Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 414

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 414 (NJ DDR 1961, S. 414); Problematik drängte sich besonders hinsichtlich der sog. Vergeudungsdelikte5 auf, die einerseits das sozialistische Eigentum schädigen, andererseits aber zugleich die ordnungsgemäße Produktion, den Wirtschaftsablauf überhaupt stören, ohne daß sich die eine oder andere Seite als unmittelbar angegriffene hervorheben ließe. Die auf Grund praktischer Untersuchungen geführten Diskussionen ergaben, daß dieselben Zusammenhänge wenn auch nicht so ausgeprägt mehr oder weniger bei allen „Wirtschaftsdelikten“ bzw. „Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum“ wesensmäßig vorliegen. Damit war die bis dahin gängige Auffassung der Zweiteilung durch die Praxis ins Wanken gebracht worden. Eine Analyse der unterschiedlichen ökonomischen Bedingungen unter kapitalistischen und sozialistischen Verhältnissen zeigte, daß im Kapitalismus die gesamten ökonomischen Prozesse spontan-anarchisch verlaufen, sich auf Grund ökonomischer Zwangsgesetze im Selbstlauf durdisetzen, wenn nur die Basis für die Wirksamkeit dieser ökonomischen Gesetze, die Grundlage der bestehenden ökonomischen Beziehungen, unangetastet und gesichert bleibt: das herrschende kapitalistische Eigentum, das sich in der Zirkulationssphäre im Wege des Warenaustausches realisiert. Folglich war für den Kapitalismus der außerökonomische und strafrechtliche Schutz des kapitalistischen Eigentums, dessen Klassencharakter unter der Devise der „Gleichheit“ verschleiert wurde, vor Eingriffen wie Diebstahl, Sachbeschädigung usw. unumgänglich notwendig, im Prinzip aber auch ausreichend. Der Prozeß der kapitalistischen Produktion und Reproduktion im tatsächlichen Wirtschaftsablauf dagegen war durch die blindwirkenden ökonomischen Zwangsgesetze im . wesentlichen hinreichend und im Grunde genommen mit gesetzmäßiger Präzision besser als durch die bürokratische kapitalistische Staatsmaschinerie gesichert6. Infolgedessen ist der auf die Daseinsweise des (kapitalistischen) Eigentums begrenzte Strafschutz charakteristisch für das kapitalistische Strafrecht. Es beschränkt sich entsprechend der allgemeinen Funktion des kapitalistischen Rechts darauf, den einmal erreichten „Zustand der kapitalistischen Produktions-, Ausbeutungs- und politischen Machtverhältnisse zu erhalten“7 8. Das kapitalistische Strafrecht geht damit von der Sicherung des statisch Gegebenen aus. In der Abstraktion vom tatsächlichen' Lebensprozeß der Gesellschaft liegt sein formalistischer Charakter begründet. Als im Imperialismus, besonders im Verlaufe der beiden Weltkriege, zur Durchsetzung der aggressiven Politik des Finanzkapitals der strafrechtliche Schutz bestimmter Bereiche der Wirtschaft akut wurde9, trat neben den Strafschutz des kapitalistisch-imperialistischen Eigentums ein für kapitalistische Verhältnisse atypisches, Übergangscharakter tragendes sog. Wirtschaftsstrafrecht. Nach 1945 wurde anfangs in ganz Deutschland an dieses „Kriegs“wirtschaftsstrafrecht angeknüpft. Selbst als uns klar wurde, daß ein davon qualitativ verschiedenes Wirtschaftsstrafrecht bei uns in der DDR keine zeitweilige, sondern im Zusammenhang mit der Planwirtschaft eine dauernde und für das sozialistische Strafrecht wesentliche Erscheinung sein würde, blieben die wirtschaftsstrafrechtlichen Bestimmungen auch äußerlich nach wie vor 5 vgl. Schwarz, a. a. O. Natürlich ist diese Darstellung stark vereinfacht und berücksichtigt insbesondere nicht die komplizierte Entwicklung im Imperialismus. Aber die auch historische Quelle für den strafrechtlichen Schutz nur des (kapitalistischen) Eigentums liegt im Wesen dieser Ausbeuterordnung, das deshalb etwas profilierter herausgestellt werden mußte. Die Entwicklung führte in dieser Hinsicht innerhalb der Eigentumsschutzbestimmungen lediglich zur Neugestaltung des sog. Untreuetatbestands als Ausnahme von dieser Regel (1933). 7 Walter Ulbricht, Die Staatslehre des Marxismus-Leninismus und ihre Anwendung in Deutschland, Protokoll der Babelsberger Konferenz, Berlin 1958, S. 31. 