Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 161

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 161 (NJ DDR 1962, S. 161); Getreidemengen auf Lieferscheine über tatsächlich gelieferte Produkte nachgetragen oder fingierte Lieferscheine ausgestellt wurden. Diese Lieferscheine wurden vom Angeklagten später vernichtet. Insgesamt sind auf diese Weise von E. 30 Tonnen Getreide einbehalten und unterschlagen worden, wofür er dem Angeklagten einen Betrag von 4 200 DM (pro Zentner- 7 DM) bezahlte. Dieses Geld behielt der Angeklagte nicht für sich, sondern bezahlte damit zusätzliche Arbeitslöhne an Hilfskräfte und Überstundenarbeiten. Außerdem kaufte er davon Baumaterialien für die Durchführung von nicht eingeplanten Reparaturen, die ihm dennoch notwendig erschienen. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Bezirksgericht den Angeklagten wegen fortgesetzten Wirtschaf tsver-gehens § 4 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO in Tateinheit mit Beihilfe zur Unterschlagung von staatlichem Eigentum - § 29 StEG, § 49 StGB - verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Dem Rechtsmittel war stattzugeben, soweit damit ein niedrigeres Strafmaß und eine bedingte Verurteilung angestrebt werden. Aus den Gründen: Dem Bezirksgericht ist darin zuzustimmen, daß die Handlungsweise des Angeklagten selbst unter Berücksichtigung dessen, daß er nicht aus persönlicher Bereicherungsabsicht gehandelt hat, einen erheblichen Grad an Gesellschaftsgefährlichkeit aufweist. Es ist auch richtig, daß gesetzwidrige Methoden, wie sie der Angeklagte zur Überwindung von betrieblichen Schwierigkeiten angewandt hat, energisch bekämpft werden müssen, da derartige Verstöße gegen die Plandisziplin zu einer schweren Beeinträchtigung unseres Wirtschaftslebens führen und verbrecherischen Elementen die Möglichkeit bieten, sich auf Kosten des Volkseigentums zu bereichern und damit gleichzeitig den Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik .zu sabotieren. Eine strenge Plandisziplin ist, wie das 13. Plenum des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wissenschaftlich begründet festgestellt hat, angesichts der Störversuche des imperialistischen Lagers mit den westdeutschen Revanchisten an der Spitze in der gegenwärtigen Situation die erste Voraussetzung dafür, die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes zu sichern. Der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit solcher Handlungen, wie sie der Angeklagte unter Verletzung der ■' Strafgesetze begangen hat, und die notwendigen Abwehrmaßnahmen, die mit dem Mittel des Strafgesetzes zu ergreifen sind, können jedoch nicht allein von der Art des Verbrechens und seinem Umfang her bestimmt werden. Vielmehr müssen auch alle übrigen Umstände des Tatgeschehens und zur Person des Angeklagten gründlich untersucht und im Zusammenhang gewürdigt werden. Der Angeklagte hat, wie vom Bezirksgericht selbst festgestellt worden ist, nach seiner Rückkehr aus Westdeutschland im Jahre 1954 eine durchaus positive Entwicklung genommen. Er hat nicht nur eine hohe Arbeitsmoral ein den Tag gelegt, sondern mit seiner Initiative beispielhaft dafür gehandelt, wie mit den vorhandenen Mitteln und sonstigen betrieblichen Gegebenheiten ein möglichst großer volkswirtschaftlicher Nutzen erzielt werden kann. Das soeben Gesagte bezieht sich auf die echten Produktionserfolge, die der Angeklagte nicht durch die illegale Beseitigung von betrieblichen Schwierigkeiten erzielt hat. Auch in ideologischer Hinsicht ist er vorangegangen, indem er über seinen Arbeitsbereich hinaus dahin gewirkt hat, daß auch andere Betriebsteile des Mastkombinats ihre Anstrengungen zur Steigerung der Produktion vergrößern sollten. Seine Verdienste in dieser Hinsicht sind auch entsprechend anerkannt worden. Aus alledem folgt, daß dem Angeklagten eine positive Grundhaltung zur Gesellschaft und zum sozialistischen Staat nicht abgesprochen werden