Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 325

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 325 (NJ DDR 1962, S. 325); Selbständig handelnd brachte die Angeklagte W. W. ebenfalls im genossenschaftlichen Eigentum stehenden Hafer an sich. Sie nutzte dabei den Umstand aus, daß genossenschaftlicher Hafer auf dem Boden ihres Wohnhauses, zu dem sie ständig Zutritt hatte, lagerte. Auf dem gleichen Boden lagerte auch der den Angeklagten gehörende Hafer. Am 23. Juni 1961 nahm sie etwa zwei Kilogramm des genossenschaftlichen Hafers an sich, den sie mit einem Besen zusammengekehrt hatte. Zur Verdeckung dieses Diebstahl schüttete sie Weizen auf den in einem Eimer befindlichen Hafer. Von dem Zeugen H., der sie dabei beobachtet hatte, wurde sie gestellt und veranlaßt, den Hafer zurückzugeben. Die Angeklagten haben diese Diebstahlshandlungen begangen, um dadurch die für ihre individuelle Wirtschaft bestehenden Futterschwierigkeiten zu überwinden. Die Menge des entwendeten Naßfutters hätte 125 Futterrationen für ein Schwein ergeben. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat zugunsten der Angeklagten die Kassation beider Entscheidungen wegen Gesetzesverletzung durch Nichtanwendung des g 1 StEG und des dadurch bedingten gröblich unrichtigen Strafausspruchs hinsichtlich der Strafart beantragt. Der Kassationsantrag, mit dem die tatsächlichen Feststellungen und der Schuldausspruch nicht angefochten werden, hatte Erfolg. Aus den Gründen: Dem Kassationsantrag ist beizupflichten, daß das Kreisgericht bei der Strafzumessung, und zwar hinsichtlich der Art des Strafausspruchs, die dazu sowie zur Anwendung der kurzfristigen Freiheitsstrafe vom Plenum des Obersten Gerichts in der Richtlinie Nr. 12 ausgesprochenen Grundsätze nicht beachtet und deshalb fehlerhaft auf eine kurzfristige Freiheitsstrafe erkannt hat. Nach den in Abschnitt II Ziff. 2a und b der Richtlinie Nr. 12 erläuterten Voraussetzungen für den Ausspruch kurzfristiger Freiheitsstrafen ist deren Anwendungsbereich auf solche Täter beschränkt, bei denen eine der Tat unmittelbar folgende kurzfristige Isolierung notwendig ist, um sie durch diese stark disziplinierend wirkende Maßnahme der weiteren erzieherischen Einflußnahme seitens der Gesellschaft zugänglich zu machen. Diese Voraussetzungen sind jedoch bei diesen Angeklagten nicht gegeben. Dem Kreisgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß das Verhalten beider Angeklagten gröblich gegen die Interessen 'der anderen Mitglieder der Genossenschaft verstößt und sich hemmend auf die weitere Festigung und Entwicklung der Genossenschaft auswirkt. Das Kreisgericht hat auch richtig festgestellt, daß sich die Angeklagten nicht fest zum Kollektiv der Genossenschaft hingezogen fühlen. Diese Umstände rechtfertigen aber nicht den Ausspruch einer kurzfristigen Freiheitsstrafe, weil sie an den Ursachen des Verhaltens der Angeklagten vorbeigeht und deshalb nicht geeignet ist, die für die Angeklagten erforderliche erzieherische Wirkung auszulösen. Das Kreisgericht hat nicht genügend gewürdigt, daß sich der Prozeß des Umdenkens vom Ich zum Wir gerade unter der Landbevölkerung nicht gleichmäßig, sondern unter erheblichen Widersprüchen vollzieht. Das zeigt sich auch bei dem Angeklagten A. W., der vor seinem Beitritt zur LPG gut gearbeitet hat und bis zu den Neuwahlen im vergangenen Herbst als Stadtverordneter für die VdgB auch gesellschaftlich aktiv tätig war. Beide Angeklagten haben zwar den Weg zur genossenschaftlichen Großproduktion gefunden; in ihrem Bewußtsein gibt es jedoch eine ganze Anzahl von noch nicht überwundenen alten Auffassungen, die ihren vollen und bewußten Einsatz für die Interessen -der Genossenschaft erschweren. Diese Auffassungen sind die Ursache für die Bevorzugung der individuellen Wirtschaft; sie äußern sich sowohl in der Straftat wie auch darin, daß beide