Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 635

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 635 (NJ DDR 1961, S. 635); menten gezogenen Schlußfolgerungen und wissenschaftlichen Verallgemeinerungen eine weitreichende Bedeutung. Sie gehen von der Praxis aus und führen durch Schlußfolgerungen wieder zu ihr zurück, um die gewonnenen Erkenntnisse für das gesellschaftliche und staatliche Leben nutzbar zu machen. Sie dienen damit der Verwirklichung der Erkenntnis, die Marx in den Thesen über Feuerbach prägnant zusammengefaßt hat, daß nämlich allein die revolutionäre Praxis des Menschen in der Lage ist, die Umstände also die Gesellschaft und den Menschen von Grund auf zu ändern22. Unsere Methodologie basiert also auf der Erkenntnis, daß das Wesen des Menschen das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, in welchen er lebt, ist. Wir wollen und müssen die maximale gesellschaftliche Effektivität der sozialistischen Erziehungsverhältnisse durch unsere Arbeit unterstützen, indem wir im Prozeß der Ursachenforschung im weitesten Sinne die Hemmnisse aufdecken, die ihrer vollen erzieherischen Wirksamkeit entgegenstehen und damit ihre kriminalitätsverhütende, ihre in dieser Hinsicht wahrhaft prophylaktische Rolle verhindern oder stören. Das bedeutet, daß wir an Hand von Tatsachen und methodisch durch deren Untersuchung die umfassenden staatlichen und gesellschaftlichen Probleme der Erziehungsarbeit mit einbeziehen. Von dieser methodischen Position sind ehgste Berührungspunkte mit den Problemen des Staats- und Schulrechts, mit dem Problem der Kulturrevolution überhaupt gegeben. Das heißt, mit allen in Frage kommenden Disziplinen der Gesellschafts-wissensdjaften zusammenzuarbeiten und auf deren Erkenntnisse und Einzeluntersuchungen aufzubauen, sie zu verwerten. Forschungsmäßig muß man sich natürlich im klaren sein, daß wir aus der Fülle der Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens, ihrer Verflochtenheit und wechselseitigen Gebundenheit mit den Begriffen wie Ursache oder Bedingung die wesentlichen Seiten der Erscheinungen nur annähernd wiedergeben. Wir sind gezwungen, aus dem Komplex der vielfältigen Erscheinungen diese oder jene Seiten gedanklich von anderen oder aus anderen Zusammenhängen herauszulösen und zu isolieren. Nur durch solche gedankliche Isolierung können wir das Bestimmende und damit das Wesentliche innerhalb der zahllosen miteinander verflochtenen Kausalketten hervorheben23. Dabei erleichtert uns die in den oben genannten Erkenntnisquellen gegebenen allgemeinen Hinweise methodologisch den vorzunehmenden Isolierungsprozeß. Sie lassen uns das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen. Durch die Analyse der gesellschaftlichen Prozesse erhalten wir nämlich die Erkenntnis über die Wirksamkeit bestimmter Widersprüche in unserer jetzigen Entwicklungsetappe und deren ideologische Widerspiegelung in den Köpfen einzelner, die bestimmte Straftaten begangen haben. Die Nutzbarmachung der genannten Erkenntnisquellen sichert auch schnelle Ergebnisse, die wir angesichts der stürmischen Veränderungen, wie sie sich auch in der sinkenden Tendenz der Kriminalität widerspiegelt, dringend brauchen. Nach den bisherigen Ergebnissen und auf Grund aller Überlegungen sind wir der Auffassung, däf3 kein qualitativer Unterschied zwischen der allgemeinen Kriminalität (Erwachsener) und' der Jugendkriminalität besteht. Auch bei Jugendlichen wirken bestimmte Ideologien als Hauptursachen bestimmter gefährlicher, die Ordnung und Sicherheit der Allgemeinheit wie der Rechte einzelner Bürger verletzender Handlungen. Solche bewußtseinsmäßig negativen Einflüsse werden durch mitmenschliche Beziehungen oder Kontakte in die Köpfe der Jugendlichen transformiert. Dabei wirken 22 vgl. Marx, Thesen über Feuerbach, Ausgewählte Schriften, Bd. n, S. 376 f. 23 Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, a. a. Ö., S. 145. nur diejenigen Denk- oder Lebensgewohqheiten auf die Jugend bewußtseins- und charakterbestimmend, die in den Erziehern oder den Personen, mit denen sie Kontakt haben, lebendige Wirklichkeit sind. Wobei zu bemerken und gerade angesichts der verstärkten psychologischen Kriegsführung gegen die Kräfte des Friedens zu beachten ist, daß diese Infektion zum Teil auch durch die bewußte Aktion von außen her in unsere Republik getragen wird. Weiterhin muß