Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 614

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 614 (NJ DDR 1961, S. 614); sich tatsächlich ereignet hätte, wenn der Geschädigte vorschriftsmäßig auf der Ladefläche gesessen hätte. Es ist deshalb müßig, sich damit auseinanderzusetzen, wie * es wäre, wenn der Sachverhalt sich anders zugetragen hätte. Zum anderen kann man den Ausführungen des Kreisgerichts im angefochtenen Urteil insoweit entnehmen, daß zur Tatzeit überhaupt kein sicherer Sitzplatz auf der Ladefläche vorhanden gewesen sei. In diesem Fall wäre aber das Kreisgericht verpflichtet gewesen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es überhaupt statthaft war, den Rentner aufzufordern, den Wagen zu besteigen. Die Forderung an den Angeklagten, sich vorsichtig und achtsam zu verhalten, hätte im konkreten Fall dann darin bestanden, überhaupt zu verhüten, daß der Rentner Sch. sich auf die Ladefläche begab, auf der ihm Gefahr drohte. Das Kreisgericht wird sich auch noch näher mit der mehrmaligen Weisung des Angeklagten an den Rentner Sch., sich festzuhalten, auseinandersetzen müssen. Nach der Darstellung im angefochtenen Urteil hat es den Anschein, als ob der Angeklagte selbst beobachtet hätte, daß der Rentner Sch. durch überhebliches Lächeln die Anweisungen des Angeklagten negierte und sich auf dem fahrenden Lkw nicht einmal festhielt. Das Kreisgericht führt diesen Umstand in seiner rechtlichen Würdigung gewissermaßen als Entschuldigungsgrund für den Angeklagten an. Damit kann man sich nicht einverstanden erklären. Abgesehen davon, daß der Angeklagte dem Verunglückten eine nicht dem § 35 Abs. 1 und 2 ASAO entsprechende Weisung erteilte, nahm es der Angeklagte nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil sogar hin, daß der Verunglückte nicht einmal diese an sich falsche und nicht ausreichend sichernde Weisung befolgte. Es erhebt sich demnach die Frage, ob hier nicht gerade eine die fahrlässige Schuld des Angeklagten begründende Unachtsamkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem dann geschädigten Menschen zum Ausdruck kommt, die ihre Wurzel in einer aus der Ideologie der kapitalistischen Gesellschaftsordnung stammenden Einstellung hat, die etwa mit den Worten „Der Rentner ist alt genug, um zu wissen, was er tut“, oder „Jeder ist für seine Haut selbst verantwortlich“, ausgedrückt werden kann. Eine solche Einstellung einem Menschen gegenüber, für dessen Sicherheit der Angeklagte während des Abladevorganges mit verantwortlich war, ist schädlich und gefährlich und negiert die von der Arbeiter-und-Bauern-Macht zum Schutze von Leben und Gesundheit unserer Bürger erlassenen Bestimmungen. Das Kreisgericht wird in der erneuten Hauptverhandlung bei der hier sehr schwierig zu beantwortenden Frage, ob der Angeklagte der fahrlässigen Tötung schuldig ist oder nicht, prüfen müssen, ob der Angeklagte ungewollt eine Straftat dadurch beging, daß er einer ihm auf Grund Gesetzes oder den objektiven Umständen und seiner gesellschaftlichen Stellung nach obliegenden Pflicht, sich im gesellschaftlichen Leben vorsichtig und achtsam zu verhalten, bewußt zuwider handelte oder nicht die erforderlichen Anstrengungen unternommen hat, sich dieser Pflicht bewußt zu werden und danach zu handeln. Kommt das Kreisgericht zu einer Bejahung dieser Frage, dann ist die Schuld des Angeklagten nicht auszuschließen. Dagegen hat er nicht fahrlässig gehandelt, wenn er durch ein von ihm nicht zu verantwortendes persönliches Versagen oder Unvermögen, die Umstände, Folgen und Gefahren seines Handelns zu erfassen und zu beurteilen, daran gehindert wurde, seinen Pflichten bewußt nachzukommen.