8 Die näheren Gründe dafür können hier nicht erläutert werden. neben den Bestimmungen des strafrechtlichen Schutzes nunmehr des sozialistischen Eigentums mehr oder weniger isoliert bestehen. Dafür mag mit ausschlaggebend gewesen sein, daß es noch einen verhältnismäßig breiten privaten Wirtschaftssektor gegeben hat, auf den die Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts gleichermaßen Anwendung fanden. Mit der durchgängigen Sozialisierung der Eigentums- und anderen Produktionsverhältnisse wird jedoch auch dieses äußere Moment mehr und mehr hinfällig. Diese von uns kritisierte Zweispurigkeit wurzelt also nicht in besonderen Erwägungen, sondern ist vorwiegend aus dem spontanen Gang der Dinge erwachsen, wobei die Anfänge dieser Zweigleisigkeit historisch im Imperialismus liegen. Dieser Unterscheidung liegt offensichtlich und das wird von Gofron ja als Theorie begründet die Gegenüberstellung von statisch einmal gegebenen Eigentumsverhältnissen und dynamisch sich bewegenden, verändernden und entwickelnden Wirtschaftsprozessen zugrunde9. Folglich soll also die Dialektik der sozialistischen ökonomischen Entwicklung nur für die von den Volksmassen unter staatlicher und gesellschaftlicher Leitung bewußt und planmäßig gestalteten Wirtschaftsprozesse, nicht aber auch für die gleichermaßen und gerade dadurch herausgebildeten und gefestigten sozialistischen Eigentumsverhältnisse gelten!? Folglich soll das sozialistische Eigentum auf eine inhaltsleere Hülle abstrakter Eigentumsbeziehungen reduziert und von seiner eigentlichen Funktion losgelöst werden!? Folglich sollte sich das sozialistische Strafrecht auf die Sicherung des Bestandes des sozialistischen Eigentums beschränken und gesondert, separat dazu die „Wirtschaft an sich“ ohne Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung zu den sozialistischen Eigentumsverhältnissen schützen! Nach unserer Erfahrung widersprechen solche Auffassungen der sozialistischen Lebenspraxis. Natürlich negieren wir nicht den Unterschied zwischen Wirtschafts Struktur und Wirtschafts system. Wir sind jedoch bestrebt, sie in ihrer dialektischen Entwicklung zu erfassen, indem wir sie als untrennbare Einheit sehen und in dieser Einheit als Gruppenobjekt der Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum und die Planwirtschaft herausstellen. Bei der Ausarbeitung dieser Position gingen wir von den Aufgaben der sozialistischen revolutionären Umgestaltung aus, die darin bestehen, die neuen, sozialistischen Produktionsbeziehungen allseitig durchzusetzen, zu entfalten und ständig weiterzuentwickeln. Das ist nicht abstrakt, sondern nur im Prozeß der quantitativ und qualitativ zunehmenden Produktion auf dem Wege der Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Erfüllung der ökonomischen Aufgaben und Ziele wie sie in den Volkswirtschaftsplänen niedergelegt sind möglich. Das aber ist ein einheitlicher, unter Führung der Partei bewußt und planmäßig, staatlich gelenkter und organisierter Prozeß des Einsatzes von Millionen Werktätiger in der Produktion, in der gesamten Wirtschaft zur Erfüllung der die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung widerspiegelnden Pläne. Dabei verhalten sich wie wir damals schrieben „die Werktätigen . nicht nur dadurch sozialistisch zum sozialistischen Eigentum, daß sie sich nicht an ihm vergreifen, sondern vor allem dadurch, daß sie bewußt entsprechend der erkannten historischen Notwendigkeit planmäßig produzieren (sowie die anderen ökonomischen Prozesse gestalten) und damit das sozialistische Eigentum planmäßig mehren und festigen“79. Und eben dadurch realisieren, entfalten und 9 Es sei in diesem Rahmen darauf verzichtet, auf „die Wirt-schaftslehre“ einzugehen; aus der marxistisch-leninistischen Politischen Ökonomie bzw. der Ökonomie der einzelnen Wirtschaftszweige ist uns die offenbar von Narski vertretene Gegenüberstellung von Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsführung, insbesondere als Problem von Form und Inhalt (Gofron, a. a. O., S. 55, Anm. 18) nicht geläufig. Wir halten sie nicht für richtig; die angeführten Beispiele (S. 55) sprechen u. E. auch eher gegen die daraus abgeleitete Auffassung. 10 Buchholz, a. a. O., S. 364. 414;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 414 (NJ DDR 1961, S. 414) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 414 (NJ DDR 1961, S. 414)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, festzulegen; bewährte Formen der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur weiteren Erhöhung der politischoperativen Wirksamkeit der Arbeit mit zu beraten, dabei gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen, zu vermitteln und herauszuarbeiten, welche Verantwortung die Leiter bei der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, auf Familienzusammenführung und Eheschließung mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Sie sind in der Regel typisch für Täter, die politisch-operativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begehen. Die hat auch Einfluß auf die Begehungsweise und Auswirkungen der Straftat. Sie ist zugleich eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen sowie der Täterpersönlichkeit als Voraussetzung dafür, daß jeder Schuldige konsequent und differenziert strafrechtlich zur Voran twortvmg gezogen werden kann, aber kein Unschuldiger verfolgt wird, die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht: ihre effektive Nutzung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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