Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 64

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 64 (NJ DDR 1961, S. 64); landesgericht, im Adenauer-Staat Ministerialdirigent im Außenministerium soll bezeugen können, daß Becker nur deshalb in das Sondergericht gekommen sei, um den „Anteil der ordentlichen Richter zu verstärken“. Als der außenpolitische Raab davon erfuhr, erklärte er, daß er davon nichts wisse. Man kann es dem damals braunen, heute schwarzen Raab(en) nicht verdenken, daß er nicht spricht: Entlastet er Becker, so kann das ins Auge gehen, belastet er Becker, so könnte dieser auspacken. 3. Sagt Becker: „Ins Sondergericht bin ich geradezu genötigt worden und habe mich mehrfach gesträubt.“ Der Hauptzeuge für diese Version in Beckers Entlastungsoffensive ist der ehemalige Kölner Landgerichtspräsident Müller. Dieser Mann, der in Köln unter dem Namen „Kopf-ab-Müller“ mehr berüchtigt als bekannt ist, soll Becker deshalb zum Sondergericht gebracht haben, weil seine Urteile „zu weich“ gewesen seien und er es für notwendig befunden habe, daß Becker am Sondergericht „die nationale Härte lernt“. Aber auch diese Version ist geplatzt wie eine Seifenblase, denn „Kopf-ab-Müller“ hat bereits 1948 als Angeklagter vor dem Bonner Schwurgericht glaubhaft nachweisen können, daß über die Berufungen zum Kölner Sondergericht allein der Kölner Oberlandesgerichtspräsident Bergmann entschieden habe. Im gleichen Prozeß hat „Kopf-ab-Müller“, der im übrigen vom Bonner Schwurgericht trotz verübter Verbrechen gegen die Menschlichkeit freigesprochen wurde, erklärt, daß „Becker sich damals ebenso freudig zum Führer bekannt habe, wie alle anderen auch“. Unterdessen sind Einzelheiten aus der blutigen Praxis des Herrn Landgerichtspräsidenten bekannt geworden. Dafür ein einziges Beispiel: Nach einem Luftangriff hatte ein Nachtwächter aus einem Kölner Geschäft einige Kleinigkeiten gestohlen. Der bis zu diesem Tage unbescholtene Angeklagte hatte ein Attest, in dem ihm wehrmachtsamtlich bescheinigt wurde, daß er wegen eines „Kopfschadens vom Wehrdienst befreit“ sei. Obwohl hier eine eindeutige Möglichkeit bestand, den Täter wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit zu einer milden Strafe zu verurteilen, erkannte der Scharfmacher Becker auf Todesstrafe. Heute erklärt dieser Mörder: „Härte war vorgeschrieben.“ Ausgerüstet mit einer solchen Vergangenheit, war der Blutrichter Becker natürlich der geeignete Mann Adenauers. Dafür nur zwei Beispiele: Während des sog. Strack-Prozesses, den die Erste Strafkammer des Bonner Landgerichts gegen den Staatssekretär Hallstein und den Ministerialdirektor Blanken-horn wegen falscher Anschuldigungen führte, stellte Becker den Angeklagten ein besonderes Zimmer im Landgericht zur Verfügung, damit sie ungestört und vornehm zugleich sich mit ihren Verteidigern beraten konnten. In der Strafsache gegen Adenauers Persönlichen Referenten Kilb, der bekanntlich Mercedes-Leihwagen gefahren und deshalb der passiven Bestechung beschuldigt war, hat Becker dem Herrn Bundeskanzler aus einer Zwickmühle geholfen. Obwohl sich Adenauer persönlich für Kilb verwendet hatte, war der Antrag auf eine neuerliche Vernehmung zugunsten Kilbs von der Ersten Strafkammer abgelehnt, worden. In dieser prekären Situation wurde Becker von dem Parteifreund Adenauers, dem nordrhein-westfälischen Justizminister Flehinghaus, zum Landgerichtspräsidenten gemacht, um „Ordnung“ ins Landgericht zu bringen. Kurze Zeit darauf wurde unter dem Vorsitz Beckers die Geschäftsverteilung im Landgericht Bonn „neu“ geregelt: Die Strafsache Kilb wurde der Ersten Strafkammer entzogen und einer anderen Strafkammer zugewiesen, die dann dieses lästige Verfahren prompt und wunschgemäß eingestellt hat. Und wie geht es mit dem Sonderrichter Becker nun weiter? Zunächst „prüft“ man im Justizministerium seine als Urteile bezeichneten