Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 400

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 400 (NJ DDR 1961, S. 400); so, daß der Angeklagte in jedem einzelnen Falle und nur dann könnte der Ansicht der Verteidigung überhaupt erst nähergetreten werden erst nach der Überlegung, daß er im Weigerungsfälle das Schlimmste für seine Person zu fürchten habe, zur Mitwirkung bei der Urteilsfällung bereit war. Im Gegenteil, er hat sich vor dem Senat noch jetzt zu einem der hervorstechendsten Mordurteile bekannt. Es ist daher so, daß der Angeklagte nach anfänglichem Bedenken grundsätzlich zur Mitwirkung bei der Tätigkeit des Sondergerichts Posen bereit war und nur einige Fälle für „bedenklich“ hielt und in Ausübung seines richterlichen Rechts dagegen stimmte. Diese Haltung erlaubt aber keineswegs den Schluß, seine Beweggründe als nicht niedrig anzusehen. Es genügt nicht, daß am Anfang der Sonderrichtertätigkeit des Angeklagten die Richtigkeit des Vortrages der Verteidigung unterstellt bis zum Selbstmord hinreichende Überlegungen standen, wenn die nachfolgende Teilnahme am Erlaß von Mordurteilen auf grundsätzlichem Einverständnis beruhte. Außerdem hat sich der Angeklagte zur richterlichen Mitwirkung beim Sondergericht Posen entschlossen, noch bevor eine Gefahr für sein Leben und seine Sicherheit konkrete Gestalt angenommen hatte. Die bloße Erwartung irgendeiner von den Faschisten ausgehenden Gefahr für einen Menschen, der seine Tätigkeit freiwillig in den Dienst des Faschismus gestellt hat, als rechtlich bedeutsam anerkennen, hieße jene verhöhnen, die im Kampf gegen den Faschismus täglich und stündlich ihr Lebens aufs Spiel gesetzt haben, um die Menschheit von politischer Nacht, vom Krieg und Tod und auch von der faschistischen Sondergerichtspraxis zu befreien. Im übrigen muß auch auf den gleichfalls zum Bestandteil des Völkerrechts gewordenen Artikel 8 des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg hingewiesen werden, der als völkerrechtliches und verbindliches Gebot für die Beurteilung während des Bestehens Hitlerdeutschlands begangener Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen ist und die Anerkennung eines Befehls der nazistischen Regierung oder eines Vorgesetzten zur Begehung dieser Verbrechen als Strafausschließungsgrund völkerrechtlich verbietet. Der Angeklagte hat nach alledem vorwiegend, weil er seine gesicherte und privilegierte Stellung im Nazistaat erhalten wollte, die bezeichneten verbrecherischen Morddirektiven in die Praxis umsetzen helfen und damit aus niedrigen Beweggründen gehandelt. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß er seine Existenz lieber in anderer Weise gesichert hätte; und daran vermag auch das gelegentlich konziliante Verhalten des Angeklagten gegenüber Bürgern polnischer Nationalität nichts zu ändern. Damit entfällt selbst auf der Grundlage der Vorschriften des § 67 StGB die Notwendigkeit besonderer Behandlung des Verjährungseinwandes der Verteidigung. Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die durch das Völkerrecht begründete Verfolgungspflicht solcher Verbrechen die Anwendung der innerstaatlich geltenden Verjährungsbestimmungen ohnehin ausschließt (vgl. Urteil des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik vom 29. April 1960 in der Strafsache gegen Oberländer, NJ 1961 Beilage zu Heft 10). Die Verteidigung hat unter Berücksichtigung des Lebensweges, den der Angeklagte nach 1945 eingeschlagen hat, weiter vorgetragen, daß in seinem Verhalten eine nach § 9 StEG zur Straffreiheit führende grundlegende Wandlung eingetreten sei. Auch dieser Einwand muß nach Ansicht des Senats auf die rechtliche Qualifizierung der Handlungen des Angeklagten ohne Einfluß bleiben. Es ist richtig, daß der Angeklagte nach 1945 bei verschiedenen Dienststellen und später in einem volks- eigenen Betrieb als Dolmetscher und auch in anderer Weise gute Arbeit geleistet hat, die in Einzelfällen durch Prämiengewährung