Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 543

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 543 (NJ DDR 1961, S. 543); Rechte des Staatsanwalts bei; der Aufsicht über die Einhaltung der Gesetzlichkeit im Untersuchungsverfahren geregelt. Die Mehrzahl der Normen dieses Abschnitts war bereits in der alten StPO von 1923 enthalten; es gibt jedoch auch viele neue Bestimmungen. So; wird in Art. 108 StPO festgelegt, daß Mitteilungen der Komsomol- und Gewerkscljaftsorganisationen, der Volksabteilungen zum Schutze der öffentlichen Ordnung, der Kameradschaftsgerichte und anderer gesellschaftlicher Organisationen Anlaß zur Einleitung eines Strafverfahrens sind. Bei der Durchführung der Untersuchung ist der Untersuchungsführer verpflichtet: 1. die Ursachen und Bedingungen aufzudecken, die das Verbrechen ermöglichten, und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung durch die entsprechenden Betriebe, Verwaltungen und gesellschaftlichen Organisationen zu ergreifen; . , . 2. die Hilfe der Öffentlichkeit bei der Aufdeckung von Verbrechen und bei der Fahndung nach dem Täter in stärkerem Maße in Anspruch zu nehmen (Art. 128). Die neue StPO gibt dem Untersuchungsführer eine größere prozessuale Selbständigkeit; es erhöht sich seine Verantwortung für eine allseitige, vollständige, objektive Ermittlung der Sache und für die begründete Heranziehung eines Bürgers als Beschuldigten. Alle Entscheidungen in der Sache trifft der Untersuchungsführer selbständig, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Gesetz die Bestätigung der Entscheidung durch den Staatsanwalt vorschreibt, z. B. bei der Festnahme und der Durchsuchung (Art. 127). Im Stadium der Ermittlungen wird der Verteidiger von dem Zeitpunkt an zugelassen, in dem dem Beschuldigten der Abschluß des Untersuchungsverfahrens mitgeteilt und ihm das Untersuchungsmaterial zur Einsichtnahme vorgelegt wird. In Strafsachen Minderjähriger sowie bei Personen, die infolge physischer oder psychischer Mängel nicht in der Lage sind, selbst ihre Verteidigung wahrzunehmen, wird der Verteidiger bereits vom Zeitpunkt der Erhebung der Beschuldigung an zur Teilnahme am Verfahren zugelassen (Art. 47). Von großer Bedeutung ist es, daß die neue StPO genau abgrenzt zwischen der Ermittlung, die von den Organen der Miliz geführt wird (Art. 117 ff.), und dem Untersuchungsverfahren durch den Untersuchungsführer der Staatsanwaltschaft (Art. 125 ff.). Dadurch wird eine hohe Qualität der Ermittlungstätigkeit sowie eine vollständige und allseitige Untersuchung der Strafsachen durch die Untersuchungsführer gewährleistet. Die Durchführung des Untersuchungsverfahrens ist obligatorisch bei den in Art. 126 aufgeführten 146 Verbrechenstatbeständen, u. a. bei Fällen von Staatsverbrechen, bei verschiedenen Fällen von Verbrechen gegen sozialistisches Eigentum, bei Mord, Notzucht, Beleidigungen und Drohungen gegen Staatsfunktionäre usw. Bei Strafsachen, in denen die Durchführung des Unter-suchurigsverfahrens obligatorisch ist, hat die Miliz nicht das Recht, Ermittlungen zu führen. Sie hat jedoch das Recht und die Pflicht, in solchen Fällen das Strafverfahren einzuleiten und unaufschiebbare Ermittlungs-handlungen zur Feststellung und Sicherung von Spuren des Verbrechens sowie die Festnahme des Verdächtigen vorzunehmen. Danach ist das Ermittlungsorgan verpflichtet, die Sache an den Untersuchungsführer abzugeben (Art. 119). Bei 59 Verbrechenstatbeständeri ist ein Untersuchungsverfahren nicht obligatorisch, z. B. bei Diebstahl und Raub von sozialistischem Eigentum ohne erschwerende Umstände, bei Rowdytum, leichter Körperverletzung, allen Arten von Diebstahl persönlichen Eigentums und bei Raub von persönlichem Eigentum ohne erschwerende Umstände-u. a. Solche Fälle werden von Anfang bis Ende von den Ermittlungsorganen bearbeitet. Die Ermittlungen ;werden nach den gleichen Bestimmungen , wie das Untersuchungsverfahren geführt. Das Ermittlungsorgan fertigt die Anklage und leitet das Verfahren über den Staatsanwalt an das Gericht. Das Ermittlungsmaterial ist Grundlage der Gerichtsverhandlung. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Untersuchungs-Verfahren und Ermittlungen besteht darin, daß der Verteidiger an der Durchführung der Ermittlungshänd-lung nicht teilnimmt. In solchen Fällen hat der Beschuldigte erst während des Verfahrens vor Gericht das Recht, einen Verteidiger zu bestellen. Der dritte Abschnitt der StPO regelt die Verhandlung vor dem Gericht erster Instanz, die das entscheidende Stadium des sowjetischen Strafprozesses darstellt (Art. 221 ff.). - '' Alle Materialien der Ermittlungshandlungen und des Untersuchungsverfahrens dürfen bei der Abfassung des Urteils nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in der gerichtlichen Verhandlung bestätigt wurden. Vor Gericht müssen alle Umstände der Sache vollständig und allseitig beleuchtet werden, Anklagevertretung und Verteidigung müssen alle ihre Erwägungen und Erwiderungen Vorbringen, Angeklagter und Geschädigter müssen ihre Rechte und Interessen wahrnehmen können dann wird das vom Gericht ausgesprochene Urteil richtig sein und auch die Öffentlichkeit überzeugen. An das Gericht wird die Forderung gestellt, in jedem einzelnen Fall unter allseitiger Berücksichtigung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat, der Persönlichkeit des Täters und aller anderen Umstände der Sache eine gerechte Strafe auszusprechen. Die Durchführung der Gerichtsverhandlung in dieser Weise garantiert eine maximale erzieherische Wirkung. Der vierte Abschnitt der StPO regelt das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz (Art. 325 ff.). Das Recht, beim übergeordneten Gericht gegen ein Urteil ein Rechtsmittel einzulegen, ist eines der wichtigsten demokratischen Institute des sowjetischen Strafprozesses. Für den Verurteilten und andere Prozeßbeteiligte stellt das Rechtsmittel eine Garantie des Schutzes ihrer Rechte und gesetzlichen Interessen dar; für das übergeordnete Gericht ist es eine wichtige Möglichkeit der Aufsicht über die Tätigkeit der unteren Gerichte bei der Verwirklichung der sozialistischen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht muß bei der Verhandlung der Sache im Rechtsmittelverfahren die Gesetzlichkeit und die Begründetheit des Urteils erster Instanz überprüfen. Es muß feststellen, ob bei der Urteilsfindung die Normen des StGB und der StPO eingehalten wurden und ob das Urteil inhaltlich richtig ist, d. h. den tatsächlichen Umständen der Sache entspricht. Gesetzlichkeit und Begründetheit sind zwei organisch zusammengehörige Eigenschaften des Urteils im sowjetischen Strafprozeß. Diese Überprüfung wird nicht nur an Hand der in der Sache vorliegenden Unterlagen, sondern auch an Hand zusätzlich vorgebrachter Materialien vorgenommen. Die Berufungsinstanz ist nicht an das Vorbringen der Berufung oder deS Protestes gebunden. Sie ist verpflichtet, die Sache in vollem Umfange und hinsichtlich aller Verurteilten zu überprüfen, auch hinsichtlich derer, die kein Rechtsmittel eingelegt haben. Im Unterschied zu früher haben jetzt auch der Geschädigte und sein Vertreter das Recht, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Der Angeklagte, der gegen das Urteil Berufung einlegt, braucht nicht zu fürchten, daß sich dadurch seine Lage verschlechtern könnte. Das Gericht kann bei der Verhandlung im Rechtsmittelverfahren die von der ersten Instanz festgesetzte Strafe mildern oder ein milderes Gesetz anwenden; es ist jedoch nicht berechtigt, die Strafe zu erhöhen oder ein schwereres Gesetz anzuwenden. Dies darf nur dann geschehen, wenn das erste Urteil auf Protest des Staatsanwalts oder auf die Berufung des Geschädigten hin aufgehoben worden ist. 543-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 543 (NJ DDR 1961, S. 543) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 543 (NJ DDR 1961, S. 543)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch-operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat begründet werden kann. Auf der Grundlage dieser Analyse sind die weiteren Maßnahmen zum Erreichen der politisch-operativen Zielstellung festzulegen Soweit nicht die Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen. Die Ergebnisse der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der Sieireming dirr ek-tUmwel-t-beziakimgen kwd der Außensicherung der Untersuchungshaftanstalt durch Feststellung und Wahrnehmung erarbeiteten operativ interessierenden Informationen, inhaltlich exakt, ohne Wertung zu dokumentieren und ohne Zeitverzug der zuständigen operativen Diensteinheit abzustimmen und deren Umsetzung, wie das der Genosse Minister nochmals auf seiner Dienstkonferenz. ausdrücklich forderte, unter operativer Kontrolle zu halten.

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