Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 271

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 271 (NJ DDR 1962, S. 271); Schaftüch geworden ist, derartige strafbare Handlungen, wie sie der Angeklagte begangen hat, nicht mehr auftreten können und die Tat des Angeklagten nach dem genossenschaftlichen Zusammenschluß aller Bauern nicht mehr als gesellschaftsgefährlich angesehen werden kann. In diesem Falle hat das Gericht auch zu Recht das Vorliegen der grundlegenden Wandlung nach § 9 Ziffer 2 StHG bejaht, da der Angeklagte richtig erkannt hat, daß nur der genossenschaftliche Weg in der Landwirtschaft die Bauern zu einem besseren Leben und die Deutsche Demokratische Republik zu einem größeren Wohlstand führen kann, und er deshalb Mitglied einer LPG geworden ist. Zusammenfassend ist festzustellen, daß eine Tat nach § 9 Ziffer 1 StEG dann nicht mehr als gesellschaftsgefährlich anzusehen ist, wenn sie infolge der weiteren Entwicklung und Festigung der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zur Zeit der Durchführung des Strafverfahrens keine schädlichen Auswirkungen mehr hat, wenn also die der Handlung zugrunde liegenden Konflikte oder Widersprüche keine gesellschaftliche Bedeutung mehr haben oder diese Bedeutung nur noch sehr gering ist. 2. Zu § 9 Ziffer 2 StEG Der Anwendungsbereich des § 9 Ziffer 2 StEG erfaßt alle Straftaten, bei denen zur Zeit der Durchführung des Verfahrens die Strafe ihren Sinn verloren hat, weil der Täter bereits die richtigen Lehren gezogen hat. Es wäre jedoch fehlerhaft, das Merkmal der „grundlegenden Wandlung“ schematisch und formal aufzufassen. Offensichtlich beruhen schwerere Rechtsverletzungen, die auch unter § 9 Ziffer 2 StEG fallen können, in der Regel auf einem tiefen Widerspruch in der Einstellung des Täters zur Gesellschaft. In diesen Fällen müssen höhere Anforderungen an die Tatsachen gestellt werden, die den Wandlungsprozeß deutlich machen. In weniger schweren Fällen dagegen muß der Wandlungsprozeß zur Beseitigung der ideologischen Schwächen des Täters geführt haben, die für die Tat ursächlich gewesen sind. Das entscheidende Kriterium ist also in jedem Fall die Entwicklung der Persönlichkeit des Täters. Die politisch-erzieherische Zielsetzung des § 9 Ziffer 2 StEG besteht vor allem darin, daß er Bürgern, die die Gesetze verletzt haben, den Weg zur Rückkehr in die Gesellschaft ohne Strafe weist. Bei der Anwendung dieser Bestimmung ist den Gerichten noch nicht allenthalben klar, welche Anforderungen an die Tatsachen zu stellen sind, die den Wandlungsprozeß eines Täters beweisen. Fehlerhaft ist z. B. das Urteil des Kreisgerichts Nordhausen vom 8. April 1961 gegen den Rentner Erich G. IS 13a/ßl wegen Staatsverleumdung. Obwohl in den Gründen festgestellt wird, daß die Verleumdung durch den Angeklagten äußerst gesellschaftsgefährlich war, wird zur Begründung der Entscheidung nach § 9 Ziffer 2 StEG lediglich angeführt, daß der Ange-geklagte nach Begehung seiner Tat sehr zurückgezogen lebe, sich seitdem nichts wieder habe zuschulden kommen lassen und daher vermutet werden könne, daß durch die Zustellung der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses bereits eine grundlegende Wandlung bei ihm eingetreten sei, so daß es seiner Bestrafung nicht mehr bedürfe. Die Annahme, eine grundlegende Wandlung des Täters im Sinne des § 9 Ziffer 2 StEG könne erst nach Ablauf eines längeren Zeitraumes, etwa nach mehreren Jahren, festgestellt werden, ist unrichtig. Es ist durchaus möglich, daß ein Bürger, der bisher eine positive Entwicklung genommen und die sozialistische Gesetzlichkeit geachtet hat, bereits bald nach Begehung der Verfehlung erkennen läßt, daß er aus dem zu seiner früheren Entwicklung im Widerspruch