Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 609

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 609 (NJ DDR 1961, S. 609); Der überwiegende Teil aller Untersuchungen fällt demgemäß in die späten Nachmittags- bzw. Nachtstunden. Aus bekannten Gründen ist die ärztliche Besetzung zu diesem Zeitpunkt gering, ein großer apparativer Aufwand nicht möglich und Tageslicht nur selten vorhanden. Die Untersuchungen müssen in der DDR teilweise in kleinen Einrichtungen durchgeführt werden, wobei kaum ein mit der Materie gut vertrauter Arzt zugegen sein wird. Diese Tatsache schränkt das Untersuchungsprogramm bereits entscheidend ein Der klinische Test soll, wenn irgend möglich, unmittelbar im Anschluß an das Delikt durchgeführt werden, da er ja eine Aussage über den Trunkenheitsgrad zum Zeitpunkt des Delikts geben soll. Unser Ziel, wenigstens in den Großstädten die Untersuchung innerhalb von 30 Minuten nach dem Delikt durchzuführen, konnte aus vielen, durchaus vermeidbaren Gründen leider noch keineswegs realisiert werden. Folgende Tabelle für Berlin soll darüber Auskunft geben: bis zu 30 Min. bis zu 60 Min. bis zu 90 Min. bis zu 120 Min. bis zu 150 Min bis zu 180 Min. über 180 Min. Fallzahl 2.214 3.203 1 688 1.646 757 820 1.616 11.944 18,6 % 26,8 % 14,1 % 13,8 % 6,3 7, 6,9 7. 13,5 % 100 % Zeitraum zwischen Delikt und Entnahme Wie soll der Sachverständige eine gewissenhafte Aussage über den Trunkenheitsgrad machen, wenn die Untersuchung erst nach über drei Stunden erfolgte! Hier bedarf es noch großer Anstrengungen, insbesondere seitens der Volkspolizei, um wirkliche und mögliche Verbesserungen zu erzielen! Es entspricht der menschlichen Unzulänglichkeit, daß der Verkehrsteilnehmer einen nüchterneren und der Kriminelle einen betrunkeneren Eindruck erwecken will* als der Wirklichkeit entspricht. Demgemäß wird er sich auch bei den Testen verhalten. Der Untersucher muß deshalb wissen, warum der Betreffende zur Untersuchung gebracht wurde. Der leider so häufig und gern getätigte Satz: „Verdacht der Teilnahme an einer strafbaren Handlung“ hilft da gar nicht weiter! Der Untersucher muß schon den zur Untersuchung Anlaß gebenden Grund erfahreh, z. B., ob der Betreffende Autofahrer, Kradfahrer, Beifahrer bzw. ob er aktiv oder passiv beteiligt war. Die sachgemäße Auswertung eines Tests kann allein schon an den mangelhaften Aufzeichnungen im Protokoll scheitern. Wie unterschiedlich die Angaben sind, soll folgende Tabelle hinsichtlich der vom Untersuchten abgegebenen und der errechneten Alkoholmengen zeigen. Die Tabelle spricht wohl für sich und bedarf keines weiteren Kommentars. (Graphische Darstellung siehe rechte Spalte oben) Die Hauchprobe haben wir in Übereinstimmung mit vielen anderen völlig aufgegeben. Sie ist unhygienisch und gestattet keinen Schluß auf den Trunkenheitsgrad. Mit wachsendem Erfolg bedienen wir uns des Atemprüfröhrchens „Alcolor“. Es ist ein ausgezeichnetes Hilfsmittel zur Prüfung angetrunkener Personen. Man kann mit ihm aber nur qualitative bzw. grob quantitative Eindrücke gewinnen. Der Grad und das Ausmaß der grünen Verfärbung der regulär gelben Reaktionsschicht geben einen ungefähren Anhalt für Alkoholwerte zwischen 0,3 bis 1,0 %0. Bei einem negativen Ausfall des Röhrchens kann man auf eine Blutalkoholprobe verzichten und das Röhrchen als Beweismittel gelten lassen. Tritt eine Verfärbung, ganz gleich welchen Grades, ein, muß sich eine Blutalkoholuntersuchung ;zu wenig angegeben anschließen, da nur durch sie ein genauer Wert zu erlangen ist. Die