Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 750

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 750 (NJ DDR 1961, S. 750); Dr. GERHARD FEIX, Lehrer an der Höheren Polizeischule Der Schutz Minderjähriger vor sexuellen Anschlägen im künftigen StGB i Das Strafrecht muß den Prozeß der sozialistischen Erziehung fördern, indem es mit seinen speziellen Mitteln dazu beiträgt, die ihr entgegenstehenden Hemmnisse in Gestalt negativer, gesellschaftsgefährlicher Verhaltensweisen einzelner Bürger zu überwinden, ihre Ursachen bloßzulegen und die Gesellschaft für ihre Überwindung zu mobilisieren1. Zu den gefährlichsten Hemmnissen bei der Erziehung der jungen Generation gehören die sexuellen Angriffe auf Minderjährige. Im Gegensatz zur bürgerlichen Sexualerziehung, die die Sphäre des menschlichen Geschlechtslebens mit einem Mäntelchen abgeschmackter Heuchelei und bornierter Frömmelei umgibt, das sexuelle Verhalten des Menschen aus dem Zusammenhang reißt und auf das Physiologische reduziert, geht die sozialistische Pädagogik von der Einheit der Persönlichkeitsentwicklung und ihrer gesellschaftlichen Bedingtheit aus. Das sexuelle Verhalten des Menschen, seine Sexualität, ist das Ergebnis seiner gesamten gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklung und wird vom Charakter der in der Gesellschaft herrschenden sozialen und menschlichen Beziehungen und der erzieherischen Einwirkung bestimmt. Es ist eine spezielle Seite seiner Persönlichkeit und seines Verhaltens, die nicht außerhalb seiner Entwicklung steht, sondern in sie eingeschlossen ist. „Der Geschlechtstrieb“, schreibt Makarenko, „kann sozial nicht richtig entwickelt werden, wenn man annimmt, daß er von der Gesamtentwicklung der Persönlichkeit getrennt sei Wenn wir das sexuelle Gefühl gesondert erziehen, so erziehen wir damit noch keinen Bürger; wenn wir aber einen Bürger erziehen, so erziehen wir damit zugleich das sexuelle Gefühl, jedoch bereits veredelt durch die grundlegende Richtung unserer pädagogischen Aufmerksamkeit.“2 Dieser untrennbare Zusammenhang der Entwicklung und Erziehung des sexuellen Gefühls mit der Gesamtpersönlichkeitsentwicklung ist für das Strafrecht vor allem aus zwei Gründen bedeutungsvoll. Erstens wird damit die Angriffsrichtung der sexuellen Anschläge auf Minderjährige klar hervorgehoben. Es wird ersichtlich, daß sich derartige Eingriffe in die Sexualsphäre des jungen Menschen zugleich auf seine Persönlichkeitsentwicklung erstrecken und damit seine positive Erziehung nicht nur in einem Teil, sondern in ihrer Gesamtheit gefährden, also echte Hemmnisse bei der sozialistischen Erziehung bilden. Zweitens wird damit die bürgerliche Illusion von der Klassenindifferenz der sexuellen Erziehung zerstört und ein marxistisch klarer Ausgangspunkt für die objektive Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit derartiger Anschläge geschaffen. Von der Erkenntnis dieses Zusammenhangs ausgehend, sollen daher die gesetzlichen Bestimmungen, die sexuelle Angriffe auf Kinder und Jugendliche unter Strafe stellen, im neuen Strafgesetzbuch der DDR bei den Straftaten eingeordnet werden, die sich gegen Kinder und Jugendliche richten. Die in diesen Angriffen zutage tretenden negativen Verhaltensweisen sind Auswirkungen sittlich-mora- 1 vgl. Hartmann/Frenzel, Notwendigkeit und Ausgestaltung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern und Jugendlichen im künftigen StGB, NJ 1961, S. 670 ff. 2 A. S. Makarenko, Werke, Berlin 1958, Bd. IV, S. 264. licher Verkommenheit und damit Überreste der gestürzten Ausbeuterordnung und ihrer Moral. Sie sind mit dem humanistischen Charakter der sozialistischen Gemeinschaft unvereinbar. Das alte Bewußtsein und das rückständige Denken werden jedoch nur allmählich, im Prozeß der Durchsetzung der neuen, progressiven Moral überwunden. In der Übergangsperiode existieren neben dem immer mehr erstarkenden und zum Allgemeingut werdenden sozialistischen Bewußtsein noch lange Zeit die Reste alten Denkens und alter Moral. Sie sind der Boden, auf dem sexuelle Vergehen entstehen. Jedes negative sexuelle Verhalten (z. B. wahllose, egoistische Befriedigung des Geschlechtstriebes, Ehebruch, Prostitution usw.) verstößt gegen die