Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 270

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 270 (NJ DDR 1962, S. 270); Ist die zu beurteilende Handlung wenn auch nur in geringem Maße gesellschaftsgefährlich, so liegen die Voraussetzungen des § 8 StEG nicht vor, die Sache kann aber der Konfliktkommission zur Behandlung übergeben werden, wenn alle übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen. Eine ausweitende Anwendung des § 8 StEG, die einige Gerichte noch nicht überwunden haben, führt dazu, daß Handlungen, die geringfügige Straftaten darstellen, nicht den Konfliktkommissionen übergeben werden und als nicht gesellschaftsgefährlich und deshalb unrichtig nur als Verstöße gegen die sozialistische Moral betrachtet werden. Die Bedeutung, die der Entscheidung zukommt, ob eine Handlung gesellschaftsgefährlich ist oder nicht, erhöht die Veranwortlichkeit des Gerichts bei der Entscheidung über die Eröffnung eines Hauptverfahrens. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, ist von weitreichender Bedeutung für den Beschuldigten und seine Familie, sein Arbeitskollektiv und für den Produktionsablauf seines Betriebes. Nachdem das Ermittlungsorgan mit der Übergabe der Sache an den Staatsanwalt und dieser mit der Erhebung der Anklage das Vorliegen einer Straftat bejaht haben, hat nunmehr das Gericht als letztes der mit der Sache befaßten staatlichen Organe in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob der hinreichende Verdacht einer Straftat vorliegt, und gegebenenfalls, ob ein gerichtliches Verfahren erforderlich ist oder die Voraussetzungen für die Übergabe der Sache an die Konfliktkommission vorliegen. Das macht eine sorgfältige Prüfung aller Umstände und Folgen der Handlung, ihrer Ursachen und Zusammenhänge sowie der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung, seines Bewußtseinsstandes und seines gesellschaftlichen Verhaltens erforderlich. Die in Abschnitt III Ziff. 1 der Richtlinie Nr. 12 enthaltenen Hinweise haben auch für diese Entscheidung große Bedeutung. Die volle verantwortliche Mitwirkung der Schöffen bei dieser wichtigen Entscheidung muß sichern, daß ihre Erfahrungen aus der Produktion und ihrer unmittelbaren Verbindung mit den Werktätigen zur Geltung kommen. Ist die Entscheidung nicht möglich, weil die Ermittlungen unzureichend sind und eine sichere Beurteilung der Tat und des Täters nicht zulassen, dann muß das Gericht die Sache mit konkreten Hinweisen in das Ermittlungsverfahren zurückgeben. Liegen die Voraussetzungen des § 8 StEG vor, hat das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Fehlerhaft hat das Kreisgericht Stralsund in der Strafsadle S 43/60 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StEG bejaht. Die Angeklagte, die in einem VEB Sachbearbeiterin für soziale Fragen war und eine fortschrittliche Entwicklung genommen hatte, war beauftragt, für die Kinder der Betriebsangehörigen Geschenke einzukaufen. Sie tat das, behielt jedoch drei größere Geschenke im Werte von insgesamt 112, DM zurück, um sie ihren Kindern zu geben. Die Angeklagte befand sich in finanziellen Schwierigkeiten. Nach Aufdeckung ihrer Tat war sie geständig und gab die Sachen zurück bzw. leistete für einen Teil Ersatz. Ihr Verhalten wurde in ihrer Gewerkschaftsgruppe behandelt, und sie wurde in eine andere Funktion versetzt. Das Kreisgericht hat verkannt, daß die Handlung der Angeklagten, wenn auch in geringerem Grade, gesellschaftsgefährlich und damit eine Straftat gemäß § 29 StEG war, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StEG also nicht bejaht werden konnte. Der Kampf gegen die Kriminalität erfordert, daß jede Straftat und ihre Ursachen aufgedeckt werden. Erst wenn der Sachverhalt völlig geklärt ist, kann entschieden werden, ob eine Straftat vorliegt oder nicht, und gegebenenfalls, ob ihre Behandlung vor der Konfliktkommission möglich ist oder die Sache vor das Gericht gehört. III Zur Anwendung des § 9 StEG Im Unterschied zu § 8 StEG setzt § 9 StEG eine Straftat voraus und bestimmt, wann von Bestrafung abgesehen werden kann. Dieser Unterschied kommt auch darin zum Ausdruck, daß im Fall des § 8 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt bzw., wenn es unrichtigerweise eröffnet sein sollte, der Angeklagte freigesprochen werden muß, während im Falle des § 9 der Angeklagte für schuldig erklärt, aber von Strafe abgesehen werden muß. § 9 ist auch auf schwerere Straftaten anwendbar. 