Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 603

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 603 (NJ DDR 1961, S. 603); gerichtlichen Tätigkeit eröffneten Geschäftsverteilung, wie sie oft üblich ist, ohne Rücksicht auf die Berufserfahrung des jeweiligen Schöffen, besondere Neigungen und dgl., die bei der Verhandlung der einzelnen Sache nützlich sein könnten, verzichten die Gerichte auf ein ausgezeichnetes Mittel, eine Sache umfassend zu beurteilen. Zum Inhalt der Urteile Der Überzeugungskraft des Urteils kommt als Abschluß des gerichtlichen Verfahrens große Bedeutung zu. Das gilt besonders für die in Verkehrssachen ergehenden Urteile, denn es handelt sich bei den an Ver-"kehrsunfällen beteiligten Tätern zum überwiegenden Teil um Personen, die in ihrer gesamten Lebenshaltung eine gute Einstellung zur Deutschen Demokratischen Republik haben und deren Verhalten im Einzelfall mit ihrem sonstigen Verhalten.nicht in Einklang steht. Über die allgemeinen Forderungen an ein Urteil, wie sie von Hinderer3 beschrieben sind, steht das Gericht bei der Sachdarstellung eines Verkehrsunfalls meistens vor Schwierigkeiten, die sich aus dem schnellen Ablauf des Verkehrsgeschehens ergeben. Die exakte schriftliche Wiedergabe des Geschehensablaufs ist daher in Verkehrssachen oft komplizierter als in anderen Verfahren. Die Bekundungen von Zeugen sind mitunter unzulänglich, weil sie nicht darauf eingestellt waren, später eine sich in Bewegung befindende Verkehrs-situtation genau wiedergeben zu müssen. An dem Unfall unmittelbar beteiligte Personen haben oft infolge ihrer Verletzungen Gedächtnislücken und können zur Aufklärung wenig beitragen, womit nur einige Besonderheiten angedeutet sein sollen. Ohne präzise Gliederung des Stoffes und logische Ordnung der Tatsachen sowie genaue Darlegung des für feststehend gehaltenen, beweismäßig gesicherten Sachverhalts ist dabei nicht auszukommen. Die Urteile gewinnen aber nicht an Überzeugungskraft dadurch, daß das Tatgeschehen von einer übertriebenen, weitschweifigen Schilderung der Persönlichkeit des Täters oder präambelartigen, nicht auf die Sache bezogenen Vor Sprüchen überschattet wird. Hinzu kommt, daß aus der Persönlichkeit des Täters später bei der Strafzumessung oft nicht sichtbare Schlüsse gezogen werden. In einer von einem Kreisgericht verhandelten Sache war der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Er hatte ein drei Jahre altes Kind, das unbesonnen über den Fahrdamm lief, mit dem Motorrad angefahren, wobei es den Tod‘fand. Bei der Schilderung der Person des Angeklagten erwähnt das Gericht u. a. auch, daß er einige Monate vor dem Unfall ein Kind unter persönlichem Einsatz vor dem Ertrinken gerettet hatte. Bei der Begründung der ausgesprochenen Strafe aber kommt es am Schluß des Urteils mit keinem Wort mehr darauf zurück, um sich damit auseinanderzusetzen,'daß Rücksichtslosigkeit und mangelnde Disziplin für den Angeklagten nach seinem sonstigen Verhalten nicht typisch sind. Trotz oft recht ausführlicher Schilderung der Persönlichkeit des Täters fehlt es mitunter an speziell für die Beurteilung einer Verkehrssache maßgeblichen Faktoren. Bei einem Kraftfahrer muß z. B. ersichtlich sein, wann er die Fahrerlaubnis erworben hat, über welche Fahrpraxis er verfügt, ob er im konkreten Fall strek-kenkundig war, ob er das von ihm gelenkte Fahrzeug ständig führt oder ob es ihm fremd war usw. Die Schilderung des eigentlichen Tatgeschehens muß in den Urteilen mehr in den Mittelpunkt gerückt werden, ohne dabei in übertriebene Genauigkeit und unnütze Weitschweifigkeit der Schilderung zu verfallen. Auf keinen Fall dürfen unklare Tatsachen, wenn sie für die Verurteilung entscheidend sind, durch Annahmen oder Vermutungen ersetzt oder ergänzt werden. Zur besseren Darstellung des Problems sei das Urteil in der nachfolgend geschilderten Zivilsache auszugsweise wiederzugeben : Der Verklagte befuhr mit einem Lastkraftwagen eine Stadtstraße. Dabei fuhr er einen vierjährigen Jungen etwa auf der Fahrbahnmitte an und schleifte ihn einige Meter mit. Das Kind wurde durch den Unfall getötet. Der Verklagte ist wegen der durch den Tod des Kindes verursachten Kosten gemäß § 7 Kraftfahrzeuggesetz in Anspruch genommen worden. Der Kläger hat dargelegt, das Kind sei bei gehöriger Aufmerksamkeit rechtzeitig wahrzunehmen gewesen. Es habe sich noch 11 m vor dem Wagen aufgehalten, als es sich anschickte, sich auf die Fahrbahn zu begeben. