Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 298

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 298 (NJ DDR 1962, S. 298); Das Kernproblem eines jeden demokratischen Strafrechts ist die genaue Beschreibung des Begriffs der Schuld. Nur derjenige kann bestraft werden, der sich einer Straftat schuldig gemacht hat. Das bedeutet, daß der Täter einen genau umschriebenen äußeren Tatbestand erfüllt haben und die innere Beziehung des Täters zu seiner Tat, nämlich seine Schuld, erwiesen sein muß. Die Materialien zum Entwurf des neuen Strafgesetzbuches der Bundesrepublik besagen aber, daß die Schuld nicht objektiv feststellbar, sondern ein „sittlicher Wertungsvorgang“ sei. Das bedeutet, die Prüfung sowohl der objektiven als auch der subjektiven Seite der Handlung beiseitezuschieben und an ihre Stelle einen „sittlichen Wertungsvorgang“ des Richters, ein „UnWerturteil“ zu setzen. Wie sehen die praktischen Konsequenzen dieser „Theorie“ aus? Das Bekämpfen der westdeutschen Atomrüstung oder das Eintreten für gesamtdeutsche Gespräche oder gar für die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik gelten als Handlungen, die „sozial-ethisch“ mit einem Unwerturteil bedacht werden. Auf der anderen Seite aber braucht ein SS-Verbrecher, der für die Vergasung Tausender unschuldiger Menschen verantwortlich ist, für seine Taten nicht einzustehen, „weil er das Rechtswidrige seines Tuns nicht zu erkennen vermochte“; denn auch über sein Verhalten gibt der Richter ein „sozial-ethisches Werturteil“ ab. Natürlich ist diese „Schuldtheorie“ nicht neu; sie wurde bereits in der Weimarer Republik praktiziert. In Dutzenden sog. Femeprozesse der Weimarer Zeit wurde „entschieden“, daß nicht der Mörder, sondern der Ermordete die Schuld trägt. Auch nach 1945 wurde in Westdeutschland diese „Schuldtheorie“ in der Praxis durchgesetzt. Der Begründer dieser „Theorie“ ist Prof. Dr. Hans W e 1 z e 1, der in seinem 1935 veröffentlichen Buch „Naturalismus und Wertphilosophie im Strafrecht“ bekennt, daß erst „das ungeheure politische Geschehen der national-sozialistischen Revolution“ seiner „Schuldtheorie“ zum vollen Durchbruch verholfen habe. In diesem Buch liefert er die „theoretische Begründung“ für den faschistischen Gesinnungsterror, indem er erklärt, daß die „Gefährlichkeit des Willens“ und nicht die „Gefährlichkeit des äußeren Geschehnisses“ entscheidend sei. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, auf eine Erscheinung in Westdeutschland aufmerksam zu machen, die auch im kapitalistischen Ausland Aufsehen erregt hat. Es handelt sich um die Herausarbeitung einer „geschlossenen Theorie“ zur Rechtfertigung der faschistischen Kriegsverbrecher einschließlich der Blutjuristen Hitlers. Offensichtlich hat das zwei Gründe: erstens soll wohl damit erreicht werden, daß der jungen Juristengeneration das nazistische „Erbe“ erhalten bleibt, und zweitens soll gegen die warnenden Stimmen eine geschlossene „theoretische“ Konzeption zur Rechtfertigung der nazistischen Praxis ins Feld geführt werden. Dabei bedient sich die einschlägige westdeutsche Propaganda einer ganzen Reihe von Kunstkniffen. In einer. Sendung des Münchner Rundfunks vom 1. April 1962, die sich mit dem „Verbrechen des Völkermordes“ befaßte, stellte ein gewisser Herbert Jäger die Frage, ob es sich bat den Verbrechen Eichmanns überhaupt noch um Kriminalität handele oder ob „bereits das Ausmaß der geschichtlichen Katastrophe erreicht ist, die sich der individuellen, moralisch und rechtlich, beurteilbaren Verantwortlichkeit entzieht“? Die Fragestellung in dieser Form ist neu. Sie zielt eindeutig darauf ab, die Hauptverantwortlichen für die Kriegsverbrechen und den Völkermord zu. entlasten und der Verantwortlichkeit zu entziehen. Weil die meisten von ihnen bereits wieder an den Schalthebeln des West-de"'.sehen Staates sitzen, sollen ihre verbrecherischen Taten für null und nichtig erklärt und auch ihr moralisches Profil einer Reinigung unterzogen werden. Jäger berief sich in seinem Vortrag auf Karl Jaspers, der in einem Interview zum Eichmann-Prozeß gesagt halte, daß die Taten Eichmanns „einen neuen Typus bisher nicht definierter Verbrechen“ darstellen. Das zeigt eindeutig die Stoßrichtung. Nürnberg soll aus der Welt geschafft und die Urteile des Nürnberger Tribunals sollen zum Irrtum gestempelt werden. Für die in den Gaskammern und Konzentrationslagern verübten Verbrechen soll niemand verantwortlich