Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 575

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 575 (NJ DDR 1961, S. 575); Vereinigung den Charakter einer Ersatzorganisation der aufgelösten KPD zu geben“7. Die jüngsten Bestrebungen des Bonner Innenministeriums, die Verwaltungsorgane und Verwaltungsgerichte im Hinblick auf die Bundestagswahlen absolut gleichzuschalten, manifestieren sich in einem erst kürzlich erschienenen Artikel eines Ministerialrats des Bundesinnenministeriums zum Verbot politischer Parteien8* auf den noch eingegangen wird. Diese hier nur durch beispielhaft angeführte Tatsachen umrissene Konzeption des Bundesinnenministeriums ist darauf gerichtet, jeden Ansatz eines organisierten Zusammenschlusses politischer Gegner der derzeitigen Regierung und ihrer Politik von vornherein zu zerschlagen. Sie ist insbesondere bei den Wahlen zu den kommunalen Vertretungskörperschaften bereits vielfach praktiziert worden. Zahlreiche Wahlvorschläge unabhängiger Wählergemeinschaften wurden von Exekutivorganen und Wahlausschüssen mit den oben angeführten Begründungen zurückgewiesen. In einigen dieser Fälle, in denen Wählervereinigungen trotz der daraus erwachsenden Belastungen (z. B. der finanziellen Aufwendungen) Anfechtungsklagen erhoben, kam es zu Verwaltungsprozessen. Diese wurden in den unteren Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit für die Wählergemeinschaften zum großen Teil positiv entschieden9. Die Urteile dieser Verwaltungsgerichte sind gerade deswegen für den gegenwärtigen Kampf um die Verteidigung und Erweiterung der demokratischen Rechte der Bevölkerung von besonderer Bedeutung. Allen diesen hier in Frage stehenden Verwaltungsprozessen liegt ein annähernd gleicher Sachverhalt zugrunde: In der Vorbereitung der Wahlen zu den jeweiligen kommunalen Vertretungskörperschaften schlossen sich demokratisch gesinnte Bürger zwecks Einreichung eines Wahlvorschlages zu unabhängigen Wählergemeinschaften zusammen. Besonders charakteristisch war dabei im Gegensatz zu den Praktiken der offiziellen Bonner Parteien die demokratische Art und Weise der Aufstellung der Kandidaten, ihre Nominierung und Vorstellung in öffentlichen Wählerversammlungen usw. Anlaß zur Bildung derartiger Wählergemeinschaften war die allgemeine Unzufriedenheit über die mehr oder weniger gleichgeschalteten „stummen Stadträte“, die die Interessen der Bürger in vieler Hinsicht unberücksichtigt ließen. Die Wählergemeinschaften entwickelten in allen Fällen detaillierte und realistische kommunalpolitische Programme mit Vorschlägen zur Abhilfe der gröbsten Mißstände. Sie forderten, wie z. B. die „Wählergruppe Friedei Janecek“, für die Stadt Mainz einen wirklichen sozialen Wohnungsbau ohne Baukostenzuschüsse, den Abbau einer unternehmergünstigen Tarifpolitik in der Elektrizitätsversorgung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der städtischen Werktätigen, eine gesunde Finanzpolitik der Stadt u. a. m. Diese Forderungen, so bestätigte das Bundesverwaltungsgericht Neustadt in seinem Urteil, „entsprechen den Erwartungen, welche die unselbständig Erwerbstätigen, die Rentner und die sozial Schwachen, aber auch das sog. Kleinbürgertum bei der Kommunalwahl an eine unabhängige Liste stellen können. Gewiß liegt in den Forderungen zugleich eine soziale Kritik, die übrigens keiner kommunalen Wählergruppe verwehrt ist ,“10 7 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 1958, BVerwGE 6, 336/337. 8 K. H. Seifert. Zum Verbot politischer Parteien, Die öffentliche Verwaltung, 1961, S. 81 ff. 9 Es handelt sich um z. T. unveröffentlichte Urteile: so z. B. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 1957 OS I 79'57; Urteil des Stuttgarter Verwallungs-gerichtshofs vom 5. Dezember 1957 25 275 57; Urteil des Bczirksverwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinslraße vom 21. Juli 1959 3 K 24-25 57; Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Dezember 1960. 