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 Abs. 2 Kraftfahrzeuggesetz liege nicht vor. Der mit der Sache befaßte Zivilsenat hat sich auf folgenden Standpunkt gestellt: Die Frage der Entfernung zwischen Kind und Wagen ist von Bedeutung, denn von einem unabwendbaren Ereignis kann bei einem größeren Abstand zwischen Kraftfahrzeug und einem am Straßenrand spielenden Kind keine Rede sein. Am Straßenrand spielende Kinder sind in ihren Verhaltensweisen oft unberechenbar. Diese Lebenserfahrung verpflichtet den Führer eines Kraftwagens, sich darauf einzustellen. Das ist jedoch nicht möglich, wenn ein Kind so kurz vor ihm auftaucht, daß auch bei bester Reaktion alle Maßnahmen, einen Zusammenprall zu vermeiden, zu spät kommen. Das Verhalten des Kindes wurde auf Grund folgender Beweisführung, die durch ein Sachverständigengutachten belegt war, als unabwendbares Ereignis angesehen: Kinder im Alter von vier Jahren können beim Lauf auf kurzer Entfernung eine Geschwindigkeit von 10 bis 12 km/h entwickeln. Da sich die Anstoßstelle 3 m von der Gehsteigkante befand, mußte sich das Kind bei der festgestellten Geschwindigkeit des Wagen 4 m, höchstens 6 m vor dem Wagen befunden haben, als es auf die Fahrbahn lief. Die Beweiswürdigung kommt in den Urteilen im allgemeinen zu kurz. Sie kann kurz sein, wenn die zu beurteilenden Tatsachen offenkundig sind. Eine Weitschweifigkeit ist auch hier nicht am Platz, aber das, was zur Beweisführung notwendig ist, muß dargelegt werden. Es ist unzureichend, wenn aus einem Urteil und im konkreten Fall auch aus den Akten nicht zu ersehen ist, woher das Kreisgericht seine Kenntnis hatte, daß Kinder, die sich am Straßenrand aufhielten, wild mit einem Ball spielten. Diese Tatsache war für die Beurteilung des Verschuldensgrades in der Strafsache mit dem oben geschilderten tödlichen Verkehrsunfall von entscheidender Bedeutung. Wegen der in den Urteilen in Verkehrssachen zu treffenden Feststellungen über die Schuld ist angesichts der grundsätzlichen Ausführungen von Lekschas zum Problem des fahrlässigen Verschuldens bei Verkehrsdelikten4 lediglich auf diese Ausführungen zu verweisen. Problematisch ist in aller Regel die Abgrenzung zwischen fahrlässiger Schuld und Nichtschuld. Die von den Gerichten vorgenommene Verschiebung hat in verschiedenen Fällen zu einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung geführt, obwohl ein schuldhaftes Verhalten nicht vorlag oder nur bei einer Überspannung der an die Vorsicht des betreffenden Verkehrsteilnehmers zu stellenden Anforderungen gefunden werden konnte. Es ist den Gerichten zu empfehlen, bei der Auseinandersetzung mit der Schuldfrage ‘dem Verurteilten auch Mittel und Wege für die Überwindung der seinem Verhalten zugrunde liegenden ideologischen Ursachen zu weisen. Wenn die Gerichte bei der Untersuchung der Schuldfrage mehr von dem Standpunkt herangingen, die Frage aufzuwerfen, wie sich ein gewissenhafter Verkehrsteilnehmer in der jeweiligen Situation verhalten hätte, und zu einer Verurteilung nur gelangten, wenn feststeht, daß ein anderes Verhalten möglich und ein Unfall dadurch zu ver- / 603 3 vgl. NJ 1961 S. 371. NJ 1961 S. 298.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 603 (NJ DDR 1961, S. 603) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 603 (NJ DDR 1961, S. 603)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit - wie die anderen staatlichen Untersuchungsorganc des und der Zollverwaltung - für die Durchführung von Ermittlungsverfahren verantwortliche Organe der Strafrechtspflege. Sie haben in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen, dem Leiter der Abteilung der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Leitern der Abteilungen sind die Objektverteidigungs- und Evakuierungsmaßnahmen abzusprechen. Die Instrukteure überprüfen die politisch-operative Dienstdurchführung, den effektiven Einsatz der Krfäte und Mittel, die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung. Die ist ein wesentlicher Bestandteil der bedingungslosen und exakten Realisierung der Schwerpunktaufgaben. Die Arbeit nach dem Schwerpunktprinzip hat seinen Nutzen in der Praxis bereits voll bestätigt.

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