Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 340

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 340 (NJ DDR 1962, S. 340); Samtentwicklungsprozeß der Wechselbeziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft. In Fällen minderschwerer Gesellschaftsgefährlichkeit spitzen sie den Widerspruch zwischen Individuum und Gesellschaft in der Regel nur einmalig und zeitlich begrenzt bis zum Konflikt mit der Rechtsordnung zu. Es kommt zu einmaligen Entgleisungen, die zum sonstigen Verhalten und Bewußtsein des Täters im Widerspruch stehen. Das gilt für die überwiegende Mehrheit der Straftaten. Wir dürfen jedoch nicht übersehen, daß bei schweren Verbrechen im Einzelfall und bei ausgeprägter Rückfälligkeit die Züge des Antagonismus so stark wirksam werden, daß die Gemeinsamkeit zwischen Individuum und Gesellschaft erheblich gestört oder ganz aufgehoben wird, so daß harte Strafen erforderlich sind, die bis zur lebenslänglichen Isolierung von der Gesellschaft und bis zur Todesstrafe gehen können. Wir haben nicht nur zwischen den von feindlichen Agenturen organisierten Verbrechen und der übrigen allgemeinen Kriminalität zu differenzieren, sondern innerhalb dieser wiederum zwischen Handlungen, die eine grobe Mißachtung der sozialistischen Rechtsordnung durch einzelne schwere Verbrechen oder durch häufige Rückfälligkeit darstellen, und jenen Verstößen, die als einzelne Entgleisung im Verhalten des Bürgers zu werten sind. Diese im Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege vom 30. Januar 1961 vorgenommene Differenzierung decken auch Melzer und Klotsch an Hand der Lehre von den Widersprüchen und der Erkenntnistheorie nicht auf, sondern sie verwischen die Grenzen zwischen ihnen, so daß die schwere allgemeine und die echte Rückfallkriminalität nur am Rande erwähnt wird, obwohl sie neben der Feindtätigkeit als Schwerpunkt Nummer 2 mit den Mitteln des staatlichen Zwanges energisch und unnachsichtig bekämpft werden muß. So müssen wir beispielsweise der Kristallisation eines, wenn auch relativ kleinen Prozentsatzes von mehrmals straffällig werdenden Elementen künftig mehr Beachtung schenken. Während die Kriminalität in den vergangenen Jahren allgemein erheblich zurückgegangen ist, hat die Zahl der Vorbestraften, die erneut verurteilt werden mußten, wesentlich langsamer abgenommen. Bei der Ausschaltung bestimmter schwerer Verbrechen gibt es bisher nur geringe Fortschritte. So kristallisiert sich bei stetig wachsender sozialistischer Bewußtheit und Disziplin der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung ein gewisser Teil heraus, der nur durch harte staatliche Zwangsmaßnahmen diszipliniert und umerzogen werden kann. Diese prinzipielle Differenzierung und die Abstufungen in den einzelnen Fällen können wir m. E. nur dann erfassen, wenn zwischen antagonistischen und nichtantagonistischen Widersprüchen unterschieden und dabei davon ausgegangen wird, daß in dem nichtantagonistischen Widerspruch, der in Verbrechen in Erscheinung tritt, je nach der Schwere der Tat und dem Verhalten des Täters Züge und Elemente des Antagonismus mit graduell verschiedener Intensität wirksam werden. Dabei gehen wir von folgendem Leitmotiv aus: „Unsere Rechtspflege knüpft an das Gute im Menschen an. Die sozialistische Gesellschaft schließt keinen aus der Gesellschaft aus. Es ist ihr ständiges Bestreben, jeden, der nicht ihr verschworener Feind ist, in das große Kollektiv der Erbauer der sozialistischen Gesellschaft, des Wohlstands, Glücks und der Freiheit des Volkes einzubeziehen.“3 * * Die häufig getroffene Feststellung, die Wurzel der Straftaten sei im rückständigen, bürgerlichen Bewußt- 3 W. Ulbricht, „Zum Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege“, NJ 1861 S. 115 fl. 340 sein zu suchen, hilft nur den Charakter der ideellen Triebkräfte dem Wesen nach richtig erfassen, nicht aber ihre ganze Widersprüchlichkeit und Kompliziertheit in ihrer gesetzmäßigen dialektischen Entwicklung und Abstufung, in ihrer konkreten Kombination zwischen Altem und Neuem in der gegenwärtigen Etappe des entfalteten sozialistischen Aufbaus. Man muß daher den Bewußtseinsstand jedes Täters konkret untersuchen und einschätzen, um den Grad des Gegensatzes zwischen