Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 681

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 681 (NJ DDR 1961, S. 681); wißheit erlangen, daß sie keinen Anlaß haben, ihre Versetzung in den Ruhestand zu beantragen.“ 5 6 Diese Formulierung läßt deutlich erkennen, daß die Justizverwaltungen an die unmenschlichen Todesurteile der belasteten Richter und Staatsanwälte nicht den Maßstab der Gerechtigkeit legen, sondern sie unter Anerkennung faschistischer Ansichten prüfen sollen. Dazu gehört offenbar die Auffassung, daß die Bevölkerung damals ein „gesteigertes Schutzbedürfnis“ vor Antifaschisten hatte. Nur Urteile, die von solchen Standpunkten aus betrachtet nicht „verständlich bleiben sollen die Stellung der betreffenden Richter oder Staatsanwälte in den gegenwärtigen westdeutschen Gerichten erschüttern. Weil die Bonner Regierungs- und Justizbürokratie ihr Gesicht auch dann wahren zu können glaubt, wenn eine ganz geringe Zahl von Richtern und Staatsanwälten auf Grund des § 116 ausscheidet, sollen nur solche Richter und Staatsanwälte als untragbar angesehen werden, „die in der Zeit des Dritten Reiches bei Todesurteilen mitgewirkt haben, die auch bei voller Würdigung der damaligen Verhältnisse, besonders der damaligen, von den Richtern und Staatsanwälten nicht allein zu verantwortenden Denkweise und des Kriegszustandes jedes gerechte Maß der Sühne überschritten haben, obwohl nach den z. Z. der Urteilsverkündung geltenden Gesetzen eine mildere Strafe möglich gewesen wäre“.0 Nach der in Bonn herrschenden Ansicht fordert also nicht schon die Mitwirkung eines Richters oder Staatsanwalts an den 65 000 Todesurteilen der Kriegs- und Sondergerichte seine sofortige Entlassung, sondern die Paladine der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ sehen die Mitwirkung von Richtern und Staatsanwälten erst an solchen Todesurteilen der Kriegs- und Sondergerichte als suspekt an, die selbst bei faschistischer Denkweise und auf der Grundlage der Kriegshysterie der Nazis noch übersteigerte Härte enthalten. Das heißt, daß die prüfenden Justizverwaltungen die in Frage kommenden Bluturteile von faschistischen Positionen aus einschätzen sollen. Auf diese Weise gelangte der Rechtsausschuß zu der Zwecklüge, die Zahl der belasteten Richter und Staatsanwälte betrage noch nicht einmal ein Prozent der in der ordentlichen Gerichtsbarkeit stehenden Richter und Staatsanwälte7. Als der Bundestag der Verabschiedung des Richtergesetzes zustimmte, lag ihm eine bisher geheimgehaltene Liste mit nur 72 Namen von Blutrichtern vor, die für den vorzeitigen Ruhestand in Frage kommen sollen8. Demnach war von vornherein klar: Der Gesetzestext war nur Schall und Rauch, um in der Öffentlichkeit die Illusion hervorzurufen, Bonn beabsichtige eine Reinigung des westdeutschen Justizapparates von den 1155 Blutrichtern und -Staatsanwälten. Der § 116 des Richtergesetzes soll nicht die vorzeitige Pensionierung von 1155 Blutrichtern und Blutstaatsanwälten ermöglichen, sondern nur auf 72 Mörder in Roben angewandt werden. Nur diese Auslese wird als kriminell genug angesehen, um ihnen den „ehrenvollen“ Abgang in den vorzeitigen Ruhestand zu bewilligen, wenn sie ihn beantragen. Bonner Konsequenzen Schon vor sechzehn Jahren hatten das Potsdamer Abkommen (Abschnitt III, Ziff. 6 und 8) und das Kontroll-ratsgesetz Nr. 4 die Entfernung aller Personen aus dem Justizapparat gefordert, die an den Strafmethoden des Hitler-Regimes direkten Anteil hatten. Länger als fünf Jahre schon hat sich die westdeutsche Justiz geweigert, aus dem ihr von der Deutschen Demokratischen Repu- 5 a. a. O., S. 24/25. 6 ebenda. 7 ebenda. 