Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 604

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 604 (NJ DDR 1961, S. 604); meiden gewesen wäre, könnten Fehlentscheidungen weitgehend ausgeschaltet werden. Die umfassende Beurteilung der Sache erfordert auch eine Abkehr von der bei den Rechtspflegeorganen sehr verwurzelten Aufassung, daß sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und der Grad der gesellschaftlichen Gefährlichkeit vorwiegend nach dem eingetretenen Schaden richte. Besonders ausgeprägt ist diese Erscheinung in den Fällen, in denen der Tod eines Menschen durch einen Verkehrsunfall eingetreten ist. Bei der Findung der Strafe ist der eingetretene strafrechtliche Erfolg ein zu beachtender Faktor, obwohl er oft von Umständen abhängt, auf die der Täter keinen Einfluß hat. Bei erheblichem eigenen Verschulden der Verletzten fuhr ein Motorradfahrer eine ältere Frau an, die sich einen Schienbeinbruch zuzog. Sie verstarb nach mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt. Die Todesursache hing mit dem Schienbeinbruch zusammen. Die Verurteilung des Motorradfahrers erfolgte wegen fahrlässiger Tötung nach den bei Tötungsdelikten meist angelegten strengen Maßstäben. Der Angeklagte wurde dabei mehr für den ungewöhnlich ungünstigen Verlauf des Heilungsprozesses der Verletzten verantwortlich gemacht als für die Außeracht-, lassung der in der Verkehrssituation gebotenen Sorgfalt. Die Folgen einer Verkehrsstraftat müssen zur richtigen Beurteilung des jeweiligen Falles in das Verhältnis zu dem Grad der Pflichtverletzung des Täters gesetzt werden. Das erfordert aber die genaue Darlegung der Rechtspflichten, die in den Urteilen oft nur mit dem Hinweis auf § 1 StVO für genügend gehalten wird. Die Verwendung überkommener Begriffsbestimmungen der Fahrlässigkeit trägt zur unrichtigen Einschätzung der Schuld noch bei. Der Anwendung von Erkenntnissen, die die sozialistische Strafrechtswissenschaft entwickelt hat, steht das geltende Strafrecht aber nicht entgegen, und die Beurteilung des Verschuldens danach, ob die Pflichtverletzung durch eine gelegentliche Unachtsamkeit erfolgte oder ob sie auf grober Rücksichtslosigkeit beruhte, würde bei richtiger Einschätzung des Verhältnisses zu dem eingetretenen Schaden zu einer Verbesserung der Überzeugungskraft der Urteile wesentlich beitragen. Das Gegenstück zu ungerechtfertigten Verurteilungen wegen fehlender oder überbewerteter Schuld sind ungerechtfertigte Freisprüche. Die Schädlichkeit derartiger Entscheidungen besteht darin, daß bei dem Verletzten das Vertrauen zu den Strafverfolgungsorganen erschüttert wird. Ihm ist ein Schaden zugefügt worden, was bei ihm naturgemäß die Meinung auslöst, der andere trage daran die Schuld und müsse zur Verantwortung gezogen werden. Sofern ein Verschulden des Täters nicht vorliegt, muß das Gericht mit dem Urteil oder der Staatsanwalt mit der Einstellungsverfügung den Verletzten von der Schuldlosigkeit des Täters überzeugen. Das ist jedoch nicht möglich, wenn für den Verletzten die Tatsache übrigbleibt, daß der Täter trotz vorliegenden Verschuldens von einem Gericht der DDR nicht zur Verantwortung gezogen wird. Die eingehende Begründung von Urteilen in Verkehrssachen hat ihre besondere Bedeutung darin, daß die gerichtliche Bestrafung von Verkehrsdelikten in der DDR darauf abzielt, den Rechtsbrecher zu erziehen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Das geschieht in immer stärkerem Maße durch Strafen ohne Freiheitsentzug. Durch einen Verkehrsunfall verletzte Personen oder der Personenkreis, in dem der Verletzte lebt, sind erfahrungsgemäß leicht geneigt, überspitzte Anforderungen an das Strafmaß zu stellen. Dieser Reaktion muß durch eine überzeugende Begründung des Urteils in jeder Richtung entgegengewirkt werden. Zum Anschlußverfahren Bei der Verhandlung von Verkehrssachen spielt das Anschlußverfahren zahlenmäßig eine bedeutende Rolle. Der Zweck des Anschlußverfahrens wird aber nur erreicht, wenn