Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 402

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 402 (NJ DDR 1962, S. 402); matisch getrennten Sachdarstellung und der Einschätzung der Persönlichkeit nicht im Einklang steht, wird der Boden entzogen. „Erst ein auf solchen Feststellungen beruhendes Urteil bringt“ wie es im Beschluß über die weitere Entwicklung der Rechtspflege vom 30. Januar 1961 heißt „die Notwendigkeit und die Gesetzlichkeit des ganzen Verfahrens für alle Beteiligten überzeugend zum Ausdruck.“ In der Richtlinie Nr. 12 des Plenums des Obersten Gerichts wird zur Anwendung der bedingten Verurteilung bei fahrlässigen Delikten darauf orientiert, diese auch dann auszusprechen, wenn schwere Folgen eingetreten sind, der Grad der Schuld des Täters aber gering ist15. Diese Feststellung ist für die Verkehrsstrafsachen mit fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung von richtungweisender Bedeutung. Hiermit wird der vielfach noch vorhandenen Auffassung, daß bei bestimmten Folgen der Entzug der Freiheit erforderlich ist, der Boden entzogen. Die Kernfrage ist die genaue Herausarbeitung des Grades der Schuld, wodurch auch die wichtigsten Charaktereigenschaften insbesondere die ideologische Position , die den konkreten Widerspruch im Bewußtsein des Täters aufdecken, bloßgelegt werden. Erst auf dieser Grundlage kann im Einzelfall entschieden werden, welche Maßnahmen notwendig sind, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten und den Angeklagten zu erziehen. Diese Feststellungen tragen objektiven Charakter, und es ist daher kein Platz für allgemeine Ausführungen, z. B. über die Situation im Straßenverkehr, über das Ansteigen der Verkehrsunfälle oder aber für allgemeine Abhandlungen zur Täterpersönlichkeit. Rolle und Bedeutung der Arbeitskollektive Wenig Beachtung findet die Frage, welche Möglichkeiten im unmittelbaren Lebensbereich des Täters für seine Erziehung vorhanden sind. RBenjamin führt hierzu aus: „Das hohe sozialistische Bewußtsein, das sich im Produktionsaufgebot der Industriearbeiter, in Briefen und Aufrufen an ihre Arbeitskollegen in verschiedenen Betrieben widerspiegelt, der Kampf um die Erfüllung der Marktproduktion und die Wirtschaftlichkeit in den LPGs, um die ,ehrliche Ehe' sie zeigen ein Wachstum der moralischen Kräfte der Bevölkerung, das im Sinne des Beschlusses des Staatsrates auch bei der Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit strafbarer Handlungen und der Kraft des Kollektivs, in dem der Täter arbeitet und lebt, nicht außer acht gelassen werden darf.“16 Das einzelne Strafverfahren wird noch isoliert vom Entwicklungsstand des Arbeitskollektivs des Angeklagten eingeschätzt und durchgeführt. In folgender Strafsache zeigt sich dies deutlich: Die Möglichkeiten und Voraussetzungen einer Erziehung des Angeklagten im Kollektiv blieben in diesem Fall völlig außer Betracht. Dafür wurde aber ausgeführt, daß es jetzt an der Zeit sei, den Angeklagten zu einem verantwortungsbewußten Bürger unseres Staates zu erziehen (wie das geschehen soll, blieb offen). Weiter wurde gesagt, daß er, der Angeklagte, die Kritik seiner Vorgesetzten achten müsse und nicht leichtfertig handeln dürfe. Es komme darauf an, sein Berufsleben verantwortungsbewußter und disziplinierter einzurichten, vor allem Stetigkeit im Arbeitsprozeß zu erwirken. Er müsse versuchen, seine Fehler in einem volkseigenen Betrieb wiedergutzumachen. Zum 15 NJ 1961 S. 292. Vgl. hierzu auch das Urteil des Obersten Gerichts 3 Zst III 17/62 aul S. 5 dieses Heltes. 