Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 433

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 433 (NJ DDR 1962, S. 433); Volks- und Oberschule in Bautzen. Seine Schulzeit beendete er mit dem Abitur. Anschließend war er als Praktikant und Laborant im VEB „Sachsenwerk“ in Radeberg beschäftigt. Im Oktober 1953 verließ er illegal die DDR. Ein Jahr später nahm er das Studium an der Technischen Universität Fachrichtung Nachrichtentechnik in Westberlin auf. Wegen einer Schilddrüsenerkrankung brach er 1955 das Studium ab und verzog nach Dortmund. Dort war er als Gelegenheitsarbeiter tätig. Im Jahre 1961 setzte er das Studium an der Technischen Universität in Westberlin fort und verlegte deshalb seinen Wohnsitz wieder nach Westberlin. Ende September 1961 nahm der Angeklagte Verbindung zur Girrmann-Organisation auf, nachdem er erfahren hatte, daß diese Organisation Schleusungen von Bürgern der DDR nach Westberlin organisiert. Aus Feindschaft gegen den deutschen Friedensstaat und in Befolgung der fortgesetzten Aufrufe Westberliner Stellen in Presse, Rundfunk und Fernsehen, die Maßnahmen der Regierung der DDR zur Sicherung ihrer Staatsgrenze mit allen Mitteln zu durchkreuzen, bot er sich Girrmann zur Mitarbeit in der von ihm geleiteten Organisation an. Schon nach kurzer Zeit wurde er mit der stellvertretenden Leitung der Annahmestelle Südwestkorso 20 betraut. In dieser Funktion hätte er die Aufgabe, die Personalien und Personenbeschreibungen der aus der DDR abzuziehenden Personen aufzunehmen und karteimäßig zu erfassen. Ihm oblag es ferner, in einigen Fällen an Hand der vorhandenen Personenbeschreibung zu sondieren, welcher der ihm von der Zentrale zu diesem Zweck übergebenen Auslandspässe nach dem Ähnlichkeitsprinzip die sicherste Gewähr für die Schleusung im konkreten Fall bot. Auf Grund der in den Annahmestellen gesammelten und zusammengestellten Unterlagen wurden von der Zentrale die weiteren Maßnahmen zur Durchführung der beabsichtigten Grenzdurchbrüche mittels Betruges, Fälschung, Gewalt und anderer verbrecherischer Methoden getroffen. Durch seine Tätigkeit wirkte der Angeklagte an der Vorbereitung und Planung von insgesamt 210 Grenzdurchbrüchen mit. Davon wurden 30 auf dem Transitwege nach Skandinavien durchgeführt. Dabei handelte der Angeklagte in voller Kenntnis der von der Organisation zur Unterminierung der Staatsgrenze angewandten Praktiken. Von Anfang an waren ihm der Aufbau der Organisation und die Existenz von Spezialgruppen, die sich mit Personenschleusungen unter Ausnutzung von bestehenden Kanalisationsanlagen und dem Bau unterirdischer Stollen für diese Zwecke befaßten, bekannt. Er wußte, daß Grenzdurchbrüche nicht nur unter Mißbrauch ausländischer Reisepässe, sondern auch durch die Benutzung von Kanalisationsanlagen -und durch eigens zu diesem Zweck angelegte Tunnel organisiert und durchgeführt wurden. Von dem Leiter einer dieser Spezialgruppen, Roos, erfuhr der Angeklagte konkret, daß an der Anlage einer unterirdischen Schleuse im Gebiet von Klein-Machnow gearbeitet wird und die Anlage weiterer Stollen in Angriff genommen war. Anfang Januar 1962 erhielt er auch davon Kenntnis, daß die Girrmann-Organisation bewaffnete Provokationen gegen die Staatsgrenze der DDR plant. Im besonderen wurde er zu diesem Zeitpunkt von dem Leiter der Annahmestelle Südwestkorso, Martin, über die Vorbereitung eines Anschlages gegen die Staatsgrenze der DDR im Gebiet von Steinstücken informiert. Martin berichtete ihm, daß vorgesehen sei, nach entsprechender Vorbereitung durch die Annahmestellen eine Gruppe von Verrätern aus der DDR in dieses Gebiet einzuschleusen und während des Grenzdurchbruchs von dieser Enklave inmitten des Territoriums der DDR aus das Feuer auf die Grenzsicherungskräfte der DDR zu eröffnen. Dem Angeklagten war ferner bekannt, daß die unter seiner Mitwirkung nach Westberlin verbrachten Bürger der DDR den im sog. Flüchtlingslager Marienfelde befindlichen Geheimdienststellen zur Befragung über militärische und wirtschaftliche Vorkommnisse in der DDR zugeführt und geeignete Personen aus diesem Kreis an das Hauptquartier des amerikanischen Geheimdienstes in Oberursel weitergeleitet wurden. Der Angeklagte gehörte der Girrmann-Organisation bis zu seiner Verhaftung an. Nachdem er Ende Februar 1962 seine Tätigkeit in der Annahmestelle eingestellt hatte, weil er sich auf sein bevorstehendes Staatsexamen vorbereiten wollte, unterhielt er weiterhin enge Kontakte zu den Mitgliedern des Führungsgremiums. So unterrichtete ihn im April 1962 der Gruppenleiter Roos davon, daß an der Schleuse von Klein-Machnow eine bewaffnete Grenzprovokation geplant sei, bei der der Schleuser und ein weiterer Terrorist im Falle des Eingreifens der Grenzsicherungsorgane gezielte Schüsse auf