Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 747

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 747 (NJ DDR 1961, S. 747); anders. Eine solche Trennung und Gegenüberstellung würde zwangsläufig dazu führen, daß das vom sozialistischen Staat gesetzte Recht von außen durch das, was der einzelne gesondert für parteilich hält, korrigiert, d. h. verletzt wird. In solchem Falle würde das Objektive und Bewußte das sozialistische Recht durch den Subjektivismus und die Spontaneität aufgehoben. Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Parteibeschlüssen und Gesetzlichkeit. Die Beschlüsse der Partei erwachsen aus der Erkenntnis des historisch Notwendigen, sind die praktisch-politische Umsetzung dessen. Sie sind die Grundlage unserer Gesetzlichkeit und unserer Gesetze. Diese nehmen ihrerseits in Form staatlich verbindlicher Rechtsnormen die in den‘Parteibeschlüssen bereits erkannte und herausgearbeitete Gesetzmäßigkeit unserer gesellschaftlichen Entwicklung in sich auf, konkretisieren sie und sind in diesem Sinne selbst Parteibeschlüsse. Unser sozialistisches Recht ist als Instrument der staatlich herrschenden Arbeiterklasse ein spezifischer Ausdruck der führenden Rolle der Partei. Der Wille der Partei wird in unserem sozialistischen Recht fixiert. Verletzung oder Mißachtung unserer Gesetzlichkeit bedeutet daher letztlich Verletzung bzw. Mißachtung von Parteibeschlüssen. Das wird noch oft, auch * von politischen Funktionären, in rechtsnihilistischer Weise verkannt. In Diskussionen nacfi dem Rechtspflegebeschluß des Staatsrates ging es öfter auch um das Problem der Zweckmäßigkeit und der Auslegung der Gesetze. Die höchste Zweckmäßigkeit im Interesse der Arbeiterklasse, des ganzen deutschen Volkes und nur um eine solche kann es doch gehen ist die sozialistische Gesetzlichkeit, ist die genaue Einhaltung unserer Gesetze. Gegen den eindeutig erklärten Wortlaut des Gesetzes kann es keinerlei wirkliche Zweckmäßigkeit geben. Aber unsere Gesetze lassen zwangsläufig einen Spielraum bis zu der allgemein verbindlichen Schranke, die im Interesse der einheitlichen Durchsetzung der wissenschaftlich und objektiv begründeten staatlichen Leitung gesetzt wurde und die in keinem Fall durchbrochen oder mit welcher Begründung auch immer umgangen werden darf. Innerhalb dieses Spielraumes hat der einzelne Justizfunktionär schöpferisch und eigenverantwortlich die Entscheidung zu finden, die bei der gegebenen Situation am besten dem objektiven politischen Sinn des Gesetzes als Instrument der staatlichen Leitung entspricht. Damit wird an den sozialistischen Juristen eine weit höhere Anforderung gestellt als an den des bürgerlichen Staates. Dort geht es von gesetzesfeindlichen Erscheinungen abgesehen auf Grund der bürgerlichen Rechtsvorstellung im wesentlichen um eine formal-logische Subsumtion, bei der im Prinzip die Spontaneität der bürgerlichen Rechtsideologie das politisch gewünschte Ergebnis liefert. Vom sozialistischen Juristen dagegen wird eine bewußte schöpferische Anwendung der gesetzlich fixierten staatlichen Leistungsprinzipien auf die Besonderheiten des einzelnen Falles verlangt. Dazu muß er einmal den Sinn und die Funktion des Gesetzes als Moment der gesamtstaatlichen Leitung des geschichtlichen Umwälzungsprozesses auch in seiner veränderten Bedeutung in einer veränderten Situation wissen- ' schaftüch erfaßt haben. Zum anderen muß er fortlaufend über die gesellschaftliche Situation, die Hauptwidersprüche in seinem Tätigkeitsbereich unterrichtet sein und bei dem einzelnen an ihn herantretenden Konflikt ergründen: 1. wieso es überhaupt zu der Straftat kommen konnte6; 2. welche Persönlichkeit der Täter ist und welches Verhältnis zwischen ihm und der Tat besteht (insbesondere Inhalt der Schuld); 3. welche objektive Bedeutung die Tat für unsere gesellschaftliche Entwicklung hat; 6 vgl. Polak, a. a. O., S. 619. 4. ob und wie durch eine strafrechtliche Entscheidung die gesellschaftliche Lösung des in der Tat zutage getretenen Konflikts aktiv gefördert werden kann. Diese schwierigen Fragen können nicht routinemäßig praktizistisch, allein mit dem Gefühl oder Klasseninstinkt, sondern nur mit einem hohen theoretischen Niveau und dem ernsthaften Bemühen, tiefer in die einzelnen Erscheinungen einzudringen, gelöst werden. Daher genügt im Unterschied zum bürgerlichen Juristen und seinem routinemäßigen Schematismus bei uns ein einmaliges Studium des (nach bürgerlicher Auffassung im Prinzip unveränderlichen) Rechtssystems nicht. Da das sozialistische Recht im Gegensatz zum bürgerlichen bewußt und schöpferisch angewandt zu werden verlangt, muß der sozialistische Jurist ein fortlaufendes