Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 399

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 399 (NJ DDR 1961, S. 399); zehn Fällen gegen das von den Mitrichtern vorgeschlagene Todesurteil gestimmt, war aber dennoch in der Mehrzahl aller Fälle mit der Verhängung eines Todesurteils einverstanden. Dabei hat er, der im bürgerlichen Rechtsdenken erzogene Jurist, der lange Jahre in einer bürgerlich-demokratischen Rechtspflege gearbeitet hat, sehr wohl bemerkt, daß in den faschistischen Gesetzen mit allen ihm bekannten und bis dahin angewandten Grundsätzen des bürgerlich-demokratischen Rechts gebrochen wurde. Nach seinen eigenen Aussagen war ihm sehr wohl aufgefallen, daß sich hinter den juristisch nicht faßbaren Begriffen „gesundes Volksempfinden“ und „Wohl des deutschen Volkes und Reiches“ nichts anderes als die Ermächtigung verbarg, jedes genehme Todesurteil zu verhängen. Obwohl das Bewußtsein der Völkerrechtswidrigkeit nicht Voraussetzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit ist, muß nach' dem Ergebnis der Beweisaufnahme gesagt werden, daß dem Angeklagten die Völkerrechtswidrigkeit seines Handelns bewußt war. Er hat bestätigt, daß er eine Prüfung im Völkerrecht abgelegt hat. Den Kern des zur Zeit dieser Prüfung normierten Völkerrechts bildete die Haager Landkriegsordnung von 1899 in der Fassung von 1907, die während der Studienzeit des Angeklagten Hauptgegenstand der völkerrechtlichen Diskussionen in Wissenschaft und Praxis war. Die faschistischen Morddirektiven widersprachen in gröbster Weise den sog. Mindestschutzanforderungen der Haager Landkriegsordnung, so daß der Angeklagte auch von der Seite des Völkerrechts her den Unrechtscharakter der Morddirektiven erkennen mußte und erkannt hat. Der Verteidigung, die die Kenntnis der Völkerrechtswidrigkeit seines Beginnens beim Angeklagten bestreitet und daraus das Vorliegen eines sog. außerstrafrechtlichen Irrtums herleitet, vermag der Senat nicht zu folgen. Gerade die Erkenntnis von der Völkerrechts- und Menschenrechtswidrigkeit der Tätigkeit des Posener Sondergerichts ist es gewesen, die den Angeklagten nach seinen unwiderlegten Aussagen veranlaßt hat, unmittelbar nach seiner geschäftsplanmäßigen Abordnung zum Sondergericht Posen beim Landgerichtspräsidenten um anderweitige Verwendung nachzusuchen; die ihn veranlaßte, später den wegen seines schlechten Gesundheitszustandes gescheiterten Versuch zu unternehmen, in eine Dolmetscher-Einheit des faschistischen Heeres übernommen zu werden. Die deutliche Erkenntnis der Unrechtsprechung des Sondergerichts ist es auch gewesen, die ihn nach scharfer Zurückweisung des oben erwähnten Ersuchens an den Landgerichtspräsidenten veranlaßt hat, sich mit Gedanken an Selbstmord zu trägen. Auf diese Tatsachen hat ja die Verteidigung andererseits die im einzelnen noch zu behandelnde These von der Notstandslage des Angeklagten aufgebaut, ohne dabei allerdings ausreichend zu beachten, daß diese These notwendigerweise die von der Verteidigung bestrittene Kenntnis des Angeklagten von der Völkerrechts- und Menschenrechtswidrigkeit seines Handelns voraussetzt. Diese Äußerungen bürgerlich-demokratischen Rechtsdenkens und bürgerlicher Wohlanständigkeit, deren kümmerliche Reste auch in den folgenden Jahren in den krassesten Fällen noch zur Ablehnung der vorgeschlagenen Todesstrafen führte, wußten aber der Vorgesetzte und Ausbilder des Angeklagten, Landgerichtsdirektor Karl Bömmels, gemeinsam mit seinem Vertreter Dr. Hucklenbroich bald zu überwinden. Diese beiden profilierten Faschisten haben den Angeklagten in verhältnismäßig kurzer Zeit dahin gebracht, daß er bereit war, durch Mitwirkung an der Sondergerichtsrechtsprechung an der Verwirklichung der faschistischen Okkupationsziele teilzunehmen. Ihnen folgte der Angeklagte, weil er als erkennbar zur intellektuellen Unterordnung hinneigender Mensch über anfängliche und später vereinzelt auftretende „Bedenken“ gegen die Todesrechtsprechung des Sondergerichts nicht hinauskam. Er folgte Bömmels und Dr. Hucklenbroich, die ihm auf Grund seiner mangelhaften Kenntnisse des deutschen Rechts als die ihm weit überlegenen, öffentlich gelobten Juristen erschienen, denen im Prinzip nachzueifern er schließlich als seine Aufgabe ansah. Hinzu kommt noch, daß Bömmels auch in der Tätigkeit des von ihm geleiteten Sondergerichts das faschistische Führerprinzip ständig zu betonen und, wo es nur irgend ging, herauszuarbeiten wußte und auch damit entscheidende Einflüsse auf den Angeklagten ausübte. Bei richtiger Beachtung dieser Umstände muß unbeschadet des generellen Schlusses, daß bei solchen Verbrechen grundsätzlich jeder mitwirkende Richter des Mordes schuldig ist der festgestellte Tatbeitrag des Angeklagten nach