Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 748

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 748 (NJ DDR 1961, S. 748); heit aller Bürger vor dem Gesetz zu vereinbaren sei. Solche durchaus ernst zu nehmenden Fragen erfordern eine gründlichere Beantwortung, wozu in diesem Rahmen nur ein erster Versuch gemacht werden kann. Die bürgerlichen Gleichheitsvorstellungen beschränken sich auf Grund der inneren Gesetze der kapitalistischen Ökonomik als der entfalteten Warenproduktion mit Notwendigkeit auf die juristische Gleichheit: die bürgerliche Gleichheit ist die juristische Gleichheit. Sie abstrahiert von den realen gesellschaftlichen, namentlich ökonomischen Verhältnissen und ist daher formal. Der Kapitalismus bedarf zu seiner Existenz der völligen juristischen Gleichheit aller als Warenverkäufer (einschließlich der Lohnarbeiter, die als Verkäufer der Ware Arbeitskraft in formal gleiche Beziehungen zum Kapitalisten als Käufer dieser mehrwertschaffenden Ware treten). In der Herstellung dieser allgemeinen (bis dahin höchsten) formalen Gleichheit besteht das historische Verdienst des Kapitalismus in dieser Hinsicht. Indem aber nur die formale Gleichheit gesehen und zum Prinzip genommen wird, kann die reale soziale Ungleichheit, namentlich die zwischen eigentumslosem Lohnarbeiter und Kapitalisten, nach den Gesetzen der kapitalistischen Ökonomie um so sicherer und um so krasser vermehrt werden. Im späteren Kapitalismus wird die formale juristische Gleichheit infolge dqr immer wirksamer werdenden inneren Widersprüche des Kapitalismus schrittweise mehr oder weniger offen beseitigt. „Dieses Prinzip (der Gleichheit vor dem Gesetz E. B.), das die bürgerliche Gesellschaft einst verkündete, hat sie längst in den Staub getreten und vernichtet.“ 8 Der Marxismus erfaßt auch das Problem der Gleichheit wissenschaftlich; er begreift die Abhängigkeit auch der Gleichheit von der Ökonomie und den Klassen. Daher ist „der wirkliche Inhalt der proletarischen Gleichheitsforderungen die Forderung der Abschaffung der Klassen. Jede Gleichheitsforderung, die darüber hinausgeht, verläuft notwendig ins Absurde.“9 Wirkliche allgemeine Gleichheit der Menschen wird es also erst im Kommunismus geben. Sie wird dadurch gewährleistet, daß dort die klassenlose Gesellschaft besteht, in der die letzten Überreste der sozialen Unterschiede und der damit verbundenen Ungleichheit, die im sozialistischen Entwicklungsstadium noch unvermeidlich sind, beseitigt werden, nachdem das noch von einer realen Ungleichheit ausgehende Leistungsprinzip durch das kommunistische Verteilungsprinzip nach dem Bedürfnis ersetzt werden kann10. Demzufolge steht diese Aufgabe erst im Programm der Errichtung des Kommunismus: „Kommunismus ist eine klassenlose Gesellschaftsordnung, in der die Produktionsmittel einheitliches Volkseigentum und sämtliche Mitglieder der Gesellschaft sozial völlig gleich sein werden.“11 12 Im Sozialismus dagegen ist „das gleiche Recht immer noch dem Prinzip nach das bürgerliche Recht“, weil noch ähnlich wie beim Warenaustausch ein Austausch von Äquivalenten (d. h. eine . Entlohnung nach der Leistung) erfolgt und erfolgen muß; denn noch existieren Klassen und soziale UnterschiedeDie reale Gleichheit kann nicht dekretiert werden, sie ist die reife Frucht gesellschaftlich-ökonomischer Veränderungen. Jedoch ist die bei der erreichten Entwicklungsstufe in unserer Republik noch unvermeidliche reale Ungleich- 8 W. Ulbricht, Zum Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege, Schriftenreihe des Staatsrates der DDR Nr. 4/1961, S. 29. 11 Engels. Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (Anti-Dühring), Berlin 1953, S. 129. 1° Marx, Kritik des Gothaer Programms, Berlin 1946, S. 20, und Grundlagen des Marxismus-Leninismus (Lehrbuch), Berlin 1960, S. 816. H Programm der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Entwurf), Einheit, Sonderheft, S. 41. 