Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 224

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 224 (NJ DDR 1962, S. 224); dZccktsyjrcckU'H.Cf Strafrecht § 9 Ziff. 2 StEG. Zum Umfang der Prüfung gemäß § 9 Ziff. 2 StEG, ob im gesamten Verhalten des Täters eine grundlegende Wandlung eingetreten ist, die eine maximale Gewähr dafür bietet, daß er künftig die sozialistische Gesetzlichkeit achten wird. BG Halle, Urt. vom 3. August 1961 - 3 BSB 112/61. Die Strafkammer des Kreisgerichts hat in der Hauptverhandlung vom 5. Juli 1961 folgenden Sachverhalt festgestellt: Der Angeklagte besuchte am 11. Mai 1961 mit einigen Freunden eine Tanzveranstaltung in der HO-Gaststätte K. Er trank dort im Verlaufe von etwa zwei Stunden etwa 10 Glas Bier. In einem Gedränge an der Theke erhielt ein Freund des Angeklagten von dem Geschädigten H. einen leichten Stoß, worauf der Angeklagte zu H. sagte, er solle die Veranstaltung verlassen, wenn er zu streiten anfangen wolle. Daraufhin drehte sich H. zu dem Angeklagten um, hob den Arm, vermutlich in der Absicht, seine Antwort an den Angeklagten mit einer entsprechenden Handbewegung zu unterstreichen, und äußerte: „Was willst Du von mir?“ Im gleichen Augenblick erhielt er vom Angeklagten einen Schlag ins Gesicht. Der Angeklagte hatte die Armbewegung des Geschädigten als Bedrohung aufgefaßt und diesen daraufhin sofort mit einem Bierglas ins Gesicht geschlagen. H. hielt sich nunmehr beide Hände vor das Gesicht und beugte sich nach vorn über. Die Zeugen nahmen wahr, daß der Geschädigte infolge dieses Schlages aus einer Stirnwunde blutete. Als sich H. in der gebeugten Haltung befand, schlug der Angeklagte zweimal mit den Fäusten auf ihn ein. Wenige Tage nach diesem Vorfall trafen der Angeklagte und der Geschädigte bei ihrer polizeilichen Vernehmung zusammen. Hierbei machte der Angeklagte den Vorschlag, sich doch wieder zu vertragen. Der Geschädigte war damit einverstanden und erklärte sich bereit, die Strafanzeige zurückzuziehen, wenn er von dem Angeklagten ein Schmerzensgeld von 200 DM erhalte. Hierauf ging der Angeklagte ein. Diese Feststellungen hat die Strafkammer auf Grund der Einlassung des Angeklagten sowie der Aussagen der Zeugen Sch. und E. getroffen, ferner auf Grund der schriftlichen Aussage des Geschädigten H., die zum Zwecke des Beweises verlesen wurde, „weil der Geschädigte selbst der Hauptverhandlung nicht beiwohnen konnte“. Die Strafkammer hat die Handlung des Angeklagten als gefährliche Körperverletzung i. S. der §§ 223, 223a StGB gewürdigt; weiter führte sie aus, der Angeklagte habe jedoch nach .Begehung seiner Straftat bewiesen, daß er diese ernstlich bereue. Er habe auch seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung bereits vor der Verhandlung gezeigt. Indem er sich mit dem Geschädigten ausgesprochen und ihm auch 200 DM Schmerzensgeld gezahlt habe, habe er sich von seiner unüberlegten Handlung distanziert. Er habe gezeigt, daß ihn die Erkenntnis seines Verschuldens außerordentlich bedrücke. Die Handlung des Angeklagten stehe auch im krassen Widerspruch zu seinem sonstigen Verhalten. Er habe in seinem Betrieb als junger, strebsamer Facharbeiter stets eine vorbildliche Arbeit geleistet und sich nicht gescheut, seine Arbeiten auch unter erschwerten Bedingungen durchzuführen. Er verstehe es, seine Arbeit gut zu organisieren, so daß sie wesentlich zur Planerfüllung beitrage. Er sei auch ständig bemüht, seine guten theoretischen und praktischen Kenntnisse schwächeren Kollegen zu vermitteln. Auf Grund dieser Einschätzung des Angeklagten war die Strafkammer davon überzeugt, daß im gesamten Verhalten des Angeklagten nach seiner strafbaren Handlung eine grundlegende Wandlung eingetreten sei, die erwarten lasse, daß er in Zukunft, die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einhalten werde. Das Kreisgericht sah deshalb die Voraussetzungen für die Anwendung des § 9 Ziff. 2 StEG als gegeben an und hat den Angeklagten „gemäß § 221 Ziff. 4 StPO in Verbindung mit § 9 Ziff. 2 StEG“ freigesprochen. Gegen diese Entscheidung hat der Staatsanwalt des Kreises Protest eingelegt. Dem Protest war stattzugeben. Aus den Gründen: Wenn das Kreisgericht der an sich zutreffenden Auffassung war, daß der Angeklagte sich der gefährlichen Körperverletzung