westberlin betrafen, waren diese Aufgaben und Ziele der Organisation beiden Angeklagten bereits vor ihrem Zusammenschluß mit ihr bekannt. Steglich suchte zunächst diese Verbindung, um seinen Bruder und andere Personen nach Westberlin zu schleusen. Mohr hatte schon in Hamburg einen ausführlichen Artikel in der Zeitschrift „Der Spiegel“ zu diesen, dort als „Unternehmen Reisebüro“ bezeichneten Praktiken des Menschenhandels gelesen und bei der Übernahme seiner Aufgaben innerhalb der Organisation erfahren, um was es sich handelte. Diese Kenntnis ergibt sich auch aus der Stellung der Angeklagten innerhalb der Organisation und aus den ihnen erteilten * und von ihnen ausgeführten Aufträgen. Soweit die Organisation bei der Durchführung ihrer Tätigkeit Waffen benutzte, um damit die Grenzposten der DDR durch Bedrohung oder Tötung oder Gewährung von „Feuerschutz“ zu überwinden oder um andere gewaltsame Grenzprovo- 436;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 436 (NJ DDR 1962, S. 436) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 436 (NJ DDR 1962, S. 436)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen -wurde. Schwerpunkt bildeten hierbei Ermittlungsverfahren wegen Stral taten gemäß Strafgesetzbuch und gemäß sowie Ermittlungsverfahren wegen Straftat! gegen die staatliche und öffentliche Ordnung entwickeln können, die von Gegner als Ausdruck eines systemimmanenten Widerstandes, der Unzufriedenheit und inneren Opposition angeblich breiter Kreise der Jugend mit der Politik der Partei und die Dialektik der internationalen Klassenauseinandersetzung zu vertiefen, sie zu befähigen, neue Erscheinungen in der Klassenauseinandersetzung und im gegnerischen Vorgehen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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