Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 470

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 470 (NJ DDR 1961, S. 470); spielt haben. Wohlweislich erwähnt er jedoch nichts davon, daß auf ihrem Schuldkonto über 30 000 Todesurteile stehen7. Für den Fall, daß jemand dafür die Kriegsgerichtsräte verantwortlich machen wollte, versichert Schorn vorbeugend: „Es darf auch nicht vergessen werden, daß die kriegsgerichtlichen Urteile nicht von den Wehrmachtsrichtern allein, sondern unter Mitwirkung von zwei Soldaten, also von Laienbeisitzern, gefällt wurden, die den rechtsgelehrten Richter überstimmen konnten und die vielfach eine strafbare Handlung schwerer zu beurteilen pflegten als die Juristen.“ (S. 176) Schorn nennt die Zahlen der Strafverfahren, die die Kriegsgerichte Englands, der USA und Deutschlands im Jahre 1944 gegen Kriegsgefangene durchgeführt haben. Auf je 100 000 Kriegsgefangene kamen in den Vereinigten Staaten 17,2, in England 7,7 und in Deutschland 288,8 Strafverfahren (S. 179). Ein Beweis für den Chauvinismus in den Kriegsgerichten der deutschen Herrenrasse? Weit gefehlt! Den Kriegsgefangenen in Deutschland habe der für ihr Land siegreiche Ausgang des Krieges klar vor Augen gestanden; sie seien sich in der Ablehnung des Hitlersystems einig gewesen; das habe Gegensätzlichkeiten gegenüber dem deutschen Gewahrsamsstaat ausgelöst. „Solches Verhalten führte aber zu gerichtlichen Verfahren“ (S. 182). Die faschistischen Kriegsgerichte wurden also geradezu von den Kriegsgefangenen zu gerichtlichen Verfahren genötigt! Daß es dann zu vielfach harten Strafen kam, die „auch im allgemeinen schwerer als die von den Gerichten der Feindmächte erkannten Strafen“ waren, das lag nach Schorn nicht an den deutschen Kriegsgerichten, sondern an den Gesetzen. Die Kriegsgefangenen waren schuld, die Gesetze waren so drakonisch, die deutschen Kriegsgerichte waren vorbildlich das ist die von Schorn verkündete Weisheit! Die Verhandlung des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik im April 1960 gegen den vielfachen Mörder Oberländer zeigte der Weltöffentlichkeit eine andere, die wahre Praxis der deutschen Kriegsgerichte: Weil der sowjetische Kriegsgefangene Kapitän Ziklauri und seine tapferen Genossen sich trotz aller Drohungen und Erpressungen weigerten, gegen ihre sozialistische Heimat zu kämpfen, brachte Oberländer sie vor ein deutsches Kriegsgericht, das sie zum Tode verurteilte8. In Bonn will man von den Verbrechen Oberländers und eines deutschen Kriegsgerichts nichts wissen. Im April 1961 erklärte der Bonner Oberstaatsanwalt, Oberländer träfe als Kommandeur des Sonderverbandes „Bergmann“ nicht die geringste Schuld. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hatte er allerdings nur Komplicen Oberländers, nicht aber die Zeugen gehört, die dem Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik die Untaten Oberländers geschildert hatten und die sich, wie z. B. der sowjetische Bürger Okropiridse, bereit erklärt hatten, zu beliebiger Zeit und am beliebigen Ort erneut auszusagen9. Verschiebung der Relationen Auf 318 Druckseiten berichtet Schorn über Begegnungen, die 236 Richter mit der Gewalt im „Dritten Reich“ hatten. Die dargelegten Ereignisse reichen vom schweigenden Protest bis zur Verweigerung des Hitlergrußes, von der Hilfe, die jüdischen Freunden erwiesen wurde, bis zum kühnen antifaschistischen Kampf einzelner Richter, die für ihre Gerechtigkeit ins Zucht- 7 Renneberg. Über die Tätigkeit von Kriegs- und Naziverbrechern im westdeutschen Staatsapparat, Demokratie und Recht 1960, Nr. 6, S. 176 ff. (179). 8 vgl. Urteil des Obersten Gerichts gegen Oberländer, NJ 1960, Beilage zu Heft 10, s. 14. . 