Altem und Neuem im Kopf des Menschen aufzudecken und um daraus die Möglichkeit und Notwendigkeit der Bekämpfung des Alten durch die Stärkung des Neuen mit den spezifischen Mitteln des Strafrechts entsprechend dem gesetzlichen Tatbestand abzuleiten. So ivenig man das Gemeinsame ignorieren und nur das Gegensätzliche sehen darf, so wenig darf man daran Vorbeigehen, daß der fortschreitende sozialistische Aufbau ein immer konsequenteres und zielstrebigeres Bekämpfen der Überreste des Alten im Neuen mit Zwang und Überzeugung erfordert'*. Auf die hier zu berücksichtigende Dialektik des Entwicklungsprozesses wies Walter Ulbricht auf der Babelsberger Konferenz 1958 hin, als er ausführte: „Je weiter wir den Sozialismus entwickeln, um so schärfer tritt der Gegensatz von Sozialismus und Kapitalismus, und sei es auch in den kleinen Dingen des täglichen Lebens, hervor, und wir sollten diesen Gegensatz nicht verwischen, sondern ihn klar herausarbeiten, denn je klarer wir ihn herausarbeiten, desto schärfer arbeiten wir das Neue heraus, stellen es dem Alten entgegen und entfalten die Kräfte des Volkes für die Lösung der neuen Aufgaben.“5 In diesem Sinne ist es durchaus richtig, wenn Lekschas und Renneberg sagen, daß die Kriminalität gemes-sen am gesellschaftlichen Fortschritt immer schärfer hervortritt und unerträglicher wird0. Das Verbrechen ist und bleibt eine besonders krasse und gefährliche Auswirkung der Überreste des Alten im Neuen und des äußeren kapitalistischen Einflusses. Und diese Überreste treten mit dem siegreichen Sozialismus als Antipode des Neuen immer augenfälliger hervor und werden auch immer unvereinbarer mit der Ideologie, Moral und Lebensweise und mit den Aufgaben der Gesellschaft. Lekschas und Renneberg übersehen jedoch, daß dieses schärfere Hervortreten, diese immer deutlicher werdende Unverträglichkeit des Alten mit dem Neuen eine Folge des Erstarkens, der Ausdehnung des Neuen ist. Das stetige Wachsen des Neuen, . des Sozialismus, ermöglicht und erfordert neue Formen und Wege zur Überwindung des Alten. Das gilt auch für das Strafverfahren und den Strafvollzug. Entsprechend der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR, entsprechend den nach dem 13. August 1961 entstandenen veränderten, besseren Bedingungen für die Verwirklichung des Staatsratsbeschlusses können in stärkerem Maße Strafen ohne Freiheitsentzug angewandt und alle Möglichkeiten der gesellschaftlichen Erziehung genutzt werden. In der strafbaren Handlung spitzt sich der Widerspruch zwischen den objektiven Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus und der Zurückgebliebenheit im Bewußtsein und Verhalten eines Menschen bis zum Konflikt mit den in der Rechtsordnung für alle als verbindlich erklärten Normen und Formen der Beziehungen zwischen Bürger und Gesellschaft und zwischen den Bürgern zu. Hier stößt die von Anarchismus, Individualismus, Egoismus und Verantwortungslosig- * Vgl. Rede des Genossen Scheiepin auf dem XXII. Parteitag der KPdSU, Presse der Sowjetunion 1961, Nr. 135, S. 2973. 5 Staats- und Rechtswissenschaftliehe Konferenz, Protokoll, Berlin 1958, S. 27. NJ 1962 S. 78 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 340 (NJ DDR 1962, S. 340) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 340 (NJ DDR 1962, S. 340)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , unter konsequenterWahrung der Rechte Verhafteter und Durch- Setzung ihrer Pflichten zu verwirklichen. Um ernsthafte Auswirkungen auf die staatliche und öffentliche Ordnung Ausgehend von den Bestrebungen des Gegners, Zusammenrottungen und andere rowdyhafte Handlungen als Ausdruck eines angeblichen, sich verstärkenden politischen Widerstandes in der hochzuspielen, erfolgte von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird. In den entsprechenden Festlegungen - sowohl mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen und politischen Stellung in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage der Richtlinie und der dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen sowie den langjährigen. Realitäten auch begrifflich Rechnung Arbeitseinsatz kommenden Straf- Strafgefangenen - zu arbeiten.

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