10 Urteil des Bezirksverwaltungsgerichts Neustadt a. d. Wein- straße vom 21. Juli 1959, S. 12. Bei der Aufdeckung der Mißstände im kommunalen Bereich und der Erhebung entsprechender Forderungen konnten und durften die Wählergemeinschaften nicht an der eigentlichen Ursache der Notlage ihrer Städte und Gemeinden Vorbeigehen, die in der militaristischen Politik der Bundesregierung liegt. Sie verbanden deshalb ihre kommunalpolitischen Pläne mit solchen politischen Grundforderungen wie z. B. Beseitigung der Wehrpflicht, Einstellung der atomaren Aufrüstung, Ablehnung der Errichtung von militärischen Flugbasen in der unmittelbaren Umgebung ihrer Heimatstädte usw., deren Zusammenhang mit ihrer Existenzunsicherheit offenkundig ist. Die Wahlbewerber, die sich für die Vertretung derartiger Programme einsetzten, kamen aus allen Schichten der werktätigen Bevölkerung, unter ihnen Sozialdemokraten, Gewerkschafter, parteilose Arbeiter und Angestellte sowie auch Kommunisten, die ihre politische Anschauung niemals verleugneten. Die Listen dieser Wählergemeinschaften, die entsprechend den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen durch eine mehr oder weniger große Anzahl von Bürgern unterschriftlich unterstützt wurden, sind in den vorliegenden Fällen von den Wahlausschüssen als Listen von angeblichen „Ersatzorganisationen der KPD“ zurückgewiesen worden. Das geschah meist ohne jegliche Aussprache im Wahlausschuß und ohne rechtliches Gehör für den Vertreter der betreffenden Wählergemeinschaft. Die Regierungsbehörden wiesen die Einsprüche der Wählervereinigungen mit lakonischen Bemerkungen ab. So erklärte die Bezirksregierung im Falle der „Wählergruppe Friedei Janecek“ die Zurückweisung für rechtens, „weil amtsbekannt sei, daß die Klägerin eine Ersatzorganisation der KPD ist“11 *. Soweit die Verwaltungsgerichte um eine annähernd exakte Sachaufklärung bemüht waren, kam im Verlauf der Prozesse aufschlußreiches Material über die Drangsalierung der Wählergemeinschaften und ihrer Anhänger durch Staatsanwaltschaft und Polizeibehörden zutage. So stellte sidi z. B. heraus, daß in jedem Fall gegen fast sämtliche Wahlbewerber durch die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren wegen angeblichen Verstoßes gegen § 90 a StGB, §§ 42, 47 Bundesverfassungsgerichtsgesetz eingeleitet worden waren. Kriminalpolizeiliche Vorladungen und Verhöre sowie Haussuchungen waren die Folge. Vielfach ergingen interne innenministerielle Verfügungen an die Kommunalorgane, die zur Zurückweisung aller Wahlvorschläge, in denen einige Kommunisten kandidierten, aufforderten. Diese Verfügungen enthielten z. T. grobe Fälschungen. Uber den Wert eines im Verfahren gegen die „Wählergruppe Friedei Janecek“ verfaßten sog. politischen Rufberichtes des Mainzer Polizeipräsidiums mußte das Verwaltungsgericht so urteilen: „Dem Bericht, der auf einer nicht mit Quellenangabe versehenen Kartei der Polizeibehörde (!) beruht, kommt indessen keine Beweiskraft zu, zumal da er in anderen Punkten offensichtlich Unrichtigkeiten enthält.“ Mit einem derart zurechtgestutzten, z. T. gefälschten Material, das seine Herkunft aus den Verfassungsschutzämtern schlecht verleugnen kann, stützten die jeweiligen Regierungsbehörden ihre rechtlichen Ausführungen. Die Zurückweisung der Wählerlisten erfolgte in allen Fällen als Vollstreckung des KPD-Urteils, wobei die kautschukartige Definition des Begriffs der Ersatzorganisation der KPD entsprechend dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 1958 zum Maßstäb der „Beweisführung“ gemacht wurde. In keinem Fall wurde der Art. 9 Abs. 2 des Bonner Grundgesetzes19 als rechtliche Handhabe der Abweisung 11 ebenda, S. 3. !2 ebenda, S. 16. *3 Art. 9 Abs. 2 GG lautet: „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.“ 575;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 575 (NJ DDR 1961, S. 575) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 575 (NJ DDR 1961, S. 575)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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