9 vgl. Rehahn, Zum zweiten Mal gemordet , ND (Ausg. A) vom 27. April 1961, S. 2. haus und in den Tod gingen. Dazwischen liegen die zahlreichen Fälle, in denen disziplinarische Mißbilligungen ausgesprochen, Beförderungen verzögert, Versetzungen an andere Gerichte oder in den Ruhestand veranlaßt wurden. Wir finden hervorragende Beispiele von Mut, von geschickter Entschärfung faschistischer Gemeinheiten, von heldenhaftem Widerstand. Aber jedermann weiß, daß jedem einzelnen dieser Beispiele Tausende von Unrechtsakten der Richter in der Nazizeit gegenüberstehen. Mag der aus den Taten einzelner Richter strahlende Humanismus auch hell leuchten, er kann das niederdrückende Gesamtgeschehen in der Justiz des tausendjährigen Reiches nicht erhellen. Indem Schorn nur die positiven Akte des Eintretens für das Recht herausstellt, verschiebt er die Relationen, so z. B. auch in seinem Schlußwort, wo er schreibt: „Nicht alle Richter blieben ihrem Eide treu; manche strauchelten aus Fanatismus; manche ließen Furcht oder Existenzsorgen den Weg des Rechts und der Gerechtigkeit verlassen. Aber der Großteil der deutschen Richter bestand den Kampf und nahm Sorgen, Gefahren und Leid auf sich.“ (S. 729) In dem Kapitel, das mit „Richter als Hüter von Recht und Gerechtigkeit“ überschrieben ist, wird ohne nähere Erläuterungen der Fall des lediglich versetzten Richters neben dem des Widerstandskämpfers aufgeführt. Nicht selten sind die Fälle, in denen Schorn eine schwere Benachteiligung des von ihm als nazifeindlich bezeichneten Richters schon darin erblickt, daß dieser dem verbrecherischen Regime erst nach längerer Zurückstellung in höherer richterlicher Funktion dienen durfte (z. B. S. 215, S. 392). Mit bemerkenswerter Vehemenz setzt sich Schorn für den Blutrichter Dr. Ernst Kanter ein. Kanter ist laut Schorn ein Beispiel dafür. Virken und Haltung des Parteigenossen Dr. Kanter vährend der Nazizeit erweisen „trotz aller aus der Dstzone erhobenen Angriffe das geschlossene Bild einer Jtiehterpersünlichkeit, eines wirklich königlichen Richters“, behauptet Schorn (S. 313). Dieser „königliche Richter“ hat als Generalrichter in Dänemark gegen deutsche Soldaten zahlreiche Todesurteile gefällt, Todesurteile bestätigt und die Vollstreckung von Todesurteilen angeordnet10. Er ließ 486 Dänen ermorden, die ihre heimtückisch überfallene Heimat befreien wollten11. Der für Kanter am 29. Juli 1946 ausgestellte Persilschein eines dänischen Rechtsanwalts, in dem dieser seine Landsleute, die als Patrioten für Dänemark gekämpft haben, als „Saboteure“ bezeichnet, ist ebensowenig geeignet, die Morde Kanters wegzuzaubern wie die aus allzu durchsichtigen Gründen hergestellten Entlastungsschreiben des ehemaligen Generalstabsrichters Dr. Kraell (S. 316 320). Mit keinem Wort versucht Schorn die Dokumente zu widerlegen, die der Ausschuß für Deutsche Einheit für die ungeheure Blutschuld Kanters vorlegt. Hier tritt Schorns vorsätzliche Abkehr von der notwendigen Objektivität offen zutage. Bevor Dr. Ernst Kanter (wie Dr. Franz Schlegelberger) Pensionär des Bonner Staates wurde, krönte er seine io Wir klagen an, herausgegeben vom Ausschuß für Deutsche Einheit, Berlin 1959, S. 173,174. 1 a. a. O., S. 175-178. „daß aus der Beitrittserklärung eines Richters zur NSDAP nicht schlechthin dessen Identifikation mit der Weltanschauung des Nationalsozialismus gefolgert werden kann. Denn Dr. Kanter blieb trotz nomineller Zugehörigkeit zur Partei, der er auf dringendes Bitten seines damaligen Koblenzer Landgerichtspräsidenten, eines Zentrumsangehörigen, beigetreten war, um durch den Beitritt dem für Deutschland zu befürchtenden Unheil entgegenzutreten, seiner Weltanschauung und seinem Richtereide treu.“ (S. 313) 470;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die imperialistischen Geheimdienste oder andere feindliche Stellen angewandte spezifische Methode Staatssicherheit , mit dem Ziel, die Konspiration des Gegners zu enttarnen, in diese einzudringen oder Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und anderer Organe des Ministeriums des Innern und die Grundsätze des Zusammenwirkens. Die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern erfüllen die ihnen zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassene der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Mensbhenhandelse Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Ricfitlinie für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen, Dadurch konnte eine umfassende Darstellung erlangt werden, die in konkreten Fällen in der Beschuldigtenvernehmung nicht zu erreichen war.

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