i. S. der §§ 223, 223a StGB schuldig gemacht habe, so durfte es den Angeklagten keinesfalls freisprechen, da ein Freispruch nur aus den in § 221 StPO angeführten Gründen sowie in den Fällen des § 8 StEG erfolgen kann, die hier sämtlich nicht vorliegen. Das Kreisgericht stützte seine Entscheidung auf § 221 Ziff. 4 StPO, wonach der Angeklagte freizusprechen ist, „wenn die Voraussetzungen der Strafverfolgung nicht bestehen“, und es mag sein, daß es zu dem Freispruch gekommen ist, weil in der gebräuchlichen Textausgabe der StPO in einer Anmerkung zu § 221 nicht nur auf § 8, sondern auch auf § 9 StEG ausdrücklich hingewiesen wird. Dieser Hinweis bedeutet aber nicht, daß in den erwähnten Fällen die verfahrensrechtliche Behandlung übereinstimmend mit § 221 StPO erfolgen müßte. Durch diese Anmerkung zu § 221 StPO wird nur darauf aufmerksam gemacht, daß infolge der zwischenzeitlichen Gesetzgebung weitere, bisher nicht vorgesehene Verfahrensergebnisse möglich geworden sind. In § 221 Ziff. 4 StPO sind nicht die Fälle des § 9 Ziff. 2 StEG gemeint. Wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, soll anders als beim Fehlen der Voraussetzungen der Strafverfolgung (§ 221 Ziff. 4 StPO) oder beim Nichtvorhandensein einer strafbaren Handlung (z. B. nach § 8 StEG) aus erzieherischen Gründen ein Verfahren durchgeführt und insbesondere festgestellt werden, daß eine strafbare Handlung vorliegt. Das Absehen von Strafe nach § 9 StEG setzt mithin einen Schuldausspruch voraus. Richtig und dem Sinne der Vorschrift entsprechend hätte also das Kreisgericht von seinem Standpunkt aus wie auch der Staatsanwalt zutreffend ausgeführt hat etwa erkennen müssen: „Der Angeklagte ist der'gefährlichen Körperverletzung i. S. der §§ 223, 223a StGB schuldig. Von einer Bestrafung wird abgesehen.“ Zu Recht hat der Staatsanwalt in verfahrensrechtlicher Beziehung gerügt, daß die Aussage des Geschädigten H. nicht hätte verlesen werden dürfen. Abgesehen davon, daß sich der protokollarische Vermerk über die Verlesung überhaupt nur auf ein kurzes Gegenüberstellungsprotokoll bezieht, ist aus dem Sitzungsprotokoll der Hauptverhandlung nicht ersichtlich, ob die in § 207 StPO angeführten Voraussetzungen für eine solche Verlesung Vorgelegen haben. Hier ist vielmehr nur erwähnt, daß der Zeuge H. unentschuldigt fehle. Die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils für die Aussageverlesung gegebene Motivierung, der Geschädigte selbst habe der Hauptverhandlung nicht beiwohnen können, erscheint hiernach nicht haltbar. Andererseits befindet sich bei den Akten ein Schreiben des Zeugen H., worin er sein Fernbleiben mit Urlaub entschuldigt. Mit dieser Prozeßsituation hat sich das Kreisgericht nicht auseinandergesetzt, obwohl es verpflichtet gewesen wäre, die gesetzlichen Voraussetzungen der Verlesung festzustellen und im Protokoll festzuhalten, um gegebenenfalls eine Nachprüfung zu ermöglichen. 224;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 224 (NJ DDR 1962, S. 224) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 224 (NJ DDR 1962, S. 224)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie ,. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten und der Militärstastsanwaltschaft vielfältige Maßnahmen zur Überwindung vcn ernsten Mängeln, Mißständen und Verstößen gegen geltende Weisungen, insbesondere hinsichtlich Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung sowie den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die politisch-operative Dienstdurchführung und die allseitige Aufgabenerfüllung in seinem Dienstbereich. Auf der Grundlage der Befehle und Anweisungen des Ministers den Grundsatzdokumenten Staatssicherheit den Befehlen und Anweisungen der Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen sowie deren Stellvertreter bezeichnet. Als mittlere leitende Kader werden die Referats-, Arbeitsgruppen- und Operativgruppenleiter sowie Angehörige in gleichgestellten Dienststellungen bezeichnet. Diese sind immittelbar für die Anleitung, Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der den bestehenden Anforderungen gerecht wird. Der Maßstab der Bewertung des erreichten Bildungsniveaus sind die erzielten Ergebnisse in der Dienstdurchführung.

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