Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 855

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 855 (NJ DDR 1961, S. 855); Diese Untersuchungsergebnisse wurden mit noch weiteren Mängeln bei der Bekämpfung von Inventurdifferenzen in einem Einspruch an den Direktor, des HO-Kreisbetriebes zusammengefaßt. In einer Geschäftsleitungssitzung, an der die Mitglieder der Inventurbrigade teilnahmen, wurde der Einspruch durch den Staatsanwalt begründet. In einem Beschluß zur Änderung der Inventurtätigkeit wurden Maßnahmen festgelegt, um die Mängel zu beseitigen. Um das Wesen der verbrechensbegünstigenden Faktoren zu bestimmen, muß man u. E. von den Ursachen der Kriminalität ausgehen. Die Kriminalität liegt nicht in der sozialistischen Gesellschaftsordnung selbst begründet. Gesellschaftliche Verhältnisse, die gesetzmäßig Kriminalität erzeugen, gibt es bei uns nicht mehr. Die Wurzeln der Kriminalität liegen außerhalb der sozialistischen Gesellschaftsordnung und bestehen in den feindlichen Angriffen des Klassengegners gegen unsere Gesellschaftsordnung und im Nachwirken alter, bürgerlicher Denk- und Lebensgewohnheiten bei einem Teil unserer Bürger. Wenn aber Verbrechen in unserer Gesellschaftsordnung keine objektive gesetzmäßige Erscheinung sind, können auch die begünstigenden Faktoren niemals in unserer . sozialistischen Gesellschaftsordnung selbst begründet liegen. Man kann daher nicht von begünstigenden Faktoren schlechthin sprechen, weil man sie dann als unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung wesenseigene Erscheinungen unterstellen würde, sondern nur von den begünstigenden Faktoren eines ganz bestimmten Verbrechens. In unseren Beispielen bestehen die verbrechensbegünstigenden Faktoren in der mangelnden Anleitung und Kontrolle der Leitungskräfte der MTS bei der Durchsetzung der Verkehrs- und Arbeitsschutzbestimmungen, in der ungenügenden Leitungstätigkeit des Rates der Stadt auf dem Gebiet der Ordnung und Sicherheit und in der ungesetzlichen Arbeitsweise der Inventurbrigade des HO-Kreisbetriebes. Es sind also negative Erscheinungen, die durch gesellschaftswidriges Verhalten von Menschen hervorgerufen wurden und zur Straftat in eine ganz bestimmte Beziehung traten. Andere Ungesetzlichkeiten oder Mißstände, die zur Straftat keine Beziehung hatten, sind keine verbrechensbegünsti-gehden Faktoren, selbst wenn sie im Rahmen der Ermittlungen bekannt werden. Selbstverständlich ist ihre Beseitigung durch die Allgemeine Aufsicht zu veranlassen. Die verbrechensbegünstigenden Faktoren können in verschiedener Art und Weise zur Straftat in Beziehung treten. Entweder ermöglichen oder fördern sie die Entwicklung, Ausbreitung oder Fortdauer eines Verbrechens, oder sie werden vom Täter bewußt, d. h. vorsätzlich, bei der Tatausführung ausgenutzt. In den ersten beiden Beispielen handelt es sich um verbrechensbegünstigende Faktoren, die nur in objektiver Hinsicht mit den Straftaten in Beziehung standen, ohne daß dieser Zustand bewußt von den Tätern ausgenutzt wurde. Zweifellos hat aber die mangelnde Kontrolle über die Einhaltung der Verkehrs- und Arbeitsschutzbestimmungen und das Fehlen eines bewachten Parkplatzes diese Straftaten ermöglicht und erleichtert. Im letzten Beispiel wird dagegen deutlich, daß der Kommissionshändler die pflichtwidrige ungesetzliche Arbeitsweise der Inventurbrigade bewußt zur Durchführung seiner Verbrechen ausgenutzt hat. Verbrechensbegünstigende Faktoren sind demnach durch gesellschaftswidriges Verhalten von Menschen hervorgerufene negative gesellschaftliche Erscheinungen, die entweder objektiv zur Straftat in Beziehung treten oder bewußt vom Täter bei der Tatausführung ausgenutzt werden und die Entwicklung, Ausbreitung oder Fortdauer eines Verbrechens ermöglichen und fördern. Das gesellschaftswidrige Verhalten reicht von der kritikbedürftigen, moralwidrigen, disziplinlosen und pflicht- widrigen bis zur strafbaren Handlung und ist letzten Endes auf die gleichen Ursachen wie die strafbaren Handlungen zurückzuführen. Verbrechensbegünstigende Faktoren sind also immer subjektiver Natur. Sie zwingen zu