die Genzsoldaten abgeben sollten. Einige Zeit danach teilte ihm der zur Gruppe des Roos gehörende Student „Fridolin“ mit, daß am Abend des Tages ihres Zusammentreffens ein weiterer gewaltsamer Grenzdurchbruch beabsichtigt sei. Dabei zeigte er ihm eine Pistole amerikanischen Ursprungs mit dem Bemerken, daß er diese für die Aktion am Abend benötige. Anfang April 1962 nahm der Angeklagte über einen Mittelsmann Wahls zu einer von dem Amerikaner „Can“ geleiteten Schleusergruppe die Verbindung auf. Im Auftrag dieser Gruppe, die Bürger der DDR in einem eigens dafür umgebauten Pkw nach Westberlin schmuggelte, beteiligte sich der Angeklagte an der Schleusung von mindestens fünf Personen. Er erhielt dafür 120 Westmark. Seit Ende September 1961 war der Angeklagte auch bestrebt, seinen im demokratischen Berlin als Arzt tätigen Bruder und dessen Familie abzuwerben und nach Westberlin auszuschleusen. Unter Benutzung eines westdeutschen Personalausweises, den er sich zu diesem Zweck in Dortmund hatte ausstellen lassen, besuchte er in regelmäßigen Abständen seinen Bruder, um mit ihm die verschiedenen Ausschleusungsmöglichkeiten, die ihm durch seine Zugehörigkeit zur Girrmann-Organisation und seine Tätigkeit für die „Can“-Gruppe bekannt geworden waren, zu besprechen. Wegen der mitzunehmenden Kinder seines Bruders schlugen jedoch alle Vorbereitungen, seinen Bruder mit Familie mittels ausländischer Reisepässe oder durch die Kanalisationsanlagen nach Westberlin zu schmuggeln* fehl. Sein Vorhaben, die Schleusung seines Bruders mit Familie durch einen unterirdischen Stollen vorzunehmen, wurde durch seine Verhaftung unterbunden. 2. M o h r, Carsten Der kleinbürgerlichen Verhältnissen entstammende Angeklagte ist 19 Jahre alt. Er besuchte nach der Volksschule das Gymnasium in Reinbeck und legte dort Anfang 1962 die Reifeprüfung ab. Ende April 1962 siedelte er von Hamburg-Wentorf nach Westberlin über, um an der dortigen Universität das Jura-Studium aufzunehmen. Vor seiner Übersiedlung lernte er den an der Westberliner Universität immatrikulierten Studenten Ulrich Stark kennen. Dieser teilte ihm im Zusammenhang mit dem Artikel „Unternehmen Reisebüro“ im „Spiegel“, den der Angeklagte gelesen hatte, mit, daß er Verbindung zu einer Gruppe unterhalte, die Bürger der DDR mittels westdeutscher Personalausweise und anderer verbrecherischer Methoden nach Westberlin schleust. Da Stark die feindliche Einstellung des Angeklagten kannte, forderte er ihn nach seiner Ankunft in Westberlin auf, die Schleuserorganisation zu unterstützen. Der Angeklagte erklärte sich einverstanden, als Verbindungsmann zwischen den im Gebiet der DDR befindlichen Mitgliedern der Gruppe und der Zentrale zu fungieren. Auftragsgemäß suchte er am 29. April, 2. Mai und 5. Mai 1962 das Mitglied der Gruppe, den Zeugen Jonas, im demokratischen Berlin auf, um sich bei ihm nach dem Verbleib von zwei Westberliner Studenten namens „Udo“ und „Manne“ zu erkundigen, die von der Zentrale mit bestimmten Aufträgen in das demokratische Berlin geschickt worden waren und seitdem keine Nachricht mehr gegeben hatten. Diese Erkundigungen waren erfolglos. Am 5. Mai 1962 traf der Angeklagte Mohr auf einer „Party“ mit dem Mitglied der Zentrale der Girrmann- 433;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 433 (NJ DDR 1962, S. 433) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 433 (NJ DDR 1962, S. 433)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten des Gegners und feindlich-negativer Kräfte, der bearbeiteten Straftaten sowie der untersuchten Vorkommnisse erzielt. Auf dieser Grundlage konnten für offensive Maßnahmen der Parteiund Staatsführung Ausgangsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Es konnten erneut spezielle Materialien zur Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung, insbesondere des antifaschistischen Widerstandskampfes erarbeitet und Genossen Minister sowie anderen operativen Diensteinheiten zur Verfügung gestellt werden. Auf Anforderung operativer Diensteinheiten wurden im Oahre insgesamt Speicherauskünfte - mehr als im Vorjahr - zu Personen und Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die Ergebnisse dieser Arbeit umfassen insbesondere - die Erarbeitung und Bereitstellung beweiskräftiger Materialien und Informationen zur Entlarvung der Begünstigung von Naziund Kriegsverbrechern in der und Westberlin auch die Erwartung, eine Rolle, ohne politisches Engagement leben lieh persönlichen Interessen und in der reize ausschließ-und Neigungen nachgоhen. Die untersuchten Bürger der fühlten sich in der sozialistischen Gesellschaft auftreten? Woran sind feindlich-negative Einstellungen bei Bürgern der in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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