anerkannt worden ist. Aber auf der Grundlage eines solchen Wohlverhaltens, zu dem erkennbar nicht zuletzt die nach Beendigung des zweiten Weltkrieges einsetzenden grundlegenden Wandlungen in den gesellschaftlichen Verhältnissen in unserem Teile Deutschlands den Angeklagten gezwungen haben, auf eine persönliche Wandlung mit den im § 9 StEG vorgesehenen Rechtsfolgen zu schließen, sieht sich der Senat außerstande. Das Verhalten des Angeklagten nach 1945 ist selbstverständlich auch für die Entscheidung des Senats von Bedeutung, es wird bei der Bemessung der Strafe in hervorragendem Maße berücksichtigt werden müssen. Um aber zu den im § 9 StEG vorgesehenen rechtlichen Ergebnissen zu kommen, muß zwischen der festgestellten Wandlung im Verhalten eines Gesetzesverletzers und dem Ausmaß der Gesellschaftsgefährlichkeit des in Rede stehenden Verbrechens auch ein entsprechendes Verhältnis bestehen. Von einem in diesem Sinne richtigen Verhältnis kann aber bei den Verbrechen des Angeklagten keine Rede sein. Dagegen war der Verteidigung darin zu folgen, daß auch bei Verurteilung des Angeklagten wegen fortgesetzter Beihilfe zum vollendeten und versuchten Mord auf eine mildere als die von der Anklage-'vertretung beantragte Freiheitsstrafe zu erkennen ist. Die Anklagevertretung hat gegen den Angeklagten, gestützt auf die §§ 211, 49, 43 StGB unter Berücksichtigung der gemäß § 49 StGB nach den Grundsätzen über die Bestrafung des Versuchs möglichen Strafmilderung, eine Zuchthausstrafe von 12 Jahren beantragt. Der Senat vermochte diesem Anträge nicht zu entsprechen: Bei der Bemessung der Strafe muß neben der auch in der rechtlichen Würdigung zum Ausdruck gekommenen " Rolle des Angeklagten beim Sondergericht Posen auch die Tatsache in Betracht gezogen werden, daß der Angeklagte inzwischen ein hohes Alter erreicht hat. Es ist vor allen Dingen, zu berücksichtigen, daß er nach der Beseitigung Hitlerdeutschlands einen anderen Lebensweg eingeschlagen hat. Er hat und darin unterscheidet er sich hervorstechend von Faschisten vom Schlage eines Oberländer und Globke, aber auch z. B. eines Bömmels und Dr. Hucklenbroich das Kriegsende und die damit hervorgerufenen politischen Veränderungen nicht als eine zwar unwillkommene, aber immerhin bloß als eine Unterbrechung des einmal eingeschlagenen Weges angesehen. Er hat sich nutzbringender Arbeit zugewendet, nachdem er erkannt hat, daß seine Tätigkeit in der Justiz des vom deutschen Monopolkapital getragenen Nationalsozialismus alles andere als nutzbringend war. Er ist auch dem Drängen seiner Angehörigen, nach Westdeutschland zu gehen, nicht gefolgt, obwohl nach der sich in den letzten Jahren erschreckend deutlich abzeichnenden Entwicklung des Bonner Staates davon ausgegangen werden muß, daß er als ehemaliger Blutrichter in der westdeutschen Justiz einen bevorzugten Platz gefunden hätte. Bömmels beispielsweise ist heute immerhin Senatspräsident bei einem Oberlandesgericht. Der Senat zieht aus diesem Verhalten des Angeklagten den Schluß, daß unter Berücksichtigung des Zeitablaufes, bei aller Entsetzlichkeit der unter dem Deckmantel scheinbaren Rechts begangenen Verbrechen des Angeklagten, mit der erkannten, erheblich unter dem Anträge der Staatsanwaltschaft liegenden Zuchthausstrafe von acht Jahren den mit der Person des Angeklagten zusammenhängenden besonderen Umständen Rechnung getragen werden muß. Über den Strafantrag hinausgehend, hat der Senat dem Angeklagten gemäß § 32 StGB die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zehn Jahren aberkannt, weil er die Rechte eines ordentlichen Bürgers unseres Staates bei der Ehrlosigkeit, mit der er sich zum Gehilfen von richterlichen'Mördern machen ließ, verwirkt hat. 400;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 400 (NJ DDR 1961, S. 400) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 400 (NJ DDR 1961, S. 400)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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