praktisches und theoretisches Studium betreiben. Die in unserer Justizpraxis keineswegs selten anzutreffende Sorglosigkeit im Selbststudium, in der theoretischen Qualifizierung ist ebenfalls ein Ausdruck des Nachwirkens bürgerlichen Rechtsbewußtseins, insbesondere des theoriefeindlichen, routinehaften, schematischen bürgerlichen Rechtsdenkens 7. Bei der praktischen Anwendung der Gesetze, darunter auch sehr alter, wie z. B. des StGB von 1870, kann die Frage auftauchen, inwieweit die eine oder andere Bestimmung nicht mehr den heutigen Verhältnissen entspricht bzw. den gesellschaftlichen Fortschritt hemmt. Solche Widersprüche, die m. E. jedoch im heutigen Strafrecht der DDR keine so große Rolle spielen, sind in der Übergangsperiode natürlich gesetzmäßig. Entscheidend ist, daß sie nicht subjektivistisch, nach der individuellen Auffassung des einen oder des anderen Justizfunktionärs, der einen solchen Widerspruch annimmt, gelöst werden. Der einzelne Justizfunktionär hat das Gesetz entsprechend seinem Wortlaut und seinem Sinn und Inhalt anzuwenden; er hat aber die Pflicht, seine Beobachtung an die zentralen Organe sofort zu signalisieren, damit von dort eine einheitliche, objektive, der Gesetzlichkeit entsprechende Lösung vorgenommen bzw. eingeleitet wird. Solche Hinweise sind für die exakte staatliche Leitung von außerordentlicher Bedeutung, auch in bezug auf die Strafgesetzgebung unseres Staates. Unsere Gesetzlichkeit ist kein starres Schema; sie ist ihrem Inhalt nach revolutionär, kapselt sich nicht von der Geschichte ab. Das zeigt sich im Strafrecht besonders deutlich in der gesetzlichen Fixierung des materiellen Verbrechensbegriffs, im geltenden Recht in der Bestimmung des § 8 StEG. Kein bürgerliches Strafrecht kennt eine vergleichbare Bestimmung, denn dort wird das Verbrechen notwendigerweise abstrakt, als Normwidrigkeit, ohne Bezug auf die Gesellschaft und ihre gesetzmäßige Entwicklung definiert. Bei uns ist aber gerade durch den § 8 StEG die Verbindung zur gesellschaftlichen Entwicklung hergestellt. Hier wird die Abkehr vom bürgerlichen Rechtsformalismus am deutlichsten, weshalb die richtige Anwendung des § 8 unserer Praxis nicht geringe Schwierigkeiten bereitet. Denn der § 8 zieht keine starre, formale, ein für allemal gegebene Grenze zum Nichtverbrechen, sondern setzt zu seiner richtigen Anwendung die richtige Einschätzung des jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungsstandes voraus und schließt damit die ganze Vielfalt und Kompliziertheit, die ganze Dialektik unserer gesellschaftlichen Entwicklung, auch im gesamtnationalen und internationalen Rahmen, in sich ein. An dieser Problematik spitzt sich auch die Frage der Gleichheit vor dem Gesetz, die eng mit dem Problem der Gesetzlichkeit verbunden ist, in unserer Ordnung zu. Insbesondere tritt die Frage auf, ob das Differenzierungs- . prinzip der Gleichheitsforderung widerspreche und inwieweit die Möglichkeit, kleinere Straftaten von Arbeitern nicht vor Gericht zu verhandeln, mit der Gleich- * 7 a. a. O., S. 633. 747;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 747 (NJ DDR 1961, S. 747) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 747 (NJ DDR 1961, S. 747)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß Ermittlungshandlungen, wie zum Beispiel bestimmte Untersuchungsexperinente, zur Nachtzeit durchgeführt und gesichert werden müssen. Diese Orte sind deshalb durch verdeckt oder offen dislozierte Sicherungskräfte zu sichern, in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage kompromittierenden Materials, Werbung unter Ausnutzung materieller Interessiertheit. Werbung durch politische Überzeugung. Bei dieser Art der Werbung kann das Einverständnis des Kandidaten zur Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage kompromittierenden Materials, Werbung unter Ausnutzung materieller Interessiertheit. Werbung durch politische Überzeugung. Bei dieser Art der Werbung kann das Einverständnis des Kandidaten zur Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit Thesen zur Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Heyer, Anforderungen an die Führungs- und Leitungstätigkeit für die optimale Nutzung der operativen Basis in den Bezirken der zur Erhöhung der Effektivität der politischoperativen Arbeit wurde vom Leiter entschieden, einen hauptamtlichen zu schaffen. Für seine Auswahl und für seinen Einsatz wurde vom Leiter festgelegt: Der muß in der Lage sein, die Schwerpunkte des Militärverkehrs, wie die Kommandozentralen, die wichtigsten Magistralen und die Beund Entladebahnhöfe mit den zu übergebenden zuverlässig abzusichern.

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