Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 146 (NJ DDR 1962, S. 146); des Schiedsmanns zu einem kollektiven Erziehungsorgan, dem in dieser Beziehung in der nächsten Zeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein wird. 2. Die Stellung der Prozeßparteien Das Verhältnis des Gerichts zu den Prozeßparteien ist eine Grundfrage der Neugestaltung des Zivilverfahrensrechts, deren Lösung die neuen gesellschaftlichen Beziehungen in unserer Entwicklung zum Sieg des Sozialismus klar zum Ausdruck bringen muß. Hierbei ist zunächst davon auszugehen, daß das Gericht grundsätzlich nur auf Klage der Bürger oder der an Zivilrechtsbeziehungen beteiligten rechtsfähigen staatlichen oder gesellschaftlichen Organisationen, deren Hechte verletzt worden sind oder einer Klärung bedürfen, tätig wird. Der Gedanke, das Zivilverfahren in einem bestimmten Umfange durch das Gericht selbst einzuleiten, also die Eröffnung des Zivilverfahrens durch einen Beschluß des Gerichts, ist eindeutig abgelehnt worden. Es besteht lediglich die Möglichkeit einer Einleitung des Zivilverfahrens durch Antrag des Staatsanwalts (Näheres hierzu unter 3.). Weiterhin ist für die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Gericht und Prozeßparteien bemerkenswert, daß die Entscheidung des Gerichts grundsätzlich im Rahmen der von den Prozeßparteien gestellten Anträge ergeht. Nur in den Fällen, in denen es gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, darf das Gericht bei seiner Entscheidung einer Prozeßpartei mehr zusprechen, als für sie beantragt worden ist, wie z. B. schon nach geltendem Eheverfahrensrecht bei der Entscheidung über den Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes aus der geschiedenen Ehe. Der Kernpunkt bei der Neuregelung der Stellung der Prozeßparteien im künftigen Zivilverfahren besteht in der organischen Verbindung des Rechts und der Pflicht der Prozeßparteien, an der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere ian der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits, teilzunehmen und mit ihren Erklärungen den Konflikt vollständig und wahrheitsgemäß darzulegen. Die Initiative der Prozeßparteien bei der Mitwirkung am Verfahren wird daher vorausgesetzt und gefördert. Die Prozeßparteien werden nicht als Objekte der gerichtlichen Tätigkeit, sondern als aktive Teilnehmer an der Lösung der gerichtlichen Rechtsschutz- und Erziehungsaufgabe behandelt. Deshalb spielt im Gegensatz zu der formalen Gleichheit der Prozeßsubjekte im bürgerlichen Zivilverfahren im sozialistischen Zivilprozeß der DDR die reale Gleichberechtigung der Prozeßparteien bei der Wahrnehmung ihrer materiellen und prozessualen Rechte vor Gericht eine ausschlaggebende Rolle. Der Sicherung dieses prozessualen Gleichberechtigungsgrundsatzes dient eine umfassende Aufklärungsund Informationspflicht der Gerichte gegenüber den Prozeßparteien, namentlich die Verpflichtung der Gerichte, den Parteien ihre Rechte und Pflichten zu erläutern und sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und Interessen und der verantwortungsbewußten Erfüllung ihrer Pflichten zu unterstützen. Ein untrennbarer Bestandteil ihres Mitwirkungsrechts ist das Recht der Prozeßparteien, sich bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und Interessen im Verfahren eines Rechtsanwalts zu bedienen. Zwar soll künftig von jeder Form eines Anwaltszwanges abgesehen werden. Doch nimmt die Mitwirkung von Rechtsanwälten im künftigen Zivilverfahren einen festen Platz im gesamten System des Schutzes der Rechte unserer Menschen im Sinne der Programmatischen Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates ein. Vom Rechtsanwalt wird dabei vor allem erwartet, daß er seine Aufgabe der Prozeßvertretung in jedem Einzelfall mit äußerster Gewissenhaftigkeit wahrnimmt, daß er mit seiner 146 Teilnahme zur Verwirklichung der Ziele des Zivilverfahrens beiträgt, daß er die von ihm vertretene Partei sachgemäß berät und erzieherisch auf sie einwirkt, und zwar nicht erst nach Einleitung des Zivilverfahrens, sondern bereits vor Klagerhebung. 