8 vgl. ND (Ausg. A) vom 16. Juni 1961. blik übergebenen Beweismaterial über die von 1155 westdeutschen Richtern und Staatsanwälten in der Nazizeit begangenen Verbrechen irgendeine Konsequenz zu ziehen8. Erdrückt von unwiderlegbaren Dokumenten und gedrängt durch die Empörung der Völker muß jetzt selbst vom höchsten 'Parlament dieses Unrechtsstaates eingestanden werden, daß Kriminelle als Richter und Staatsanwälte bis heute geduldet wurden bzw. noch amtieren. Und worin bestehen die Konsequenzen, die der Bundestag aus seinen eigenen Feststellungen zieht? 1. Die Mitwirkung von Richtern und Staatsanwälten an Todesurteilen der Sondergerichte in der Zeit vom 21. März 1933 bis zum 31. August 1939 wird absolut ignoriert. 2. Wegen der Mitwirkung an den unmenschlich harten Todesurteilen der Sonder- und Kriegsgerichte während der Kriegszeit erfolgt keine Bestrafung. Selbst nach einer moralischen Schuld wird nicht gefragt. 3. Die erkannten Verbrecher dürfen weiter als Richter oder Staatsanwälte in der westdeutschen Justiz wirken. Es ist in ihre Hände gelegt, ob und wann sie ihre Entlassung beantragen. 4. Stellen sie bis zum 30. Juni 1962 den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand, so führt die Genehmigung des Antrages zur ehrenvollen Pensionierung. Die Ablehnung des Antrages hat zur Folge, daß der antragstellende Verbrecher die Robe des Richters oder Staatsanwalts bis zur Erreichung seines Pensionsalters weiter trägt. Was aber geschieht, wenn sich unter den 72 Verbrechern, für die Bonn das Privileg der vorzeitigen Pensionierung vorgesehen hat, etliche nicht bereit finden, den Weg zu gehen, den ihnen ihr Staat der Globke, Heusinger, Maßfeiler usw. geebnet hat? In diesem Fall, so versichert der Bundestag, wird er „eine grundgesetzliche Entscheidung treffen, daß jeder Richter und Staatsanwalt, der ein unverantwortliches und unmenschliches Todesurteil mitverschuldete, sein Amt verliert“9. Aber bis zum Zeitpunkt dieses Kraftaktes des Bundestages hindert aus „rechtsstaatlichen“ Gründen selbstverständlich niemand die als entmenscht erkannten Richter und Staatsanwälte daran, weiter im Namen des Volkes „Recht“ zu sprechen. Überdies ist es in der Bundesrepublik noch sehr umstritten, ob der Bundestag das Grundgesetz mit dem Ziel der Amtsentlassung der Blutrichter ändern darf. Als z. B. das Präsidium des Deutschen Richterbundes davon erfuhr, „daß Pläne für den Erlaß eines verfassungsändernden Gesetzes bestehen, das Maßnahmen gegen belastete Richter und Staatsanwälte ermöglichen soll“10, beriet es darüber in seiner Arbeitstagung vom 11. und 12. April 1961. „Im Präsidium bestand Einigkeit darüber, daß gegen ein derartiges Sondergesetz gegen eine kleine Gruppe eines einzelnen Berufsstandes aus diesem besonderen Anlaß stärkste Bedenken der verschiedensten Art bestehen.“11 Selbst ein Richter des höchsten Gerichtshofes, Bundesrichter Dr. Herbert Arndt, sah sich verpflichtet, den Blutrichtern beizustehen und gegen ein solches verfassungsänderndes Gesetz aufzutreten. Er schrieb im Juli 1961: „Da es sich dabei auch um Fälle handelt, die weder strafrechtlich noch dienststrafrechtlich zu beanstanden sind, bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit eines solchen weitergehenden Gesetzes, weil es eine kleine Gruppe eines Berufsstandes diskriminieren und damit möglicherweise selbst gegen Sa vgl. hierzu Foth, Die Verbrechen der Blutrichter ver-jähren nicht!, NJ 1960 S. 400 ff. 9 Entschließung des Bundestages zum Richtergesetz vom 14. Juni 1961, Deutsche Richterzeitung 1961, Nr. 7, S. 197. 10 Deutsche Richterzeitung 1961, Nr. 5, S. 161. 11 ebenda. 681;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 681 (NJ DDR 1961, S. 681) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 681 (NJ DDR 1961, S. 681)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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