kann. Der Angeklagte stand, wie dem Bezirksgericht mit einem Sachverständigengutachten bestätigt worden ist, in der Durchführung seiner betrieblichen Aufgaben vor nicht unerheblichen Schwierigkeiten. Da im Mastkombinat keine kollektiven Leitungsmethoden bestanden, war der Angeklagte im wesentlichen auf sich allein gestellt. Er hatte den Ehrgeiz, auch allein mit den Schwierigkeiten in seinem Betriebsteil fertig zu werden. Als der Spekulant E. unter dem üblichen Vorwand an ihn herantrat, er habe in seiner Mühle Fehlbestände und der Angeklagte möge ihm mit Getreide aüshelfen, erblickte dieser hier eine Möglichkeit, Schwierigkeiten im Produktionsablauf beseitigen zu können. Sosehr der vom Angeklagten eingeschlagene ungesetzliche Weg aus den bereits dargelegten Gründen auch abzulehnen ist, so ist das Motiv seines strafbaren Verhaltens aber dennoch zu seinen Gunsten beachtlich. Der Angeklagte hebt sich, wie das Bezirksgericht ebenfalls festgestellt hat, im Motiv seiner Tat von sämtlichen anderen Angeklagten, die sich wegen gleichartiger Handlungen strafrechtlich zu verantworten hatten, insofern ab, als er nicht zum eigenen Vorteil, sondern in der fälschlichen Vorstellung strafbar gehandelt hat, damit der Gesellschaft im Ergebnis doch einen Nutzen zu schaffen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte, hätte er nicht vor Komplikationen im Betriebsablauf gestanden, auf das Ansinnen des E. ebenfalls eingegangen wäre. Die Tat des Angeklagten steht mithin im Gegensatz zu seinem sonstigen positiven Verhalten und kann als eine einmalige Entgleisung angesehen werden, aus der er bereits entsprechende Lehren zur künftigen Achtung der Gesetze unseres Staates gezogen hat. i Da das strafbare Verhalten des Angeklagten auch in seinem Charakter, dem Umfang und den Folgen trotz der dem Betrieb entzogenen Getreidemengen hatte er noch die besten Mastergebnisse zu verzeichnen nicht ein so schweres Verbrechen darstellt, daß die Freiheitsstrafe als härteste staatliche Zwangsmaßnahme aus diesem Grunde zur Anwendung gebracht werden müßte, hätte das Bezirksgericht gegen den Angeklagten auf eine bedingte Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe erkennen können, die auch die ausgesprochene Höhe nicht zu erreichen brauchte. § 29 StEG; § 246 StGB; § 200 StPO. Strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Unterschlagung setzt voraus, daß die betreffenden Gelder oder Gegenstände nicht in das Eigentum des Täters übergegangen sind. Dazu bedarf es der sorgfältigen Untersuchung der mit dem Verhalten des Täters im Zusammenhang stehenden Rechtsverhältnisse. OG, Urt. vom 17. Oktober 1961 2 Zst II 10/61. Dem Urteil des Kreisgerichts N. vom 26. Oktober 1960 liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: In seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer wurden dem Angeklagten ab September 1959 von der Sparkasse jeden Mont Sparmarken im Werte von 100 DM übergeben. Im nächsten Monat rechnete er die Sparmarken ab und nahm neue in Empfang. Bis zum 16. Mai 1960 rechnete er ordnungsgemäß ab; die an diesem Tage empfangenen Sparmarken rechnete er in den nächsten drei Monaten nicht ab. Erst als er im September merkte, daß Untersuchungen seitens der Volkspolizei eingeleitet worden waren, bezahlte er die Marken. Gegen Ende des Schuljahres 1959/60 sammelte der Angeklagte von 20 Schülern das Geld für die Schulbücher des nächsten Schuljahres ein. Der Betrag belief sich auf etwa 180 DM. Am 12. August 1960 sind Bücher im Werte von etwa 115 DM ausgeliefert worden. Dabei ergab sich, daß einige der bestellten Bücher nicht gelie- 161;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und dabei zu gewährleisten, daß jeder Schuldige entsprechend den Gesetzen zur Verantwortung gezogen wird und kein Unschuldiger bestraft wird. Daraus erwachsen für die Arbeit Staatssicherheit zugleich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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