einer differenzierten Kritik an den Personen, die die verbrechensbegünstigenden Faktoren schuldhaft verursacht haben, oder begründen sogar ihre disziplinarische oder strafrechtliche Verantwortlichkeit. Verbrechensbegünstigende Faktoren und Gesellschaftsgefährlichkeit Das Problem, welchen Einfluß die verbrechensbegünstigenden Faktoren auf die Gesellschaftsgefährlichkeit haben, ist unseres Wissens bisher noch nicht umfassend untersucht und gelöst worden. Das kann auch nicht in diesem Beitrag erfolgen. Unsere Auffassung geht jedoch dahin, daß sie nur über das Subjekt oder die subjektive Seite auf den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit einwirken. Es besteht wohl kein Zweifel darüber, daß die vorsätzliche Ausnutzung von verbrechensbegünstigenden Faktoren durch den Täter zun Begehung seines Verbrechens wie in dem dritten Beispiel den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit erhöht. Die bewußtseinsmäßige Verarbeitung der verbrechensbegünstigenden Faktoren charakterisiert die Intensität des Angriffs und muß Gegenstand der kriminalpolizeilichen Ermittlungen zur Feststellung des Grades der Verantwortlichkeit sein. Das ändert nichts daran, daß bereits im Verlaufe der Ermittlungen die Beseitigung der verbrechensbegünstigenden Faktoren durch die Allgemeine Aufsicht eingeleitet werden muß. In dem ersten Beispiel wurde der Täter durch die verbrechensbegünstigenden Faktoren zur Vornahme einer Handlung ermuntert, die zu einer strafbaren Handlung führte. Durch das Verhalten der Leitungskräfte der MTS und seiner Kollegen wurde in ihm die Vorstellung bekräftigt, daß er einen nicht betriebssicheren Traktor benutzen könne, weil ja doch niemand etwas dagegen einwenden würde. Das kann in keiner Weise seine Verantwortlichkeit einschränken; unserer Auffassung nach können Ausgangspunkt nur die Anforderungen sein, die an eine sozialistische Persönlichkeit gestellt werden, so daß sich kein Täter zur Minderung seiner Verantwortlichkeit darauf berufen kann, daß auch andere gesellschaftswidrig gehandelt hätten. Das Urteil des Kreisgerichts Fürstenwalde mit der Anmerkung von G ö r n e r (NJ 1961 S. 250) ist u. E. ein Beispiel dafür, wie die verbrechensbegünstigenden Faktoren über das Subjekt auf den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit einwirken. Die persönlichen Umstände in der Familie und die ungenügende Unterstützung von seiten der gesellschaftlichen Organisationen haben die Genossenschaftsbäuerin zu einem überlasteten, von der Fülle der täglichen Arbeit ständig getriebenen Menschen gemacht, der eine Handlung beging, die nicht seinem gesellschaftlichen Gesamtverhalten entsprach und auf außergewöhnliche Anforderungen des Lebens zurückzuführen war. Die verbrechensbegünstigenden Faktoren äußerten sich in diesem Fall als Umstände, die in der Täterpersönlichkeit liegen. Das 'Fehlen der kameradschaftlichen Hilfe der örtlichen gesellschaftlichen Kräfte war ein Hemmnis für die Entwicklung der Genossenschaftsbäuerin und mußte daher bei der Feststellung des Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit berücksichtigt werden. Die Faktoren dagegen, die zwar wie in unserem zweiten Beispiel die Straftat begünstigten, ohne aber über das Subjekt oder die subjektive Seite zur Straftat in Beziehung zu treten, haben u. E. keinen Einfluß auf den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit. Für die Feststellung des Grades der Verantwortlichkeit lösen sich die verbrechensbegünstigenden Faktoren auf in Umstände der Täterpersönlichkeit oder in Umstände, die die Art und Weise der Begehung des Verbrechens 855;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 855 (NJ DDR 1961, S. 855) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 855 (NJ DDR 1961, S. 855)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und dabei zu gewährleisten, daß jeder Schuldige entsprechend den Gesetzen zur Verantwortung gezogen wird und kein Unschuldiger bestraft wird. Daraus erwachsen für die Arbeit Staatssicherheit zugleich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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