12 Marx, a. a. O. heit eine vielfältig gemilderte und geringere als im Kapitalismus, vom Imperialismus und den anderen Ausbeuterordnungen gar nicht zu reden. Denn der Klassenantagonismus ist innerhalb der DDR im wesentlichen beseitigt; es gibt im wesentlichen nur noch zwei befreundete Klassen von Werktätigen, die Arbeiter und die Genossenschaftsbauern. Die von Ausbeutung freie Arbeit, die Leistung des einzelnen frei von juristischen oder ökonomischen Privilegien , ist bereits im wesentlichen der Maßstab der Gesellschaft. „Wir verstehen unter Gerechtigkeit, daß alle Bürger gleichberechtigt am sozialistischen Aufbau teilnehmen und durch ihre gemeinsame Arbeit ein schöneres Leben für alle schaffen, daß es keine privilegierten Klassen gibt, die das Volk ausbeuten und unterdrücken.“13 Das ist unsere Gleichheit von heute, eine erstmals reale soziale (wenngleich noch nicht vollkommene) Gleichheit, die höchste Gleichheit, die es je in Deutschland gab, bei der wie Marx einmal sagte „Prinzip und Praxis sich nicht mehr in den Haaren liegen“14. Auf diese Weise entwickeln wir die bürgerliche, reine formale Gleichheit, die zu ihrer Zeit eine historische Errungenschaft der Menschheit war, zur realen sozialen Gleichheit weiter. Wie sieht es nun damit im Strafrecht aus? Zunächst müssen wir uns der Erkenntnis von Marx erinnern, daß „alles Recht“ auch unser sozialistisches Strafrecht „seinem Inhalt nach ein Recht der Ungleichheit“ ist. Denn „das Recht kann seiner Natur nach nur in Anwendung von gleichem Maßstab“ auf „ungleiche Individuen“ bestehen15. Solange es noch bis zur entfalteten kommunistischen Gesellschaft des Rechts bedarf, herrscht auch noch keine volle reale Gleichheit. Das Recht kann die ungleichen Individuen nur von einer bestimmten Seite erfassen, es muß also notwendig einseitig und damit ungleich sein 16. Auch das sozialistische Strafrecht kann diese dem Wesen des Rechts eigentümliche Begrenztheit nicht überspringen. Wichtig ist jedoch und darin liegt der qualitative Unterschied zum bürgerlichen Strafrecht , von welcher Seite die Individuen und ihre Äußerungsformen, ihre Handlungen erfaßt werden, um die unvermeidliche Einseitigkeit auf ein Minimum zu reduzieren. Das „klassische“ bürgerliche Strafrecht mit seiner Gleichheit vor dem Gesetz betrachtet nur die äußere Straftat. Durch das Außerachtlassen jedes weiteren gesellschaftlich-klassenmäßigen Gesichtspunktes entsteht ein Höchstmaß an Einseitigkeit die Ungleichheit im bürgerlichen Strafrecht. Wir schätzen in unserem sozialistischen Strafrecht die Tat mit Hilfe des Begriffs der Gesellschaftsgefährlichkeit in ihrer realen gesellschaftlichen Bedeutung, insbesondere in ihrem Verhältnis zum sozialistischen Aufbau, und den Täter nicht als abstraktes Individuum, sondern als Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, in seinem konkreten Entwicklungsstand innerhalb seiner Klasse bzw. seiner näheren sozialen Umgebung ein. Durch diese breite gesellschaftliche Sicht reduzieren wir die Einseitigkeit des Rechts auf ein Minimum. Dadurch negieren und überwinden wir die formale bürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz; wir treten bewußt in Widerspruch zu ihr. Indem wir das Strafrecht bewußt dem Prozeß der sozialen Umgestaltung, dem Kampf um den Frieden unterordnen, indem wir die treibenden gesellschaftlichen Kräfte in unsere strafrechtliche Betrachtung einbeziehen was die bürgerlichen Juristen von ihrem formalen Standpunkt 13 Programmatische Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht, vor der Volkskammer am 4. Oktober 1960, Schriftenreihe des Slaatsrates der DDR Nr. 2/ 1960, S. 42. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit sind auch die nächsten beiden Erläuterungen unserer Gerechtigkeit hervorzuheben: das Leistungsprinzip und gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle. 14 Marx, a. a. O. 15 a. a. O. 18 a. a. O. 748;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 748 (NJ DDR 1961, S. 748) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 748 (NJ DDR 1961, S. 748)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges berechtigt. Die Bestätigung ist unverzüglich beim Leiterder Abteilung einzuholen. Er hat diese Maßnahmen zu bestätigen oder aufzuheben. Über die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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