gewesen sein, denn dort wurde nach Jäger „die Kontinuität der abendländischen Geschichte unterbrochen“. Diese Feststellung ist ungeheuerlich, denn sie besagt: Durch die von den Hitlerbestien verübten Millionenmorde trat sozusagen eine Pause in der Geschichte ein. Für das, was in dieser „Pause der Geschichte“ passierte, ist niemand strafrechtlich verantwortlich zu machen, es sei denn, man wollte die Gesamtheit des deutschen Volkes für diese „geschichtslose Pause“ zur Rechenschaft ziehen. Sich auf den Verteidiger Eichmanns, Dr. Servatius, beziehend, ist auch Jäger der Meinung, daß es sich im Falle Eichmanns nicht um einen Kriminalprozeß, sondern um die Aburteilung „einer Beteiligung an Vorgängen handelt, die politische Vorgänge waren“. Deshalb, so schlußfolgert Jäger weiter, habe in diesen Fällen die Strafe ihren Sinn verloren. „Des Schutzes der Allgemeinheit und der Wiedereinordnung der Täter in die Gesellschaft bedarf es nicht“, wenn die „Taten im Rahmen eines längst in sich zusammengebrochenen Staatssystems begangen wurden“. Das ist deutlich! Es geht dabei um nicht mehr und nicht weniger als um eine Generalamnestie für alle belasteten Kriegsverbrecher, um die endgültige Absetzung dieser Frage von der Tagesordnung. Weil die Kriegsverbrecher in hohen und höchsten Stellen des westdeutschen Staats-, Justiz- und Wirtschaftsapparates sitzen, soll über ihre Verbrechen nicht mehr gesprochen werden. Das ist das Nahziel. Aber es geht offensichtlich auch um ein Fernziel, um etwas, was in der Zukunft passieren kann und man will Vorbeugen! Nicht zufällig hat sich Jäger in seinem Rundfunkvortrag auf Servatius berufen, der vor dem Jerusalemer Gericht „Beziehungen zwischen Auschwitz und Hiroshima“ herzustellen versucht hat. Das heißt, die Rechtfertiger der faschistischen Konzentrationslager versuchen auch die atomare Vernichtung Hiroshimas zu rechtfertigen, um im Falle einer neuerlichen imperialistischen Aggression die Verteidigung zur Hand zu haben. In diese Konzeption fügt sich auch die Entscheidung des 11. Senats des Bundessozialgerichts vom 15. Februar 1962 11 RV 400/59 ein, wonach westdeutsche Gerichte an Urteile, die auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 (Bestrafung von Kriegsverbrechen) von Alliierten Militärgerichten gefällt wurden, nicht gebunden seien. Nach dieser offen völkerrechtswidrigen Entscheidung stehen Verurteilungen und Hinrichtungen wegen Kriegsverbrechen auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 einer Versorgung der Hinterbliebenen nach dem Bundesversorgungsgesetz nicht entgegen. Diese Entscheidung ist ein Schlag gegen all die Völker, deren Länder von den Hitler-Faschisten besetzt waren und die Millionen Opfer zu beklagen haben. Die Bonner Ultras aber bejubeln dieses Urteil. So stimmt ihm ein gewisser Dr. Pickave in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 20. Februar 1962 mit.folgender Bemerkung zu: „Anderenfalls würde Unrecht ewig Unrecht bleiben und letztlich auch den Hinterbliebenen Von sogenannten Kriegs-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 298 (NJ DDR 1962, S. 298) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 298 (NJ DDR 1962, S. 298)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge Ziele und Grundsätze des Herauslösens Varianten des Herauslösens. Der Abschluß der Bearbeitung Operativer Vorgänge. Das Ziel des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Abschlußarten. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung; die Abstimmung von politisch-operativen Maßnahmen, den Einsatz und die Schaffung geeigneter operativer Kräfte und Mittel eine besonders hohe Effektivität der politisch-operativen Arbeit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Angriffe negativer Erscheinungen erreicht werden muß. Mit der Konzentration der operativen Kräfte und Mittel, insbesondere der einschließlich der Entwicklung und Nutzung der operativen Basis für die Arbeit im und naoh dem Operationsgebiet, Organisation der Zusammenarbeit mit anderen politisch-operativen Linien und Diensteinheiten, vor allem mit den Diensteinheiten der Linie sowie die weitere Vervollkommnunq des - ,ii,., - Zusammenwirkens mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Militärrates der Polen eine demonstrative Solidarisierung mit den konterrevolutionären Kräften durch das Zeigen der polnischen Fahne vorgenommen.

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