Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 349

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 349 (NJ DDR 1962, S. 349); „Das Gericht muß bei der Eröffnung des Hauptverfahrens eigenverantwortlich prüfen, ob es bei Straftaten von geringer Gesellschaftsgefährlichkeit im Interesse der Erziehung des Täters oder der Einwirkung auf bestimmte Bevölkerungskreise nicht wirksamer ist, daß sich die Konfliktkommission mit dieser Gesetzesverletzung befaßt.“3 Dieser Forderung stimmt Osmenda zu. Nur meint er, die Verletzung des § 49 StVO sei in der Regel so gesellschaftsgefährlich, daß eine Übergabe an die Konfliktkommission grundsätzlich nicht möglich sei. Die Gesellschaftsgefährlichkeit leitet er aus der erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und der damit verbundenen Gefährdung des Straßenverkehrs her. Mit anderen Worten: Wer den § 49 StVO verletzt, ganz gleich unter welchen Umständen, ganz gleich welche Täterpersönlichkeit, gehöre vor das Gericht. Eine solche Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit ist zu absolut, versperrt uns die Differenzierungsmöglichkeit, verletzt das Gesetz und unterschätzt die Kraft der Kollektive. Der Beschluß des Staatsrates verlangt jedoch die allseitige Beachtung des gesetzlichen Tatbestandes. Um den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit festzustellen, muß man die objektiven Umstände und Folgen der Straftat und die Persönlichkeit des Täters, seine Entwicklung, seinen Bewußtseinsstand und sein gesellschaftliches Verhalten gründlich einschätzen, denn alle diese Faktoren bestimmen den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit. Natürlich spielt in unseren Fällen der Promille-Gehalt des Alkohols im Blut eine wichtige Rolle. Allein daran jedoch den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit ?u messen, ist zu einseitig und verführt zum Schematismus. Es gilt auch für die Verletzungen des § 49 StVO die Feststellung des Stadtgerichts von Groß-Berlin'1, daß der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit von der Gesamtheit der objektiven und subjektiven Umstände der strafbaren Handlung bestimmt wird. Bei gewissenhafter Prüfung all dieser Umstände ergeben sich in der Praxis viele Fälle, die nur einen geringen Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit aufweisen und sich deshalb für eine Abgabe an die Konfliktkommission eignen. Osmendas Schlußfolgerung engt die Differenzierungsgrundsätze ein. Sie klammert eine so wichtige Seite wie die Abgabe an die Konfliktkommission aus und beschränkt sie auf Ausnahmefälle. Mit dem gleichen Recht könnte man das auch auf andere Deliktsgruppen übertragen, die einen bestimmten Schwerpunkt in der Kriminalität darstellen. Solche Delikte sind z. B. die Diebstähle in Selbstbedienungsläden, das unberechtigte Benutzen von Kraftfahrzeugen, Körperverletzungen, Lohnbetrügereien usw. Wollte man sie alle hinsichtlich der Abgabe an die Konfliktkommission generell auf Ausnahmefälle beschränken, so würden wir dem Staatsratsbeschluß nicht gerecht. Natürlich ergeben sich aus der Durchsetzung der Prinzipien der sozialistischen Straf Politik bei den Verletzungen des § 49 StVO weitere Probleme, die geklärt werden müssen. So muß man nach neuen Wegen bed der Bestrafung der Übertretungen nach §§ 5 und 48 StVO suchen. Die Überlegungen müssen jedoch in der Richtung angestellt werden, wie eine bessere Differenzierung durchgesetzt und das Kollektiv wirksamer in die Erziehung einbezogen werden kann. Wir haben in einigen Kreisen unseres Bezirks Untersuchungen angestellt, welche Verfahren für die Abgabe an die Konfliktkommissionen geeignet waren und wie die Konfliktkommissionen ihrer erzieherischen Rolle gerecht wurden. Dabei sei vorausgeschickt, daß die Ab- * 3 IJJ 1961 S. 213. * NJ 1958 S. 210. gäbe sehr zögernd geschieht und nicht befriedigen kann. Im Januar 1962 wurden insgesamt nur fünf Verfahren an die Konfliktkommissionen abgegeben, im Februar nicht ein einziges. Da die Fälle der Trunkenheit am Lenkrad einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Kriminalität ausmachen, war die Linie, die auch in den Artikeln von W. und M. Schmidt, Osmenda und Queißer zum Ausdruck kommt, mit eine der Ursachen für die ungenügende Differenzierung bei diesen Delikten. In den folgenden beiden Beispielen hätte das Verfahren an die Konfliktkommissionen abgegeben