1. Zu § 9 Ziffer 1 StEG Typische Fälle des Anwendungsbereichs des § 9 Ziffer 1 StEG sind Handlungen, die sich gegen solche zum Schutze der Verbraucher erlassenen Bestimmungen richten, die infolge der ökonomischen Entwicklung im -Zeitpunkt der Durchführung des Strafverfahrens keinerlei Bedeutung mehr haben. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt also in jedem Falle die weitere Entwicklung und Festigung der sozialistischen Gesellschaftsordnung voraus. Der Zeitablauf allein, der überdies einer willkürlichen Veränderung der Verjährungsfristen für die Strafverfolgung gleichkommen würde, ist nicht ausschlaggebend. Von den Gerichten werden bei der Anwendung des § 9 Ziffer 1 StEG verschiedene Fehler begangen. Ihnen bereitet die Abgrenzung der §§ 8 und 9 StEG Schwierigkeiten. Entscheidungen nach § 9 Ziffer 1 StEG liegen häufig Handlungen zugrunde, die geringfügig waren und keine schädlichen Folgen aufwiesen, so daß richtigerweise § 8 StEG anzuwenden gewesen wäre. Es zeigt sich ferner Unsicherheit in der Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit bei Straftaten, die längere Zeit zurückliegen. So werden die zur Zeit der Durchführung des Strafverfahrens veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse nicht oder nur unzureichend beachtet. Zur Begründung der Anwendung des § 9 Ziffer 1 StEG wird mechanisch ein mehr oder weniger langer Zeitablauf zugrunde gelegt. Die Folge ist, daß auch dann Wegfall der Gesellschaftsgefährlichkeit angenommen wird, wenn sich die gesellschaftlichen Verhältnisse selbst nicht geändert haben. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Kreisgerichts Eisenach vom 8. April 1960 S 12a/60 gegen Kurt St. Dieser hatte im Jahre 1957 drei Festmeter Buchenholz gekauft, obwohl er wußte, daß sie aus einer strafbaren Handlung stammten. Im Verlauf des Strafverfahrens wurde der Angeklagte im Jahre 1958 flüchtig, so daß die Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt wurde. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Kreisgericht unter anderem aus, die strafbare Handlung liege drei Jahre zurück und dem Forstwirtschaftsbetrieb sei kein Schaden entstanden, weil das Holz sichergestellt worden sei. Obwohl die Straftat im Jahre 1957 gesellschaftsgefährlich gewesen sei, könne das nunmehr, nach drei Jahren, nicht mehr bejaht werden. Deshalb könne von einer Bestrafung nach § 9 Ziffer 1 StEG abgesehen werden. Richtig hat das Kreisgericht Erfurt-Land in der Strafsache I ES 20/60 gegen den Genossenschaftsbauern H. entschieden. Als Mittelbauer hatte er in den Jahren 1954 bis 1959 hinsichtlich der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen falsche Angaben gegenüber dem Rat des Kreises gemacht und sich dadurch gegenüber der Pflichtablieferung Vorteile verschafft (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO). Das Kreisgericht hat nach § 9 Ziffer 1 StEG von einer Bestrafung abgesehen, weil in der Zwischenzeit der Landkreis Erfurt vollgenossen- 270;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 270 (NJ DDR 1962, S. 270) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 270 (NJ DDR 1962, S. 270)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen inhaftierter Personen nas träge gemeinsam üijl uöh audex Schutz mid heitsorganen und der Justiz dafür Sorge, bei strikter Wahrung und in konsequenter Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die Aufgaben und Ugn isse der Deutschen Volkspolizei. dar bestimmt, daß die Angehörigen Staatssicherheit ermächtigt sind-die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Deshalb ergeben sich in bezug auf die Nutzung des Gesetzes zur Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen zwei zu beachtende Gesichtspunkte: Zum einen sind die Mitarbeiter Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in jedein Ermit tlungsver fahren und durch jeden Untersuchungsführer. Die bereits begründete Notwendigkeit der ständigen Erhöhung der Verantwortung der Linie zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit des stellen. Diese neuen qualitativen Maßstäbe resultieren aus objektiven gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten bei Her weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Wirken des imperialistischen Herrschaf tssystems als soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen.

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