Rechtsbeugungsakte. Nach der „Prüfung“ wird über die Sache Becker vermutlich ein anderer Minister entscheiden, denn Herr Flehinghaus ist befangen: Zu einer Zeit, als er noch Rechtsanwalt war, gehörte der braune Heinrich zu seinen Klienten. Ansonsten wird nichts passieren. Der Bonner Staat braucht solche Kreaturen wie Becker. Sie sind immer bereit, den kleinen Dieb zu hängen und den großen Räuber laufen zu lassen. JOSEF STREIT, Berlin Sammlungen Einem außerordentlich interessanten Test verweigerte unlängst der Bundestag seine Unterstützung. Um die Frage zu klären, „ob ein Befehl Hitlers heute noch mehr gilt als das Grundgesetz", hatte der SPD-Bundestags-abgeordnete Dr. Adolf Arndt seit mehreren Monaten versucht, eine Selbstanzeige anzubringen. Hatte er doch vor einiger Zeit in einer süddeutschen Zeitung einen Sammlungsaufruf erlassen, der den Bau einer Anne-Frank-Jugendherberge in Israel ermöglichen sollte. Ohne behördliche Genehmigung, leichtsinnigerweise. Der Bayrische Jugendring griff diesen Aufruf auf und bereitete seine Verwirklichung vor. Als er zur verdienstvollen Tat schreiten wollte, schritten die zuständigen Regierungsstellen ein. Sie verboten die Sammlung und begründeten die Maßnahme mit jenem Sammlungsgesetz der Nationalsozialisten aus dem Jahre 1935, das daztT diente, alle Sammlungen im Dritten Reich von der Genehmigung der NSDAP abhängig zu machen. Dem Bundestagsabgeordneten Arndt leuchtete diese Begründung nicht ein. Damit war er zwar nicht der erste Bundesbürger, der hier stutzte aber doch wohl immerhin der erste Bundestagsabgeordnete. Arndt, der Kron-jurist der SPD, faßte den Entschluß, der Sache endlich einmal auf den Grund zu gehen. Mittels einer Selbstanzeige wollte er an seiner eigenen Person die Überlegenheit des Grundgesetzes über das NS-Gesetz demonstrieren lassen. Um das Verfahren zu starten, bedurfte es nur einer formalen Voraussetzung: Der Bundestag mußte vorübergehend seine parlamentarische Immunität aufheben, damit der Musterprozeß auch einen Angeklagten habe. Aber siehe da: Einstimmig lehnte das Hohe Haus diesen Antrag Arndts ab. Der Immunitätsausschuß hatte die Ablehnung empfohlen. Er wollte nicht, daß gegen Arndi ein Strafverfahren eröffnet werde, zudem laufe ja in dieser Sache bereits eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht. So wissen wir leider immer noch nicht, was mehr gilt: ein Nazibefehl oder das Grundgesetz, denn Normen-kontrollklagen haben die unangenehmen Eigenschaften, sehr lange „zu laufen“. Eine schnelle Arbeit aber wurde bewußt verhindert, einstimmig. Womit erreicht wäre, daß auch weiterhin Sammlungen verboten werden können, die behördlich nicht genehmigt sind. Und was für Sammlungen waren das werden das sein? -herb- (Entnommen aus: Die andere Zeitung, Hamburg, i960, Nr. 51 Dritte Dezember-Ausgabe) 64;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 64 (NJ DDR 1961, S. 64) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 64 (NJ DDR 1961, S. 64)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Zu beachten ist hierbei, daß die einzelnen Faktoren und der Gesellschaft liehen Umwelt, fowohl die innerhalb der sozialistischen Gesellschaft liegenden als auch die Einwirkungen des imperialistischen Herrschaftssystems unter dem Aspekt ihres Charakters, ihrer sich ändernden Rolle und Bedeutung für den einzelnen Bürger der im Zusammenhang mit Bahro entfachten Hetzkampagne des Gegners, war aufgrund politisch-operativer Inforiiiationen zu erwarten, daß der Geqner feindlich-negative Kräfte zu Protestaktionen, Sympathiebekundungen für Bahro sowie zu anderen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise des Vollziehens der richterlich angeordneten Untersuchungshaft. Er legt zugleich die Ordnungs- und Verhaltensregelungen für Verhaftete in den Untersuchungshaftanstalten verbindlich fest.

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