Ansicht des Senats als Beihilfe zu den Mordtaten von Bömmels und Dr. Hucklenbroich angesehen werden. Der Angeklagte ist daher der Beihilfe zum vollendeten Mord an 60 und der Beihilfe zum versuchten Mord an 11 Menschen schuldig. Er hat sich auf Grund der Vorschriften der §§ 211, 49, 43 StGB strafrechtlich zu verantworten. Die Gesamtheit der einzelnen ihm nachgewiesenen Handlungen stellt sich als eine fortgesetzte Handlung dar, weil die einzelnen Handlungen sowohl im räumlichen als auch zeitlichen Zusammenhang stehen, in jeweils gleicher Art und Weise vorgenommen sind, als Angriff gegen das Leben das gleiche Rechtsobjekt verletzten und schließlich auf der jeweils gleichen verbrecherischen Zielsetzung des Angeklagten beruhen. Insoweit ist der Senat der Auffassung der Anklagevertretung gefolgt, die beantragt hat, den Angeklagten wegen Beihilfe zum vollendeten und versuchten Mord zu verurteilen. Nicht gefolgt werden konnte den gegen eine solche rechtliche Würdigung erhobenen Bedenken der Verteidigung. Die Verteidigung hat zunächst gegen die Annahme einer fortgesetzten Beihilfe zum Mord geltend gemacht, der Angeklagte habe im Hinblick auf seine Mitwirkung beim Sondergericht unter einem gewissen Druck gestanden, er sei, um sich der andernfalls zu erwartenden Verfolgung durch die Nazis, die bei seinem schlechten Gesundheitszustand wahrscheinlich zu seinem Tode geführt hätte, zu entziehen, genötigt gewesen, zur Rettung seines Lebens, aber gegen seinen Willen an der Sondergerichtsrechtsprechung teilzunehmen. Da dem Angeklagten niemals das Recht zugestanden werden könne, zur Rettung seines eigenen Lebens an der Vernichtung einer Vielzahl anderer Menschen teilzunehmen, könne diese dem Nötigungsstand des § 52 StGB zu vergleichende Lage zwar nicht zu seiner Schuldbefreiung führen, sei jedoch für die Frage, ob er mit seinem Tatbeitrage aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 StGB gehandelt habe, von ausschlaggebender Bedeutung. Hinzu komme noch, daß der Angeklagte nach seinen und den Aussagen des Zeugen Matczynski im persönlichen Verkehr gegenüber polnischen Bürgern nicht wie ein Faschist, sondern wie ein gesitteter Mensch aufgetreten sei. Er sei nach seinen Aussagen in der Hauptverhandlung in einem Falle von einem SA-Mann selbst mißhandelt worden, weil er sich gegen die Mißhandlung eines polnischen Bürgers verwahrt habe. Ein Mensch, der sich so verhalte, könne nicht als Ausrottungspolitiker angesehen werden. Nach alledem habe der Angeklagte nicht auf der Grundlage niedriger Beweggründe beim Sondergericht Posen mitgewirkt und könne deshalb auch nicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden. Sein Tatbeitrag stelle sich vielmehr im Gegensatz zu den als Mord zu qualifizierenden Handlungen von Bömmels und Dr. Hucklenbroich als Totschlag im Sinne von § 212 StGB dar; unterliege dann aber, nachdem seit der Begründung rechtsstaatlicher Verhältnisse in unserem Teile Deutschlands mehr als 15 Jahre vergangen sind, nach § 67 StGB der Verjährung. Diese Auffassung der Verteidigung entspricht nicht dem Ergebnis der Hauptverhandlung. Es ist keineswegs i 399;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 399 (NJ DDR 1961, S. 399) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 399 (NJ DDR 1961, S. 399)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren. Die erforderlichen Maßnahmen, die sich aus der Lage der Untersuchungshaftanstalt im Territorium für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Widersprüchen zwischen den imperialistischen Staaten und Monopolen sowie den verschiedensten reaktionären Institutionen, Gruppierungen und Einzelpersonen ergeben. Sie beinhalten vor allem Auseinandersetzungen um die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit genutzt werden kann. Für die Lösung der den Diensteinheiten der Linie übertragenen Aufgaben ist von besonderer Bedeutung, daß Forderungen gestellt werden können: zur vorbeugenden Verhinderung von Störungen sowie der Eingrenzung und Einschränkung der real wirkenden Gefahren erbringen. Es ist stets vom Prinzip der Vorbeugung auszuqehen. Auf Störungen von Sicherheit und Ordnung in den StrafVollzugseinrichtungen sowie Untersuchungshaftanstalten und bei der Erziehung der Strafgefangenen sind Ausbrüche, Entweichungen, Geiselnahmen, andere Gewalttaten xind provokatorische Handlungen sowie im Anschluß daran vorgesehene Angriffe gegen die Staatsgrenze der und Verdacht des Transitmißbrauchs; provokativ-demonstrative Handlungen soväe Unterschriften- sammlungen und andere Aktivitäten, vor allem von Antragstellern auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der und im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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