relativ wenig Arbeitseinheiten geleistet haben. Solche Erscheinungen, wie sie auch in einer Reihe anderer landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften zu beobachten sind, müssen im Prozeß der ständigen Weiterentwicklung der genossenschaftlichen Großproduktion in der Landwirtschaft und durch eine bei aller Konsequenz geduldige und beharrliche Überzeugungsarbeit überwunden werden. Eine undifferenzierte Anwendung von kurzfristigen Freiheitsstrafen ist nicht geeignet, diesen Prozeß zu unterstützen. Bei sorgfältiger Beachtung der Richtlinie hätten das Kreisgericht und gleichermaßen auch das Bezirksgericht unter diesen Umständen zu einer bedingten Verurteilung gemäß § 1 StEG kommen müssen, dies um so mehr, als der entstandene materielle Schaden nicht sehr groß ist. Dem stehen auch nicht eine Reihe anderer Umstände entgegen, die das Kreisgericht zudem unzulässigerweise bei der Beurteilung mit herangezogen hat, obwohl die Angeklagten dazu weder im Ermittlungsverfahren noch in der Beweisaufnahme gehört worden sind. So führt das Kreisgericht an, daß A. W. durch negierende Äußerungen der ideologischen Festigung der LPG entgegengewirkt habe. Es stützt sich dabei offenbar auf die Aussage des LPG-Vorsitzenden in der Hauptverhandlung, ohne jedoch konkret darzulegen, welcher Art diese negierenden Äußerungen waren. Auch die Beurteilung Bl. 9. d. A. wurde ausweislich des Protokolls in der Hauptverhandlung nicht erörtert. Den Angeklagten wird weiter zum Vorwurf gemacht, daß sie nicht auf ihre jüngste Tochter eingewirkt haben, um diese von der Notwendigkeit zum Eintritt in die LPG zu überzeugen. Auch aus diesem Verhalten der Angeklagten geht hervor, daß sie noch nicht von den Vorteilen der sozialistischen Produktion in der Landwirtschaft und davon überzeugt sind, daß dies der einzige Weg ist, der ihren eigenen und den Interessen der Gesamtheit der Bürger der DDR entspricht. Gerade diese Einstellung der Angeklagten zeigt, daß mit der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR' die bewußtseinsmäßige Entwicklung noch keineswegs abgeschlossen ist, sondern daß neben der guten fachlichen Leitung der Genossenschaften der Auseinandersetzung mit solchen falschen Auffassungen allergrößte Bedeutung zukommt. Der Gesetzmäßigkeit der sozialistischen Entwicklung in unserer Republik widerspricht es jedoch, bei Straftaten, die nicht Ausdrude einer feindlichen Einstellung zum Arbeiter-und-Bauern-Staat und nur in geringem Maße gesellschaftsgefährlich sind, die Verhängung einer Freiheitsstrafe damit zu begründen, daß der Täter Unklarheiten über die Perspektiven des Aufbaus des Sozialismus habe. Das zu erkennen, wäre auch Aufgabe des Bezirksgerichts gewesen, das die insoweit durchaus begründeten Berufungen nicht hätte verwerfen dürfen, sondern dem damit gestellten Antrag auf Ausspruch einer bedingten Verurteilung hätte stattgeben müssen. Beide Entscheidungen waren daher antragsgemäß wegen Nichtanwendung des § 1 StEG aufzuheben, und zwar das Urteil des Kreisgerichts im Strafausspruch. In diesem Umfang war die Sache an das Kreisgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, das unter Beachtung der gegebenen Hinweise gemäß § 1 StEG bedingte Freiheitsstrafen auszusprechen und durch Einbeziehung der fortschrittlichen Kräfte innerhalb der Genossenschaft zu veranlassen hat, daß sich die Genossenschaftsmitglieder mit dem Verhalten der Angeklagten auseinandersetzen und erzieherisch auf sie einwirken. Bei dem Ausspruch der durchaus gerechtfertigten Geldstrafen sowie der Anordnung der öffentlichen Bekanntmachung hat es zu verbleiben. 325;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 325 (NJ DDR 1962, S. 325) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 325 (NJ DDR 1962, S. 325)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

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