beachtet werden, daß sich das Allgemein-Notwendige vermittels und kraft des Konkret-Zufälligen durchsetzt. Es steht hinter dem zufälligen Ereignis, daß gerade der Jugendliche A. und nicht B. die Rechtsverletzung begangen hat. Das zu wissen ist wichtig, weil wir nur hierdurch methodisch nicht dem Zufall nachjagen und aus der Fülle der Tatsachen nicht deren ungleichwertigen Charakter erkennen. Nur indem wir Wesentliches vom Unwesentlichen zu trennen vermögen, eröffnen wir uns den Weg, unsere Aktionen geren die Verbrechen oder Vergehen in die allgemeine zialistische Bewußtseinsumwälzung einzuordnen, i . prophylaktisch und damit zugleich auch planvoß ae Kriminalität zu bekämpfen. Wir ertrinken nicht in der Fülle der Komponenten, die naturgemäß bei einem solchen komplizierten äußeren und inneren Vorgang, wie sie eine bestimmte menschliche Handlung mit individuell gegebener Zweck- und Zielsetzung darstellt, vorhanden und nachweisbar sind. Wir stellen damit nicht statisch-mechanisch das einzelne dem Allgemeinen gegenüber, wie es die westdeutsche Kriminologie macht. Wir halten es gerade für unser wissenschaftliches Anliegen, aus der Vielzahl der uns gegebenen Erscheinungen das Allgemeine, sich Wiederholende aufzudecken, um so auf die gesellschaftlichen Erscheinungen „jenes allgemein-wissenschaftliche Kriterium der Wiederholbarkeit, dessen Anwendbarkeit in der Soziologie bestritten“, anzuwenden24. Das Kind und in großem Umfang auch der Jugendliche wird in seinem elementaren Bewußtsein nicht wie der Erwachsene unmittelbar durch die grundlegenden materiellen Beziehungen (Verhältnisse) bestimmt oder geformt, wie sie sich in der entscheidenden Sphäre der menschlichen Tätigkeit, der materiellen Produktion, bei uns herausgebildet haben und in ihrer bewußtseinsgestaltenden Rolle und Funktion immer wirksamer werden. Er wird vielmehr im Rahmen seiner individuellen Gegebenheit und Einmaligkeit in seinem Bewußtsein und auch in seinem Verhalten von darauf basierenden oder hieraus abgeleiteten Verhältnissen der Erziehung und Bildung geformt, welche konkret als Elternhaus oder Familie, Schule, Jugendorganisation oder im Rahmen des Unterrichts durch Betriebe in Erscheinung treten25. Hier liegen die sozialen Bedingungen für das Wirksamwerden einer bestimmten Ideologie oder sogar für die Infizierung des Jugendlichen. Hier finden wir das Hauptkettenglied, das wir ergreifen müssen, um den Jugendlichen immun zu machen vor solchen demoralisierenden Einflüssen oder ideologisch zersetzenden Einwirkungen, die auf die Jugend unter den historischen Bedingungen der Spaltung Deutschlands entweder unmittelbar einströmen oder durch andere mitmenschliche Kontakte oder negative Beispiele oder Vorbilder übertragen werden. Methodologisch stehen daher diese Umstände oder Bedingungen im Vordergrund unserer Untersuchungen. Denn hier haben wir die entscheidenden, unserem unmittelbaren Zugriff unterliegenden Beziehungen, durch deren Veränderung es gelingt, die Ursachen in ihren sozialen Existenzbedingungen zu treffen. Hier zeigt sich aber, daß die detaillierte Untersuchung dieser Beziehungen nicht von uns allein zu lösen ist. Sie überschreitet den Gegenstand unserer Wissenschaft, von unseren Kräften 2' Lenin, Ausgewählte Werke. Bd. I, Moskau 1946, S. 92. 25 Näheres werden wir in einem Aufsatz darlegen, der sich mit der Gesetzgebungsarbeit zum 'strafrechtlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen befassen wird. 635;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 635 (NJ DDR 1961, S. 635) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 635 (NJ DDR 1961, S. 635)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes und zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR. Mit der ausdrücklichen Fixierung von Aufträgen des Staatsanwalts sowie eigenen Feststellungen der Untersuchungsorgane als jeweils eigenständige Anlässe zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründen und es keine Hinweise auf das Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gibt. Das ist in der Regel bei vorläufigen Festnahmen auf frischer Tat usv sowie unter zielstrebiger Ausnutzung politisch-operativer Überprüfungsmöglichkeiten sind wahre Untersuchungsergebnisse zu erarbeiten und im Ermittlungsverfahren in strafprozessual vorgeschriebener Form auszuweisen.

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