16 H. Benjamin, a. a. O., S. 603. Schluß wurde noch ausgeführt, daß er berücksichtigen möge, daß durch .seine Handlungsweise das Leben und die Gesundheit unserer Bürger im höchsten Maße gefährdet wurden. Er müsse jetzt die Gesetze des Staates anerkennen und die StVO einhalten. Voraussetzungen, die das, worüber im Urteil abstrakt und losgelöst von der gesellschaftlichen Notwendigkeit im einzelnen gesprochen wurde, gewährleisten, wurden allerdings nicht geschaffen. Diese liegen nur dann vor, wenn das Kollektiv, in dem der Täter arbeitet, am gesamten Strafverfahren beteiligt wird. Dadurch wird es befähigt, die weitere Erziehung des bedingt Verurteilten zu übernehmen. Häufig sind auch bestimmte negative Erscheinungen im Kollektiv, wie z. B. das Trinker am Arbeitsplatz, Bedingungen, die die Straftat begünstigen. Dabei geht es nicht nur um die passive Aufdeckung der begünstigenden Faktoren, sondern vielmehr um die aktive Einwirkung zur Überwindung dieser Schwächen, womit auch gleichzeitig der Boden für die Erziehung des Verurteilten geschaffen wird. Die Rolle des Kollektivs sollte auch bei Verkehrsdelikten mehr beachtet und genutzt werden. Zur Beurteilung der unter Alkoholeinfluß begangenen Verkehrsdelikte Unrichtig ist u. E. die Feststellung einiger Gerichte, daß das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinwirkung von so großer Gesellschaftsgefährlichkeit ist, daß ein Kraftfahrer, der in diesem Zustand einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht, grundsätzlich nicht bedingt verurteilt werden kann. Diese Tendenz zeigt sich in einigen Entscheidungen von Kreisgerichten im Bezirk Potsdam. Und es kann deshalb auch der Ansicht Quessels nicht zugestimmt werden17, wonach die Auffassung, die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinwirkung sei stets ein so schweres Verbrechen, daß der Ausspruch einer Strafe ohne Freiheitsentzug nicht gerechtfertigt sei, als überwunden angesehen werden könne. Das bestätigt er auch in seinen weiteren Ausführungen, wenn er schreibt, daß gegenwärtig bei den Gerichten hinsichtlich der Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit von Alkoholdelikten noch unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angelegt werden. So komme es bei gleichgelagerten Fällen zu erheblichen Differenzen im Strafausspruch. Zweifellos läßt die Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluß schon wichtige Schlußfolgerungen für den Umfang der Schuld und den Bewußtseinsstand des Täters zu, die im ersten Moment gegen eine r dingte Verurteilung sprechen. Es geht jedoch auch in diesen Fällen um die allseitige Einschätzung der Tat unter Berücksichtigung des Täters. Jedes voreingenommene Herangehen führt zu Fehlern. Es ist U. E, durchaus möglich, auch in diesen Fällen zu einer Strafe ohne Freiheitsentzug zu kommen. Notwendig wird es sein, im Kollektiv Voraussetzungen zu schaffen, die es ermöglichen, das Anliegen der bedingten Verurteilung auch zu realisieren. In diesem Zusammenhang sind wir der Auffassung, daß sich in dem Artikel von Osmetda'1*, wonach eis&e Übergabe von Vergehen nach § 49 StVO an die Konfliktkommission auf Grund der Gesellschaitsgefährlich-keit grundsätzlich nicht möglich sein soll, neben der bereits genannten Unterschätzung des Kollektivs und 17 Quessel, .Zur Rechtsprechung der Gerichte ln Straßenverkehrssachen“, NJ 1961 S. 604. 18 Osmenda, „Zur Behandlung von Vergehen gegen § 49 StVO vor der Konfliktkommission“, NJ 1962 S. 119 ff.; vgl. hierzu auch die kritischen Stellungnahmen von Hummel/Gruhn und Rymon in NJ 1962 S. 348 sowie Grevenrath in NJ 1962 S. 368 ff. 402;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 402 (NJ DDR 1962, S. 402) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 402 (NJ DDR 1962, S. 402)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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