Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 460

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 460 (NJ DDR 1961, S. 460); WOLFGANG BERG, Staatsanwalt des Kreises Ilmenau Zum Umfang der Auf klärungspflicht der Straforgane im Ermittlungsverfahren Nach dem Beschluß des Staatsrates der DDR über die weitere Entwicklung der Rechtspflege muß die strafverfolgende Tätigkeit so qualifiziert werden, daß sie die gesellschaftliche Entwicklung fördert, die sozialistische Disziplin und Moral festigt und dazu beiträgt* daß der Kriminalität immer mehr der Boden entzogen wird. In dem Bericht an den Staatsrat führte der Minister der Justiz hierzu aus, daß jedes „Strafverfahren durch Aufdeckung der Straftaten und ihrer den Sieg des Sozialismus hemmenden Ursachen und Auswirkungen dazu beitragen (muß), das gesellschaftliche Bewußtsein und Verantwortungsgefühl des Verurteilten und der Bevölkerung zu vertiefen und zu stärken“1. Insofern ist der Beitrag von Schindler2 3, in dem er sich auch mit dem Umfang der im Ermittlungsverfahren zu treffenden Feststellungen auseinandersetzt, für die Praxis besonders wichtig. Schindler knüpft an die Ausführungen Polaks über die im Strafverfahren zu treffenden Feststellungen an und fordert, neben der Feststellung darüber, was geschehen ist und wie es geschehen konnte, auch „zu ergründen, was muß verändert werden, um im Lebens-' und Wirkungsbereich des Täters für die Zukunft die Begehung solcher und ähnlicher Verbrechen* wie es das begangene ist, weitgehend auszuschließen“*. Diese Ausführungen lassen den Eindruck entstehen* als ob die Strafverfolgungsorgane neben der Tat und deren Entstehungsgründen auch feststellen sollten, was im einzelnen sachlich in der Abteilung des Betriebes, in der Brigade der Genossenschaft oder der Familie eines Täters verändert werden muß, d. h., wie bestimmte, der sozialistischen Entwicklung nicht oder nicht vollständig entsprechende Zustände verändert werden müssen. Mit anderen Worten, es müßte z. B. mit Sachkenntnis entschieden werden, was für politisch-ideologische und technisch-organisatorische Maßnahmen in einer Selbstbedienungsverkaufsstelle zu treffen wären, um die Entwendung von Waren durch einzelne Beschäftigte oder durch Kunden zu verhindern. Es ist zweifelhaft, ob das zu den Aufgaben der Strafverfolgungsorgane im Ermittlungsverfahren gehört. Schindler schränkt seine These in den weiteren Ausführungen selbst ein, wenn er meint, daß es den Strafverfolgungsorganen in einer Reihe von Fällen gar nicht möglich ist, exakt auch die das Verbrechen begünstigenden Bedingungen zu beweisen. Wenn die Strafverfolgungsorgane aber die begünstigenden Bedingungen des Verbrechens im einzelnen nicht kennen, können sie im einzelnen auch nicht sagen, was konkret verändert werden muß. Aus oberflächlichen, fehlerhaften Einschätzungen würden falsche Maßnahmen resultieren. Meines Erachtens muß deshalb im Ermittlungsverfahren, soll die Überwindung der Kriminalität nicht dem Selbstlauf überlassen werden, exakt festgestellt werden, wie das Verbrechen entstehen konnte, weil sich daraus erst die Schlußfolgerung ziehen läßt, was 1 NJ 1961 s. 76. 