Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 424

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 424 (NJ DDR 1961, S. 424);  9 Klarheit darüber, welche Probleme im konkreten Strafverfahren enthalten sind; dieser Überblick ist erforderlich, damit im Hauptverfahren und im Urteil die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Tat eingehend erläutert werden können. Dann wird auch der notwendige erzieherische Erfolg eintreten. Das Gericht muß von den zentralen und örtlichen Schwerpunkten der Kriminalität, die auch im Arbeitsplan des Gerichts niedergelegt sind, ausgehen. Nehmen wir z. B. den Fall, daß beim Gericht eine Anklage wegen Diebstahls eingeht. Ein Genossenschaftsbauer hatte in stark angetrunkenem Zustand ein Fahrrad weggenommen. Er hatte, statt an der Vollversammlung der LPG teilzunehmen, die Gaststätte aufgesucht und dort übermäßig Alkohol getrunken. Im Arbeitsplan steht: „Landwirtschaft, Einwirken auf die Entwicklung und Förderung der innergenossenschaftlichen Demokratie.“ Um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters konkret feststellen zu können, muß in diesem Strafverfahren vor allem auch die Frage beantwortet werden, wie in dem betreffenden Dorf das Bewußtsein der Genossenschaftsbauern entwickelt ist, warum sie nur ungenügend von ihren Rechten Gebrauch machen, manche von ihnen übermäßig dem Alkohol zusprechen und das Eigentum ihrer Mitbürger mißachten. Mit der Entscheidung über die Durchführung der Hauptverhandlung kann dann zugleich die politisch-ideologische Zielsetzung des Verfahrens festgelegt werden: Erziehung zur Achtung vor dem persönlichen Eigentum der Genossenschaftsbauern und Festigung der innergenossenschaftlichen Demokratie. So prüfen wir in jedem Eröffnungsverfahren, welche gesellschaftliche Zielsetzung im Hauptverfahren herauszuarbeiten ist2. In der Verkehrsstrafsache gegen Günter M. wegen fahrlässiger Tötung mußten z. B. die Gefahren des Alkoholgenusses für den Kraftfahrer gezeigt und besonders gegen die schädliche Denkweise „einmal ist keinmal“ mit ihren oftmals folgenschweren Auswirkungen vorgegangen werden. In einem anderen Verfahren die Täter hatten in rowdyhafter Weise Gegenstände in einer Kirche beschädigt wurde in der Beratung über die Eröffnung des Verfahrens festgelegt, in der Hauptverhandlung herauszuarbeiten, daß die Christen in unserer Republik an der Erhaltung des Friedens und am sozialistischen Aufbau mitarbei-ten, ihre Religionsstätten verfassungsrechtlich und durch die Strafgesetze geschützt sind und daß gegen 2 vgl. auch das in NJ 1961 S. 250 veröffentlichte Urteil des Kreisgerichts Fürstenwalde mit der Anmerkung von Gör-ner. Kirchenschänder konsequent vorgegangen wird. Diese Überlegungen zur politisch-ideologischen Zielsetzung der Hauptverhandlung werden in einem Aktenvermerk niedergelegt. Darin wird auch vermerkt, vor welchem Zuhörerkreis der Prozeß geführt werden soll, inwieweit die das Verbrechen begünstigenden Umstände soweit sie nicht bereits bei der individuellen Verantwortlichkeit des Täters zu beweisen sind in die Beweisaufnahme einbezogen werden müssen und in welcher Richtung das Verfahren auszuwerten ist. Diese Arbeitsweise zwingt zur gründlichen Arbeit im Eröffnungsverfahren und führt zur verstärkten Mitarbeit der Schöffen. Das komplexe, schwerpunktmäßige Herangehen an die Hauptverhandlung ist eine wichtige Hilfe, um die formale Enge des bürgerlichen Tatbestandes zu überwinden. Der Vorsitzende besitzt damit auch eine klare Grundlage, um die notwendigen Ladungen und Einladungen zu veranlassen. Es wird u. U. notwendig sein, bei der Ladung den Vertretern der Betriebe Hinweise zu geben, welche Fragen das Gericht eingeschätzt haben möchte. Wir haben auch verschiedentlich den Angeklagten in Verbindung mit der Ladung aufgefordert, seine Unterlagen über NAW-Einsätze, über Mitgliedschaft in den gesellschaftlichen Organisationen usw. zum Termin mitzubringen. Sicher wird man jetzt einwenden, dies sei Sache exakt geführter Er- Die Ausführungen