stehenden Verhalten die von ihm zu erwartenden Schlußfolgerungen gezogen hat und künftig die sozialistische Gesetzlichkeit wieder achten wird. Richtig hat das Kreisgericht Erfurt-Land gegen den Angeklagten B. Urteil vom 11. Januar 1960 ES 274/59 V entschieden. Der Angeklagte, der nur im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse 5 war, die zum Fahren eines Motorrades nicht berechtigt, hatte mit einem Motorrad einen leichten Verkehrsunfall verursacht, durch den er im wesentlichen nur selbst geschädigt wurde. Nach umfassender Einschätzung der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten stellte das Kreisgericht fest, daß er sich nachher als Traktorist besonders bewährt, eine gute fachliche und politische Arbeit sowohl in der MTS als auch in seinem Wohnort geleistet hatte und in die Reihen der Nationalen Volksarmee eingetreten war. Das Gericht sah hier mit Recht die Voraussetzungen des § 9 Ziffer 2 StEG als erfüllt an. Bei mehreren Tätern oder Teilnehmern kann unter Umständen auch wichtig sein, ob der von weiteren Straftaten Abstand nehmende Täter die Teilnehmer an weiteren Verbrechen hinderte oder die Straftaten zur Anzeige brachte. Auch die Selbststellung des Täters kann bei weniger schweren Straftaten als Ausdruck der Wandlung anzusehen sein. Hierbei wird bedeutsam sein, ob der Täter bereits wußte, daß seine Tat entdeckt war, oder ob er mit alsbaldiger Entdeckung rechnete. Die selbsttätige Wiedergutmachung des angerichteten Schadens wird in der Regel als Ausdruck der Wandlung zu werten sein, auch wenn dieses Bemühen bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Hauptverhandlung noch nicht zum vollen Erfolg führte. Entscheidend ist das ernsthafte Bestreben, einen angerichteten Schaden unter allen Umständen wiedergutzumachen. Ferner kann ein wichtiges Kriterium für die Wandlung die Art und Weise der Wiedergutmachung sein, so wenn der Täter nach der Tat vorbildliche, z. B. mit Gefahren verbundene Taten oder besonders anstrengende Leistungen vollbracht hat. Hierzu können auch gute Leistungen in der Produktion oder im Nationalen Aufbauwerk zählen. Die Wiedergutmachung wird jedoch in der Regel dann nicht als Ausdruck einer grundlegenden Wandlung angesehen werden können, wenn der Täter aus seinem nicht aus eigener Arbeit stammenden Vermögen Geldbeträge zahlt, wenn sie nur einen kleinen Teil seiner Ersparnisse ausmachen oder wenn sie von Dritten z. B. Verwandten, geleistet werden, ohne daß Ersatz durch den Täter in absehbarer Zeit anzunehmen ist. Vom Angeklagten beteuerte Reue kann allein nicht als Ausdruck einer Wandlung gewertet werden. Sie ist bestenfalls ein Indiz dafür. IV Die Übergabe von Sachen an die Konfliktkommissionen Durch § 144 Buchstabe e des Gesetzbuches der Arbeit ist den Konfliktkommissionen das Recht und die Aufgabe übertragen worden, über geringfügige Verletzungen von strafrechtlichen Bestimmungen zu entscheiden. In der Gemeinsamen Direktive des Vorsitzenden des Komitees für Arbeit und Löhne, des Ministers des Innern, des Generalstaatsanwalts und des Ministers der Justiz über die Zusammenarbeit der Arbeitsgerichte, der Organe der Deutschen Volkspolizei, der Staatsanwaltschaft und der Justiz mit den neuen Konfliktkommissionen vom 13. September 1961 („Neue Justiz“ 1961 S. 661) werden u. a. die Grundsätze der im Rahmen der Durchführung des § 144 Buchstabe e 271;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der GewahrsamsOrdnung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen für und den Perspektivplanzeitraum sind deshalb konkrete und abrechenbare Maßnahmen besonders zur Durchsetzung und weiteren Qualifizierung dieser operativen Grundprozesse aufzunehmen.

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