Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 502

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 502 (NJ DDR 1961, S. 502); \ nicht getragen werden. Zwar hat der Angeklagte eingestanden, dem Zeugen B. ein Bein gestellt und ihm einen Stoß versetzt zu haben, so daß dieser ins Stolpern geraten sei; er hat auch zugegeben, dem Zeugen gegenüber den Ausdruck gebraucht zu haben: „Mach fort, Du Schwein!“ Diese Handlungen sind aber von dem Zeugen, wie sich aus dessen eindeutigen Bekundungen in der Hauptverhandlung erster Instanz ergibt, nicht wahrgenommen worden. Nach seiner Darstellung ist ihm vielmehr von dem Fußballspieler Sch. ein Bein gestellt worden, in dessen Folge er zu Boden gestürzt sei. Danach ist die vom Bezirksgericht gezogene Schlußfolgerung, der Zeuge habe sich in der Person des Handelnden geirrt, nicht gerechtfertigt. Es muß stattdessen davon ausgegangen werden, daß der Angeklagte die von ihm geschilderten Handlungen ausgeführt hat, bevor der Zeuge von dem Spieler Sch. zu Fall gebracht wurde. Da die Handlungen des Angeklagten dem Zeugen aber nicht zur Kenntnis gelangt und sie auch von anderen Personen nicht wahrgenommen worden sind, können sie nicht anders als der Versuch einer Beleidigung beurteilt werden. Eine versuchte Beleidigung ist jedoch nicht strafbar, so daß der Angeklagte freizusprechen gewesen wäre. Doch selbst, wenn eine vollendete Beleidigung, wie vom Bezirksgericht angenommen worden ist, Vorgelegen hätte, wäre zu erkennen gewesen, daß im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 8 StEG gegeben sind. Bei Vorkommnissen, wie sie dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegen, ist streng zu unterscheiden zwischen Personen, die in politisch provokatorischer Absicht oder in organisierter Form Krawalle inszenieren, und solchen Bürgern, die sich insoweit unbewußt, sei es aus ungezügeltem Übermut oder fanatischer Ereiferung, daran beteiligen. Das erfordert in jedem Einzelfall eine sorgfältige Prüfung des Tatbeitrages des einzelnen, des Umfanges und der Intensität seines Handelns, seiner Beweggründe und seines sonstigen Verhaltens vor und nach der Tat. Das Beweisergebnis bietet keinen Anhalt dafür, daß der Angeklagte auf das Spielfeld lief, um zu provozieren und Unruhe auszulösen. Er begab sich zunächst auf den Platz, um zu sehen, was dort geschah, da bereits einige Zuschauer die Spieler umringt hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er den Zeugen B. noch gar nicht gesehen und folglich auch noch keinen Entschluß gefaßt, ihn vom Platz zu verjagen. Für die Richtigkeit seiner Einlassung spricht, daß er, nachdem er auf den Zeugen zugelaufen war und ihm ein Bein gestellt und den in Rede stehenden Ausspruch gebraucht hatte, sofort den Platz wieder verließ und sich an der Zusammenrottung und den darauffolgenden Provokationen nicht beteiligte. Diese Umstände deuten bereits in starkem Maße darauf hin, daß das Handeln des Angeklagten als ein Ausdruck spontaner Reaktion auf das Spielgeschehen und unbeherrschten Übereifers zu werten ist. Dafür spricht auch die Persönlichkeit des Angeklagten. Wie aus den Beurteilungen seines Betriebes und der H.-Oberschule zu ersehen ist, handelt es. sich bei dem Angeklagten um einen offenen und ehrlichen, dem gesellschaftlichen Leben aufgeschlossenen Menschen, der bisher seine ganze Kraft für den Arbeiter-und-Bauern-Staat eingesetzt hat. Das äußert sich in seinem Bemühen um eine höhere fachliche Qualifikation und in seinen guten Arbeitsleistungen, für die er wiederholt prämiiert worden ist, sowie in seiner aktiven gesellschaftlichen Arbeit als Mitglied des Elternbeirates der vorgenannten Schule und der Konfliktkommission seines Betriebes, ferner darin, daß er für das NAW im Jahre 1960 fünfundzwanzig Aufbaustunden leistete. Dieses vorbildliche Verhalten des Angeklagten als ein wichtiges Kriterium für die Bewertung seiner Grundhaltung zu unserem Staat hätte das Bezirksgericht bei der Würdigung des Tatgeschehens nicht außer Betracht lassen dürfen. Es ist unverständlich, wenn das Bezirksgericht angesichts des positiven Verhaltens des Angeklagten in den Urteilsgründen ausführt, er müsse begreifen, daß es in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat nicht mehr genüge, eine gute Arbeit zu verrichten, sondern daß er sich in Zukunft gesellschaftlich betätigen müsse, um den Frieden zu erhalten. Ganz abgesehen davon, daß die Pflichterfüllung in der Produktion die hauptsächlichste gesellschaftliche Tätigkeit und damit ein sehr entscheidender Beitrag für die Erhaltung des Friedens ist, wird mit den offensichtlich wenig durchdachten Ausführungen des Bezirksgerichts aber auch die von dem Angeklagten über seine berufliche Pflichterfüllung hinausgehende gesellschaftliche Arbeit ignoriert und ihm nicht geholfen, die Ursache seines fehlerhaften Verhaltens zu erkennen. Unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Handelns als auch der Persönlichkeit des Angeklagten hätte das Bezirksgericht erkennen müssen, daß die gegen den Zeugen B. begangenen Handlungen unter der Voraussetzung, daß sie zur Vollendung gekommen wären wegen ihrer Geringfügigkeit und mangels schädlicher Folgen für die Deutsche Demokratische Republik, den sozialistischen Aufbau, die Interessen des werktätigen Volkes sowie des einzelnen Bürgers nicht gesellschaftsgefährlich sind (§ 8 StEG). Die Handlungsweise des Angeklagten, die mit den politisch-moralischen Verhaltensregeln unvereinbar und deshalb nicht zu billigen ist, beruht auf Disziplinlosigkeit, deren Ursachen in einem noch nicht genügend gefestigten gesellschaftlichen Bewußtsein liegen und die in erster Linie mit Hilfe des Kollektivs durch Überzeugung zu überwinden sind, zumal beim Angeklagten durch seine gesellschaftliche Mitarbeit alle Voraussetzungen dafür gegeben sind. §§ 308, 51 StGB; § 200 StPO. 1. Zur gesellschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Klärung und Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. 2. Zum Umfang und Inhalt einer sich auf die Prüfung und Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit beziehenden Beweisaufnahme bei Vorliegen mehrerer, in den medizinischen Schlußfolgerungen eines Untersuchungsergebnisses voneinander abweichenden schriftlichen Gutachten sowie bei verschiedenartiger Kompetenz der Gutachter. OG, Urt. vom 14. April 1961 - 2 Ust III 49/60. Der 17V2 Jahre alte Angeklagte war vom Bezirksgericht wegen vorsätzlicher Brandstiftung (§ 308 StGB, §§ 1 und 4 JGG) unter Berücksichtigung des § 51 Abs. 2 StGB zu vier Jahren Freiheitsentziehung verurteilt worden. Als Wurstlergehilfe in einer volkseigenen Papierfabrik hatte er durch Inbrandsetzung eines Papierhaufens einen Brandausbruch verursacht, durch den ein Teil des VEB vernichtet und ein materieller Schaden von über einer Million DM verursacht worden war. Auf die Berufung nach Durchführung einer eigenen ergänzenden Beweisaufnahme hat das Oberste Gericht die auf einer organischen Hirnschädigung beruhende Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten gemäß § 51 Abs. 1 StGB zum Zeitpunkt der Tat festgestellt; es hat ihn daraufhin mangels strafrechtlicher Verantwortlichkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt angeordnet. Aus den Gründen; Der vorliegende Fall gibt Veranlassung, auf die grundsätzliche gesellschaftliche Bedeutung einer sorgfältigen Klärung und Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit hinzuweisen. Die richtige Aufklärung und Feststellung dieser Frage bestimmt die in das Leben sowohl des einzelnen Angeklagten als auch der Gesellschaft tief eingreifende weitere Feststellung, ob die gesellschaftlichen Interessen durch ein Verbrechen oder ein infolge mangelnder strafrechtlicher Verantwortlich- 502;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und Gefahren in Bezug auf die Herstellung von Kontakten zu Verhafteten auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Die Entlassung aus dem Untersuchungshaftvollzug nach Beendiqung der Untersuchungshaft. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Ausgehend von- der Analyse der grundlegenden Ziele der Strategie des Imperialismus ist das Aufklärer, der konkreten strategischen und taktischen Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbständig durchzuführen und Erfahrungen zeigen, daß mit dieser Methode gute Ergebnisse erzielt werden konnten. Politisch-operative Fachschulung.

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