werden können: 1. Im Kreis Oelsnitz fuhr ein Straßenarbeiter mit seinem Motorrad früh zur Arbeitsstelle. Am Nachmittag begann es zu regnen, und die Arbeiter suchten ihren Bauwagen auf. Hier trank dieser Arbeiter zwei Flaschen Bier. Auf dem Nachhauseweg trank er in einer GastwirtschaftT noch einige Glas Bier. Gegen 24.00 Uhr fuhr er mit seinem Motorrad auf einer verkehrsarmen Straße nach Hause. Er wurde von einer Verkehrskontrolle gestellt; die durchgeführte Blutalkoholbestimmung ergab 1,8 %0. Sein Hauptbetrieb war der SUB Plauen, unmittelbar unterstand er jedoch der Straßenmeisterei in Oelsnitz. Der Hauptbetrieb beurteilte ihn; sein Straßenmeister als Verantwortlicher seines Kollektivs wurde nicht mit herangezogen. Zufällig erfuhr dieser von der Hauptverhandlung. Der Straßenarbeiter ist seit 1923 aktiver Genosse der KPD und leistet in seiner Wohngemeinde eine hervorragende gesellschaftliche Arbeit. Er ist Gemeindevertreter und Leiter des Volkschores. Seit 1928 besitzt er die Fahrerlaubnis und hat sich bisher vorbildlich im Straßenverkehr verhalten. Die Hauptverhandlung erfolgte ohne Einbeziehung des Arbeitskollektivs und endete mit einem öffentlichen Tadel. Der Vorsitzende der Konfliktkommission, der über große Erfahrungen verfügt und bereits gute, erzieherische Verhandlungen durchgeführt hat, wußte davon nichts. Er wäre in der Lage gewesen, die Konfliktkommissionssitzung in der Straßenmeisterei Oelsnitz durchzuführen und dabei erzieherisch auf alle Kollegen einzuwirken. 2. Ein Maschinenformer aus dem Kreis Werdau fuhr mit seinem Fahrrad unter erheblicher Alkoholeinwirkung (1,95 %„) auf einer Hauptverkehrsstraße und stürzte. Drei Monate nach der Tat wurde er vom Kreisgericht zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er wird vom Betrieb sehr positiv beurteilt. Er kam in eine Abteilung, in der die Kollegen eine schlechte Einstellung zur Arbeit hatten, und war einer von denen, die im Zusammenhang mit dem Produktionsaufgebot in dieser Abteilung den Durchbruch erzielten. Obwohl in dieser Betriebsabteilung auf Grund der körperlich schweren Arbeit besonders im Sommer getrunken wird, gehört der Täter in keinem Fall zu denen, die während der Arbeitszeit viel Alkohol zu sich nehmen. Der Vorfall wird als Ausnahme eingeschätzt. Der Täter besitzt in seinem Wohnort einen guten Leumund. Der AGL-Vorsitzende, der mit dem Täter eng zusammenarbeitete, brachte eindeutig zum Ausdruck, daß eine Verhandlung vor der Konfliktkommission richtig gewesen wäre. Ein befragter Arbeitskollege erkannte sehr richtig, daß die Verhandlung vor der Konfliktkommission unter Hinzuziehung der Arbeitskollegen durchaus eine nachhaltige Erziehungsmaßnahme auch für die anderen dargestellt hätte. Wie wirkungsvoll eine richtig durchgeführte Verhandlung vor der Konfliktkommission sein kann, zeigt folgendes Beispiel: Die Konfliktkommission der MTS Waldenburg im Kreis Glauchau beschäftigte sich mit einem Kollegen, der 349;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 349 (NJ DDR 1962, S. 349) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 349 (NJ DDR 1962, S. 349)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen Staatssicherheit eingeleitet werden konnten, an der Gesamtzahl der wegen Staatsverbrechen eingeleiteten Ermittlungsverfahren annähernd gleichgeblieben., Der Anteil von Ermittlungsverfahren, denen registriertes operatives Material zugrunde liegt, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie vorhandenen oder zu schaffenden Möglichkeiten des Einsatzes wissenschaftlich-technischer Geräte sind verstärkt für Durchsuchungshandlungen zu nutzen. Werden diese sechs Grundsätze bei der Körper- und Sachdurchsuchung bei Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit auch noch während ihres Vollzuges. Es ist jedoch nach Auffassung der Autoren erforderlich, in einem Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten und die grundsätzlichen Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter sind durch die Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik Geheime Verschlußsache öStU. StrafProzeßordnung der Deutschen Demo gratis chen Republik Strafvollzugs- und iedereingliederun : Strafvöllzugsordnung Teil Innern: vom. iSgesetzih, der Passung. des. Ministers des. Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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