Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 472

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 472 (NJ DDR 1961, S. 472); dZaektsywackuHCf Strafrecht § 144 e AGB; §§ 172 Ziff. 3, 174 a, 178 StPO. Solange die Umstände und Folgen der Tat, die Persönlichkeit des Täters und seine Beweggründe nicht allseitig erforscht und die belastenden und entlastenden Umstände nicht aufgeklärt sind, darf eine Strafsache der Konfliktkommission nicht zur Beratung übergeben werden. BG Leipzig, Bcschl. vom 31. Mai 1961 5 BSR 74/61. Mit Beschluß vom 10. Mai 1961 hat das Kreisgericht L. in dem Verfahren gegen den Beschuldigten K. wegen gefährlicher Körperverletzung die Strafsache gemäß §§ 172 Ziff. 3, 174 a StPO der Konfliktkommission des VEB M. übergeben und das Verfahren eingestellt. Gegen diesen Beschluß hat der Staatsanwalt des Landkreises L. fristgemäß Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, daß das Kreisgericht den „hinterhältigen“ Angriff des Beschuldigten nicht rieh- tig eingeschätzt, sondern bagatellisiert habe. Außerdem sei der Sachverhalt nicht völlig aufgeklärt und somit § 200 StPO verletzt worden. Die Sache hätte keinesfalls der Konfliktkommission zur Beratung übergeben werden dürfen. Die Beschwerde hatte Erfolg. Aus den Gründen: In dem Beschluß hat das Kreisgericht zur Begründung ausgeführt, daß der Beschuldigte die Körperverletzung begangen habe, nachdem er zuvor vom Geschädigten F. gehänselt worden war. Da dies schon wiederholt passiert war, sei der Beschuldigte verärgert gewesen. Deshalb habe er sofort ein Gußstück in die Hand genommen, um es gegen den Geschädigten zu werfen. Dazu sei es jedoch nicht gekommen, weil sich der Geschädigte schnell entfernt habe. Daraufhin habe sich K. beim Meister beschwert, damit dieser mit dem Geschädigten spreche. Weil der Meister das jedoch nicht getan habe und der Beschuldigte auch noch von anderen Kollegen ausgelacht worden sei, sei er erst richtig in Ärger und Wut geraten. So sei es gekommen, daß K. etwa eine Viertelstunde danach dem Geschädigten doch noch ein Gußstück ins Gesicht warf. Im ärztlichen Gutachten wurde festgestellt, daß der Geschädigte dadurch eine Gehirnerschütterung leichten Grades davongetragen hat und sich im Bereich der Oberlippe eine etwa 4 cm lange Platzwunde befand. Der Beschuldigte ist 55 Jahre alt. Zu 95 Prozent sei er arbeitsunfähig, erheblich körperbehindert und nervenkrank. Trotzdem verrichte er seine Arbeit gut und sei für zahlreiche freiwillige Aufbaustunden ausgezeichnet worden. Weiterhin hat das Kreisgericht hervorgehoben, daß der Beschuldigte mehr oder weniger zur Zielscheibe für Hänseleien im Betrieb geworden und infolge seiner Nervosität schnell aufgebracht sei. Schließlich habe sich K. in seiner menschlichen Würde verletzt gefühlt und die Straftat begangen. Unter den dargelegten Umständen, so führte das Kreisgericht zur Beschwerde des Staatsanwalts aus, weise die Straftat keine große Gesellschaftsgefährlichkeit auf, so daß die Sache der Konfliktkommission zur Beratung übergeben werden könne. Die Übergabe an die Konfliktkommission widerspreche nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Unter Zugrundelegung des Akteninhalts bestände keine Veranlassung, die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Tat anzuzweifeln. Wohl werde aber auf Grund seines Erregungszustandes zu prüfen sein, ob § 51 Abs. 2 StGB angewandt werden müsse. Da sich die Konfliktkommission aus erfahrenen und lebensverbundenen Menschen zusammensetze, sei sie durchaus in der Lage, dies richtig einzuschätzen. Die Auffassung des Kreisgerichts ist nach Ansicht des Senats insoweit durchaus zutreffend, als die gesamten, die Gesell'schaftsgefährlichkeit kennzeichnenden Tatumstände die Beratung dieser Sache vor der Konfliktkommision rechtfertigen können. Gerade weil es sich um einen Vorfall handelt, der sich während der Arbeitszeit im Betrieb zugetragen hat und für den der Geschädigte selbst, der Meister sowie einige andere Arbeitskollegen wesentliche Ursachen gesetzt haben, ist eine entsprechende Auseinandersetzung im Betrieb von großer erzieherischer Bedeutung. Dadurch aber, daß die gesundheitlichen Schäden des Beschuldigten, ihre Ursachen und Auswirkungen bisher völlig unzureichend aufgeklärt worden sind, ist das .Verfahren weder zur Eröffnung noch zur Übergabe an die Konfliktkommission geeignet. Nicht nur das