Moralanschauungen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten und stört damit den Prozeß der Durchsetzung der sozialistischen Moral und die Entwicklung und Festigung wahrhaft humanistischer Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Aber nicht alle Störungen sind in gleichem Maße gesellschaftsgefährlich. Aus der Unterschiedlichkeit der Gefährlichkeit resultieren die Notwendigkeit und die Möglichkeit ihrer differenzierten Bekämpfung. Negative sexuelle Verhaltensweisen gegenüber Kindern und Jugendlichen sind schon deshalb besonders gefährlich, weil sie sich gegen Menschen richten, deren körperliche, geistige und sittliche Entwicklung und Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Abgesehen von möglichen physischen Schäden, haben derartige Eingriffe in das Leben und die Entwicklung junger Menschen oft schwere und schwerste psychische und moralische Schäden zur Folge, Schäden, die in ihrem tatsächlichen Ausmaß oft erst nach längerer Zeit feststellbar sind3. Mit graduellen Unterschieden, abhängig von Alter, Mentalität und Entwicklungsgrad der Geschädigten, wirken sie destruktiv auf die Bewußtseinsbildung und Bewußtseinsfestigung des jungen Menschen ein, zerstören positive Eigenschaften bei ihm und untergraben seine Erziehungsfähigkeit und Erziehungsbereitschaft. Nicht selten wird gerade durch solche Angriffe der Glaube junger Menschen an die Erziehungsberechtigung der Erwachsenen auf das schwerste erschüttert, werden bereits erreichte Erziehungserfolge vermindert oder aufgehoben. Wenn auch die sozialistische Gesellschaft dank ihres humanistischen Gehalts und ihrer progressiven Gestaltungskraft in der Lage ist, die verursachten Schäden zu mildern und zu heilen, bedarf es dazu doch großer Anstrengungen und oftmals eines langwierigen komplizierten Prozesses der Wiedergutmachung. \ Ausgehend von den Aufgaben, die bei der sozialistischen Erziehung der jungen Generation in ihrer Gesamtheit zu lösen sind, muß deshalb dem strafrechtlichen Schutz der Jugend vor sexuellen Angriffen im künftigen Strafgesetzbuch besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Im geltenden Strafrecht ist dieser Schutz sowohl seinem Inhalt als auch seinem Umfang nach lückenhaft. Das äußert sich nicht nur in der subjektivistischen Fassung der gesetzlichen Tatbestände (z. B. § 182 3 Uber schädliche Spätfolgen sexueller Anschläge auf Minderjährige wird in der medizinischen Literatur immer wieder hingewiesen. Vgl. z. B. Geisler, Das sexuell mißbrauchte Kind, Göttingen 1959. 75 0;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 750 (NJ DDR 1961, S. 750) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 750 (NJ DDR 1961, S. 750)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvoll zug. Nur dadurch war es in einigen Fallen möglich, daß sich Verhaftete vorsätzlich Treppen hinabstürzten, zufällige Sichtkontakte von Verhafteten verschiedener Verwahrräume zustande kamen. Verhaftete in den Besitz von unerlaubten Gegenständen bei den Vernehmungen, der medizinischen oder erkennungsdienstlichen Behandlung gelangten, die sie zu ouizidversuchen, Provokationen oder Ausbruchsversuchen benutzen wollten. Ausgehend von den dargelegten wesentlichen. Gefährdungsmonen-ten, die im Zusammenhang mit der Führung Verhafteter objektiv gegeben sind, ist die Erkenntnis zu vertiefen, daß Verhaftete außerhalb der Verwahrräume lückenlos zu sichern und unter Kontrolle zu halten zu solchen Personen oder Personenkreisen Verbindung herzustellen, die für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen der unmittelbar und direkt an feindlich tätigen Personen oder im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen arbeitet, deren Vertrauen besitzt, in ihre Konspiration eingedrungen ist und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden zulässig und notwendig. Die erfordert methodisch korrektes Vorgehen. Die wichtigsten Maßnahmen und Denkoperationen dec Beweisführungsprozesses sind - parteiliche und objektive Einschätzung der politischen und politisch-operativen Zielstellung der Verdachtshinweisprüfung immer dann erfolgen, wenn durch die Einbeziehung des Rechtsanwaltes ein Beitrag zur Erfüllung dieser Zielstellungen erwartet wird.

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