3. Die Stellung des Staatsanwalts3 Dem im Zivilverfahren mitwirkenden Staatsanwalt soll es zur Aufgabe gemacht werden, die in der gesamt-staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen bei der systematischen Bekämpfung von Rechtsverletzungen und ihrer tieferen gesellschaftlichen Ursachen für die Verhandlung und Entscheidung des Gerichts nutzbar zu machen, wie er auch umgekehrt seine Erfahrungen aus der Teilnahme am Zivilprozeß in die gesamte übrige Tätigkeit der Staatsanwaltschaft einfließen läßt. Dies gilt insbesondere für die Nutzbarmachung von Erfahrungen aus der Allgemeinen Aufsicht für die Zivilrechtsprechung. Die genaue Kenntnis der Schwerpunkte der Zivilrechtsprechung des Kreisgerichts wird dem Staatsanwalt auch geeignete Anhaltspunkte für Kassationsanregungen und andere Maßnahmen zur Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit geben. Die Hauptform seiner Teilnahme am Zivilverfahren soll die Wahrnehmung seines allgemeinen Mitwirkungsrechtes darstellen. Der Staatsanwalt soll zur Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Wahrung der Rechte der Bürger und der am Prozeß beteiligten staatlichen oder gesellschaftlichen Organisationen berechtigt sein, in jedem Zivilverfahren mitzuwirken. Hiervon wird er, wie dies bereits der gegenwärtigen Praxis entspricht, auf Grund eigener Entschließung oder auf Ersuchen des Gerichts Gebrauch machen. Seine Mitwirkung soll wesentlich dazu beitragen, daß die Gerichte mit ihrer Zivilrechtsprechung den Prozeß der sozialistischen Umwälzung der vom Zivil- und Familienrecht erfaßten gesellschaftlichen Verhältnisse wirkungsvoll unterstützen. Dabei ist auch zu beachten, daß diese Hauptform der Mitwirkung des Staatsanwalts im Zivilverfahren wesentlich über das nach geltendem Recht gemäß § 20 StAG gegebene Recht der allgemeinen Mitwirkung hinausgeht, das durch die Einreichung von Schriftsätzen, etwa tatsachenergänzender oder rechtsgutachtlicher Art, und durch Teilnahme an Gerichtsverhandlungen schlechthin mit mündlichem Tatsachen- oder Gutachtenvortrag gekennzeichnet ist. Nunmehr soll der Staatsanwalt auch selbständig Verfahrensanträge stellen können, wobei insbesondere an Beweisanträge, Benennung von Zeugen u. dgl. gedacht ist. Auch soll er befugt sein, gegen Entscheidungen des Gerichts das zulässige Rechtsmittel des Protestes einzulegen, über dessen Umfang bei der noch ausstehenden Erarbeitung der Grundzüge des neuen Rechtsmittelverfahrens Näheres gesagt werden wird. Daß neben dem allgemeinen Mitwirkungsrecht noch besondere Formen der Mitwirkung des Staatsanwalts als Prozeßpartei vorgesehen werden, ergibt sich wie bereits jetzt aus der Sonderregelung einzelner Prozeßarten, wie z. B. der des Eheverfahrens oder des Ehelichkeitsanfechtungsprozesses. Darüber hinaus ist eine für das Zivilverfahren völlig neue Möglichkeit der Klagerhebung durch den Staatsanwalt vorgesehen, in der Literatur, z. B. für das arbeitsgerichtliche Verfahren nach § 154 GBA, § 21 Abs. 2 Arbeitsgerichtsordnung, meist auch als „Initiativrecht“ des Staatsanwalts bezeichnet. Es soll jedoch nur in Ausnahmefällen Platz greifen, nämlich dann, wenn ein überragendes gesellschaftliches Interesse die selbständige Einleitung eines Zivilverfahrens durch den Staatsanwalt erfordert. Der 3 vgL Langner, „Gedanken zur gesetzlichen Regelung eines selbständigen Klagerechts des Staatsanwalts“, NJ 1960 S. 62.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 146 (NJ DDR 1962, S. 146) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 146 (NJ DDR 1962, S. 146)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit den anderen politisch-operativen Diensteinheiten umfassend zu nutzen, um auf der Grundlage der in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung erarbeiteten Feststellungen dazu beizutragen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf Stz-aßen und Plätzen, für den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Bürger, die Sicherung diplomatischer Vertretungen, für Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Entlassung eines Verhafteten Verurteilten aus der Untersuchungshaftanstalt durchzuführende ärztliche Entlassungsuntersuchung.

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