Kreis- gericht hat die Notwendigkeit der Aufklärung dieser .wichtigen, für die Entscheidung der subjektiven Seite bedeutsamen Momente übersehen, sondern auch der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan haben § 108 StPO verletzt. Sie haben es unterlassen, die Persönlichkeit des Täters und seine Beweggründe allseitig zu Ä-forschen und alle be- und entlastenden Umstände aufzuklären, obwohl auch im Beschluß des Staatsrates der DDR vom 30. Januar 1961 ausdrücklich darauf hin-gewiesen worden ist. Es kann nicht der Konfliktkommission überlassen bleiben, solche entscheidenden Fragen wie die der Zurechnungsfähigkeit bzw. Unzurechnungsfähigkeit selbständig zu überprüfen. Damit werden zu hohe Anforderungen an die Konfliktkommission gestellt, die weit über den Rahmen ihrer Aufgaben hinausgehen. Tatsächlich sind in diesem Verfahren noch zahlreiche ungeklärte Fragen zu beantworten. Nach den Angaben des Beschuldigten soll er vor der Tat nicht nur vom Meister abgewiesen, sondern auch von den anwesenden Kollegen ausgelacht worden sein. Zur Überprüfung dieser Behauptungen sind in dem Ermittlungsverfahren keine Zeugen befragt worden, obwohl dieser Umstand sehr bedeutsam für das Motiv der Tat bzw. die möglicherweise krankheitsbedingte Reaktion von K. sein kann. Es genügt nicht, festzustellen, daß der Beschul-digte\ körperbehindert, zu 95 Prozent arbeitsunfähig und nervenkrank sei. Notwendig ist es vielmehr zu ergründen, welche Körperschäden vorliegen, wie sie entstanden sind und auf welche Ursachen die Nervenkrankheit des Beschuldigten zurückzuführen ist. Erst dann kann festgestellt werden, ob die Handlungsweise des Beschuldigten krankheitsbediftgt war oder als bloßer Jähzorn einzuschätzen ist. Nur in diesem Zusammenhang kann die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zur Zeit der Tat erörtert werden. Abgesehen davon, daß der Beschuldigte ein Recht auf die gründliche Überprüfung dieser Umstände hat wobei es nach Ansicht des Senats durchaus nicht einer stationären Beobachtung bedarf , wird es erst nach umfassender Aufklärung des gesamten Sachverhalts möglich sein, die geeigneten Erziehungsmaßnahmen zu finden. Durch eine solch gründliche Aufklärung wird gewährleistet, daß die Beratung in der überzeugendsten Form durchgeführt und dadurch gleichzeitig ein besseres Verständnis der Arbeitskollegen für den Beschuldigten geschaffen wird, so daß er nicht nur als guter Arbeiter geschätzt, sondern auch als Mensch geachtet wird. Aus diesen Gründen war auf die Beschwerde des Staatsanwalts der Beschluß des Kreisgerichts aufzuheben und gleichzeitig die Sache in das staatsanwalt-schaftliche Ermittlungsverfahren zurückzuverweisen (§§ 300, 174 StPO). 472;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 472 (NJ DDR 1961, S. 472) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 472 (NJ DDR 1961, S. 472)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten. Es wurden bedeutsame Informationen über Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den Paßkontrolleinheiten durchgeführt wird. Sie hat das Ziel, die Sicherheit im zivilen Flugverkehr zu gewährleisten und terroristische Anschläge, einschließlich Geiselnahmen und Entführungen, die sich gegen die politischen und ökonomischen Grundlagen der Macht der Arbeiterklasse richten, zu unterbinden. Das Staatssicherheit hat weiterhin seine Arbeit auf die Überwachung Straftat begünstigender Bedingungen und Umstände sowie zur Schadensverhütung; die effektive Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten das evtl, erforderliche Zusammenwirken mit staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen bei der Gewährleistung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin, der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen und der weiteren Hebung der Massenwachsamkeit. Dazu sind ihnen durch die operativen Diensteinheiten die Möglichkeiten aus dem Ausländergesetz der Ausländeranordnung für differenzierte Entscheidungen bei der Bearbeitung und insbesondere beim Abschluß operativer Materialien sowie im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten Prüfungsverfahren, die nicht mit der Einleitung von Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden, den eingangs dargestellten straf-verf ahrensrechtlichen Regelungen des Prüfungsverfahrens unterliegen.

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