früher gern geübte Kontrolle des Pulses und der Pupillen haben wir aus unserem Testprogramm gestrichen. Wir konnten an Hand großen Materials beweisen, daß der Puls durch verschiedenartigste Einflüsse sowohl in seinem Tempo als in seiner Stärke beeinflußt wird, wobei der Alkohol nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Pupillenreaktion spielt ebenfalls außer bei der akuten Alkoholvergiftung zur Qualitätsdiagnostik des Berauschungsgrades keinerlei Rolle. Hinweisende Ergebnisse versprach man sich von der Prüfung der Muskelkoordination, der Kontrolle der Ziel- und Treffsicherheit der Bewegung. Dazu dienen der Finger-Finger-, der Knie-Hacken-Versuch etc. Die Gleichgewichtsapparatur wird beim Aufheben kleiner Gegenstände vom Boden geprüft. Bei diesem Test kann der Gesichtssinn unterstützend eingreifen. Eine zusätzliche Hilfe gibt die Kontrolle des freien Ganges. Ein etwas breiter Gang, ein unsicheres Aufsetzen der Füße, evtl, provozierte Schwankungen und angeborene Gangvariationen müssen peinlich unterschieden werden. Eine besonders feine Probe zur Prüfung des Gleichgewichtssinnes glaubt man im Romberg bzw. im verschärften Romberg zu haben. Hier muß der Untersuchte mit geschlossenen Augen und zur Waagerechten erhobenen Händen frei stehen bzw. sich, Fuß für Fuß vorsetzend, auf einer geraden Linie vorwärtsbewegen. Gerade bei dieser Probe mußten wir erkennen, wie schwierig eine verantwortungsbewußte Prüfung sein kann. Bei allen bisher erwähnten Proben kann der Untersuchte insbesondere einen unerfahrenen Arzt täuschen und damit das Ergebnis verschleiern. Sicher zeigt der krankhafte Ausfall dieser Proben eine gewisse Parallelität zum genossenen Alkohol. Die bisher erwähnten Proben sind aber an sich noch zu grob und erlauben nur einen begrenzten Rückschluß auf den 609;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 609 (NJ DDR 1961, S. 609) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 609 (NJ DDR 1961, S. 609)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin zu behan-. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalten sind die Verhafteten zu registrieren, körperlich zu durchsuchen, erkennungsdienstlich zu behandeln, ärztlich zu untersuchen und über ihre Rechte und Pflichten und über die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Sekretärs des zuständigen Gerichts zur Klärung insbesondere zivil-, arbeits- und familienrechtlicher Angelegenheiten sowie über die Ordnungs- und Verhaltensregeln von Inhaftierten in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Zur Durchsetzung der Gemeinsamen Anweisung psGeh.ffä lstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, defür Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft dient der Gewährleistung und Sicherung des Strafverfahrens. Der Untersuchungshaftvollzug im Ministerium für Staatssicherheit wird in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit, die dem Staatssicherheit wie auch anderen atta tliehen Einrichtungen obliegen, begründet werden, ohne einÄubännenhana zum Ermittlungsver-fahren herzustellen. Zur Arbeit mit gesetzlichen Regelungen für die Führung der Bücher und Regelung des Dienstes Wachdienstplan zu sorgen, hach Vorlage der entsprechenden Unterlagen die Vorführung der Häftlinge zu den Vernehmern zu veranlassen und dafür Sorge zu tragen, daß der die zur Durchführung seiner Aufgaben notwendigen Einzelheiten des Verbindungswesens jederzeit beherrscht, damit Störungen in der Verbindung vermieden werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X