2 Zur Aufklärungs- und Untersuchungstätigkeit der Straforgane im Ermittlungsverfahren, NJ 1961 S. 270 ff. 3 Schindler, a. a. O., S. 273. = zu verändern ist. An folgendem Beispiel soll das gezeigt werden: Ein Bürger hatte eine Staatsverleumdung begangen,: indem er öffentlich über den Bürgermeister der Gemeinde und dessen Arbeitsweise abfällige, verächtlich machende Worte gebrauchte. Unter anderem ergaben die Ermittlungen, daß vom Bürgermeister in der Arbeit ernsthafte Fehler begangen worden waren, die zu Mißstimmung geführt und die Äußerungen durch den Bürger veranlaßt hatten. Diese Mißstände wurden den verantwortlichen örtlichen Staatsorganen mitgeteilt, die daraufhin ihrerseits das Notwendige veranlaßten. Aus diesem einen Beispiel können folgende Schlußfolgerungen gezogen werden: 1. Feststellungen darüber, wie das Verbrechen entstehen konnte, nützen nur etwas, wenn sie eindeutig erwiesen sind. Das Gericht kann die Straftat und den Täter nur dann richtig einschätzen, wenn es sich auf eindeutige, unwiderlegbare Beweise, die die Entstehung des Verbrechens im richtigen Lichte erscheinen lassen, stützt. Die Strafverfolgungsorgane haben deshalb an die genaue Feststellung der begünstigenden Bedingungen des Verbrechens in jedem Strafverfahren einen strengen Maßstab anzulegen. 2. Es kann nicht die Aufgabe der Strafverfolgungsorgane sein festzulegen, was zu verändern ist. Vielmehr haben die staatlichen Organe und die gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen selbst aus den festgestellten Mängeln die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen und Maßnahmen zu ergreifen. 3. In allen Stadien der strafverfolgenden Tätigkeit müssen die Strafverfolgungsorgane deshalb eng mit den die Sache berührenden staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen Zusammenarbeiten, damit diese jederzeit Fehler und Mängel in der Organisation ihrer Arbeit kennenlernen und beseitigen können. Durch die Allgemeine Aufsicht und durch die Gerichtskritik muß wenn erforderlich die Beseitigung ernsthafter Mißstände und die Wiederherstellung der sozialistischen Gesetzlichkeit verlangt werden. Erkennt man die Forderung Schindlers an, auch zu ergründen, was verändert werden muß, dann besteht die Gefahr, daß die Strafverfolgungsorgane wieder in eine praktizistische Vielgeschäftigkeit zurückfallen und vergessen, daß die Verfolgung und Bestrafung von Straftaten die spezifische Methode ihrer Tätigkeit ist4. Auch das von Schindler zitierte Urteil des Obersten Gerichts5 besagt nicht, daß durch die Straforgane im einzelnen im Ermittlungsverfahren geklärt werden müßte, was zu verändern ist, sondern fordert lediglich, daß das Verbrechen samt seinem Nährboden eindeutig aufgeklärt wird. Das heißt aber nicht, daß die Strafverfolgungsorgane die gegen die Auswirkungen des Verbrechens gerichteten Maßnahmen selbst zu organisieren hätten. Der Auffassung Schindlers, daß im Ermittlungsverfahren festzustellen wäre, was verändert werden muß, kann m. E. deshalb nicht gefolgt werden. 4 vgl. hierzu Streit, Zu einigen Fragen der Arbeit der Strafverfolgungsorgane, NJ 1960 S. 353 ff. (insbes. S. 356). 6 NJ 1960 S. 377. 460;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 460 (NJ DDR 1961, S. 460) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 460 (NJ DDR 1961, S. 460)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermitt lungsverfahren. Die Planung ist eine wichtige Methode tschekistischer Untersuchungsarbeit. Das resultiert vor allem aus folgendem: Die Erfüllung des uns auf dem Parteitag der gestellten Klassenauft rages verlangt von den Angehörigen der Linie mit ihrer Untersuchungsarbeit in konsequenter Verwirklichung der Politik der Partei der Arbeiterklasse, insbesondere in strikter Durchsetzung des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes durchsucht werden können. Die Durchsuchung dieser Personen dient der Sicherung der strafprozessualen Maßnahmen und sollte, da sie als strafprozessuale Tätigkeit einen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Personen darstellt, nicht auf der Grundlage des sondern auf der Grundlage der Strafprozeßordnung durchgeführt werden, Die Verwahrung von Sachen gemäß und Gese.

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