Grabows (NJ 1961 S. 65 f.) sind zwar hinsichtlich der geforderten direkten Erteilung des Zuschlags an das staatliche Organ im Ergebnis richtig, sie bedürfen jedoch im übrigen noch einiger Bemerkungen zur Klarstellung und Ergänzung. Zunächst ist die Feststellung Grabows, daß den Städten und Gemeinden an Grundstücken ihres Bereichs bei genehmigungspflichtigen Veräußerungen und Zwangsversteigerungen ein gesetzliches Vorkaufsrecht zustehe, in dieser allgemeinen Formulierung unzutreffend. Umfassende Vorkaufsrechte stehen nach geltendem Recht den staatlichen Organen nur im Gebiet der ehemaligen Länder Sachsen und Thüringen zu. Daneben gibt es in besonderen Fällen noch eine kleine Anzahl gesetzlicher Vorkaufsrechte zugunsten der DDR, die im Grundriß „„Sachenrecht“1 aufgezählt sind. l vgl. Das Zivilrecht der DDR. Sachenrecht, Berlin 1956, S. 174 f. mittlungen und gegebenenfalls müsse die Sache nach § 174 StPO zurückgegeben werden. Dis ist notwendig, wo es sich um erhebliche Mängel der Ermittlungen handelt. Aber dort, wo *im Eröffnungsverfahren aus dem gesamten Akteninhalt erkennbar ist, worauf es ankommt, versuchen wir auch wenn noch diese oder jene untergeordnete Frage in den Akten offen ist , ohne Nachermittlungen zur Person des Angeklagten bzw. zur Situation am Tatort auszukommen, um dem Grundsatz der beschleunigten Erledigung des Strafverfahrens gerecht zu werden. Dies erfordert dann aber eine sorgfältige Auswahl der Zeugen zur Situation und zur Person des Angeklagten und oft auch die Mitteilung an diese Zeugen, zu welchem Fragenkomplex das Gericht Aussagen von ihnen erwartet. All das führt im Eröffnungsverfahren zu einer gewissen Mehrarbeit. Die Hauptverhandlung kann dann aber konzentrierter und gründlicher und somit politisch erfolgreicher durchgeführt werden3. Dr. KURT GÖRNER, Richter am Kreisgericht Fürstenwalde 3 In diesem Zusammenhang weisen wir auf den Artikel von Jahn, Die Richtlinie Nr. 12 ein wichtiger Schritt zur weiteren Entwicklung der Rechtspflege, NJ 1961 S. 329 fl. (bes. S. 333) hin, in dem vor der Gefahr der einseitigen Betrachtung und der Überbewertung nur subjektiver Umstände gewarnt wird, weil nicht der Täter, sondern die von ihm begangene Tat das ausschlaggebende Kriterium für die Feststellung des Grades aer Gesellschaftsgefährlichkeit ist. Die Red. Nach den uneingeschränkten Ausführungen Grabows zu den in Betracht gezogenen Fällen handelt es sich hier um die Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts staatlicher Organe nach § 2 des sächsischen Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken vom 1. Juli 1949 (GBl. und VOB1. Land Sachsen 1949 S. 433 ff.). Die hierzu ergangene Ausführungsverordnung vom 2. Juli 1949 enthält im Gegensatz zu der früher erlassenen thüringischen AusführungsVO, mit der sie sonst, wie auch die Grundstücksverkehrsgesetze der beiden Länder selbst, textlich im wesentlichen übereinstimmt nicht die ausdrückliche Regelung wie in Ziff. 21 der thüringischen AusführungsVO, daß „der Zuschlag dem Vorkaufsberechtigten zu erteilen“ ist, wenn vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht wird (vgl. die sächsische Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken vom 2. Juli 1949, GBl. und VOB1. 1949 S. 438 fl. mit der thüringischen Ausfüh- Nochmals zur Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts in der Zwangsversteigerung 424;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen. Die Ergebnisse der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß die vom Betreffenden im Wiederholungsfall begangene gleiche Handlung in der Regel nicht anders als die vorangegangene bewertet werden kann. Die Realisierung der von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher tätigen feindlichen Zentren, Einrichtungen, Organisationen;nd Kräfte, deren Pläne und Absichten sowie die von ihnen angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der DDR. Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft.

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