* Das Kreisgericht wird also unter Zugrundelegung dieser Erkenntnisse über den Inhalt der Schuld im konkreten * vgl. Lekschas, NJ 1960 S. 504. Fall zu prüfen haben, ob der Angeklagte konkret die in § 21 Abs. 1 StVO und § 35 ASAO 361 ihm obliegenden Rechtspflichten verletzt hat, ob er auf Grund seiner gesellschaftlichen Stellung als Kraftfahrer und den gegebenen objektiven Umständen des Entladevorganges seiner Pflicht, sich vorsichtig und achtsam zu verhalten, bewußt zuwider gehandelt hat oder ob er nicht die erforderlichen Anstrengungen unternommen hat, sich seiner Pflichten bewußt zu werden und entsprechend zu handeln. Unter Zugrundelegung dieses Fahrlässigkeitsbegriffes und des bisher festgestellten Sachverhalts neigt der Senat dazu, ein fahrlässiges Verschulden des Angeklagten zu bejahen, wobei allerdings die erneute Hauptverhandlung sowohl be- als auch entlastende Umstände noch ergeben kann, die die Gesamtwürdigung wesentlich in dieser oder jener Richtung bestimmen können. Beim Finden des Strafmaßes kann das Kreisgericht eine positive Anleitung für das richtige Strafmaß im Falle der Bejahung der Schuld finden, wenn es auch insoweit bereits die im Entwurf zum neuen Strafgesetzbuch enthaltene Formulierung über die notwendige Differenzierung berücksichtigt. Dort heißt es: Bei der Bestrafung fahrlässiger Straftaten ist zu unterscheiden zwischen Tätern, welche die Tat aus rücksichtsloser Einstellung, aus mangelndem Verantwortungsbewußtsein oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den ihnen obliegenden Pflichten begehen, und Tätern, die aus gelegentlicher Unachtsamkeit oder Oberflächlichkeit handeln. Beim Angeklagten wird man unter Berücksichtigung des gesamten Tatvorganges und seiner bisherigen guten Entwicklung wohl kaum von einer rücksichtslosen Einstellung sprechen können, wohl aber möglicherweise von mangelndem Verantwortungsbewußtsein oder von Gleichgültigkeit gegenüber seinen Pflichten. Da sowohl in tatsächlicher Hinsicht als auch in bezug auf die subjektive Seite der zur Untersuchung stehenden strafbaren Handlung im Rahmen der bereits gegebenen Hinweise noch bestimmte Feststellungen in der erneuten Verhandlung zu treffen sind, vermag der Senat dem Kreisgericht für ein etwaiges Strafmaß keine bindenden Weisungen zu geben. Sollte allerdings die erneute Verhandlung zu dem Ergebnis führen, daß der Angeklagte aus mangelndem Verantwortungsbewußtsein oder aus Gleichgültigkeit dem geschädigten Menschen gegenüber und gegenüber den ihm obliegenden Pflichten den Tod des Rentners Sch. verschuldet hat, dann erachtet der Senat eine bedingte Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von etwa vier bis sechs Monaten auch bei Berücksichtigung der ansonsten positiven Entwicklung des Angeklagten für geboten. Ist jedoch das Maß des Verschuldens geringer, kommt das Gericht zu der Feststellung, daß der Angeklagte sich lediglich ungenügend angestrengt hat, um sich seiner Pflichten bewußt zu werden und dementspi'echend zu handeln, und beurteilt das Gericht dieses Verhalten als eine gelegentliche Unachtsamkeit, dann erachtet es der Senat für durchaus möglich, im konkreten Fall auch § 9 StEG anzuwenden und von einer Bestrafung abzusehen. Von einer gerichtlichen Bestrafung kann dann abgesehen werden, wenn trotz erheblicher Folgen dieses Unfalls das fahrlässige Verschulden des Angeklagten auf Grund der außergewöhnlichen Umstände des Falles sich als gering erweist. Aus den dargelegten Gründen war das angefochtene Urteil auf den Protest aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kreisgericht zurückzuverweisen. 614;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 614 (NJ DDR 1961, S. 614) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 614 (NJ DDR 1961, S. 614)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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