die gesamten zivilrechtlichen Ansprüche, die sich aus der Verkehrsstraftat ergeben, damit auch ihre Erledigung finden. Wenn ausnahmsweise auch lediglich eine Verurteilung dem Grunde nach erfolgen kann und eine endgültige Erledigung der Sache nicht möglich sein sollte, weil der Schaden, den der Verletzte erlitten hat, in seiner Gesamtheit noch nicht zu übersehen ist, so muß doch wenigstens Bedacht darauf genommen werden, daß aus den Urteilsgründen ersichtlich ist, in welchem Umfang z. B. das Verschulden des Verletzten bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Dem Zivilrichter kann die Beurteilung eines mitwirkenden Verschuldens, das in dem Strafurteil nicht klar zum Ausdruck kommt, leicht Schwierigkeiten bereiten. Wenn das Strafrecht auch ein anteilmäßiges Verschulden des Verletzten ziffernmäßig nach Bruchteilen ausgedrückt nicht kennt, so genügt es in solchen Fällen nicht, lediglich im Strafmaß auszudrücken, daß sich der Verletzte ebenfalls pflichtwidrig verhalten und damit zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat. Dem Strafrichter, der sich in solchen Fällen zwangsläufig über die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten Gedanken gemacht haben muß, wird es im allgemeinen nicht schwerfallen, innerhalb des Änschlußverfahrens, auch wenn eine Verurteilung nur dem Grunde nach erfolgt, auszudrücken, wie er ein evtl, mitwirkendes Verschulden des Verletzten einschätzt, was die Entscheidung des Zivilgerichts über die Schadenshöhe wesentlich erleichtert. Dabei ist auch zu bedenken, daß sich der Umfang der zivilrechtlichen Haftung bei Kraftfahrzeughaltern, die sich als Fahrzeugführer strafrechtlich zu verantworten haben, gemäß § 7 Kraftfahrzeuggesetz nicht mit dem strafrechtlichen Verschulden decken muß. Die nach objektiven Grundsätzen ausgerichtete Gefährdungshaftung geht weiter, jedoch tritt sie nicht bei eigenem Verschulden des Verletzten oder wenn dieser unentgeltlich mit dem Fahrzeug befördert worden ist, ein. In solchen Fällen bestimmt sich die zivilrechtliche Haftung nach § 823 BGB, wie auch für den Ersatz allen ideellen Schadens, insbesondere für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes, allgemeines Zivilrecht gilt. Zur Rechtsprechung bei Alkoholdelikten im Straßenverkehr Bei der Rechtsprechung in Verkehrssachen nehmen Vergehen gegen § 49 StVO breiten Raum ein. Die bei den Gerichten zunächst vorhandene Auffassung, daß die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Fahrzeug unter Alkoholeinwirkung stets ein so schweres Vergehen sei, daß der Ausspruch einer Strafe ohne Freiheitsentzug nicht gerechtfertigt sei, kann als überwunden angesehen werden. Es soll nicht die Gefährlichkeit unter Alkoholeinwirkung stehender Fahrzeugführer für den Straßenverkehr verkannt werden, aber bei ihren Vergehen muß man auch beachten, was der Minister der Justiz vor dem Staatsrat der DDR sagte: „Die übergroße Mehrheit der Bürger, die sich heute noch vor einem sozialistischen Gericht zu verantworten haben, sind keine Feinde, die das Leben unseres Volkes, den Bestand unserer Nation bedrohen, sondern solche Menschen, die noch nicht in vollem Umfang ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft erkannt haben. Deshalb sind ihnen gegenüber die bedingte Verurteilung und der öffentliche Tadel als Strafen ohne Freiheitsentzug ohne Engherzigkeit und in Übereinstimmung mit der Gesetzmäßigkeit der Gesellschaftsentwicklung anzuwenden.“5 Bei der Aburteilung von Alkoholdelikten im Straßenverkehr sollten die Gerichte durch eine sinnvolle Handhabung der Strafen keinen Anlaß zu der Annahme geben, es entwickle sich eine liberalistische Einstellung der Strafverfolgungsorgane zu solchen Handlungen. 5 NJ 1961 S. 77. 604;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 604 (NJ DDR 1961, S. 604) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 604 (NJ DDR 1961, S. 604)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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