Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 395

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 395 (NJ DDR 1961, S. 395); „Die hierzu erforderliche Aufbauarbeit (so nannten die Faschisten die Versklavung und Ausrottung des polnischen Volkes), die die Justizbeamten täglich vor neue ungewöhnliche Aufgaben stellt, konnte nur von besonders befähigten, zumeist aus dem Altreich abgeordneten Kräften geleistet werden. Viele dieser Beamten sind inzwischen z. T. unter Beförderung endgültig in Planstellen des Reichsgaus Wartheland versetzt worden. Sie sind freiwillig und gern in den Osten übergesiedelt, um dazu beizutragen, daß das Wartheland dereinst ein rein deutsches Land wird.“ Einer der in diesem Sinne besonders fähigen Juristen aus dem „Altreich“ war der ständige Vertreter des Präsidenten des damaligen Landgerichts in Posen, Langerichtsdirektor Karl B ö m m e 1 s , der heute beim ObÄrlandesgericht in Saarbrücken in Westdeutschland als Senatspräsident noch immer tätig ist. (Es folgt eine Einschätzung über Bömmels)1 2. Sowohl der Zeuge P n i e w s k i als auch die Zeugen Keozkcwiak und Matczynski, die in der Nazizeit gleichfalls zur Verrichtung untergeordneter Arbeiten an das damalige Landgericht verpflichtet worden waren, haben dem Senat vorgetragen, daß besonders Bömmels dafür bekannt war, daß unter seinem Vorsitz unter Zugrundelegung des von der Anklagebehörde angenommenen Sachverhalts ohne ausreichende Nachprüfung und unter Zurückweisung polnischer Zeugen innerhalb kürzester Zeit Todesurteile gefällt wurden (wird ausgeführt). Ein im faschistischen Sinne ebenso befähigter Richter wie Bömmels war der Ende 1940 gleichfalls an das damalige Landgericht Posen zunächst abgeordnete und später versetzte Landgerichtsrat Dr. Hucklenbroich. (Es folgen Ausführungen über Hucklenbroich)-. Auch der Angeklagte gehörte zu dieser Clique der faschistischen Sonderrichter in Posen. Er hat, wie im einzelnen noch darzulegen sein wird, bis in die letzten Tage der faschistischen Okkupation sein furchtbares Amt als SonderrichteT ausgeübt. Der Angeklagte wurde am 12. Juni 1891 in Reval (Tallinn, jetzt Hauptstadt der Estnischen SSR) als Sohn eines Angestellten geboren und ist in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Er studierte an der juristischen Fakultät der Universität im damaligen Petersburg und beendete im Jahre 1918 das Studium, ohne das Staatsexamen abgelegt zu haben. Im Oktober 1918 ging der Angeklagte in seine Heimatstadt Tallinn zurück. Im Jahre 1923 legte er an der Universität Dorpat (Tartu) die juristische Staatsprüfung ab und wurde in den estnischen Richterdienst übernommen. Er war zunächst beisitzender Richter am Bezirksgericht in Tallinn und gelangte etwa im Jahre 1935 als beisitzender Richter an die sog. Gerichtspalate in Tallinn, ein Gericht, das in seiner Tätigkeit etwa mit den damaligen deutschen Oberlandesgerichten vergleichbar war. An der Gerichtspalate in Tallinn war der Angeklagte bis zu seiner im Jahre 1939 vorgenommenen freiwilligen Umsiedlung in das damals faschistische Deutschland als Richter in der Strafrechtsprechung tätig. Bis zum Jahre 1939 gehörte der Angeklagte keiner politischen Organisation an, er hat sich bis dahin politisch nicht betätigt. Während der revolutionären Bewegungen, der Frühjahrs- und Oktoberrevolution 1917 lebte er im damaligen Petrograd, er hat jedoch zu diesen welterschütternden Bewegungen keinerlei innere Bindung gefunden. In diesem Stadium seiner Entwicklung erscheint der Angeklagte als der sog. unpolitische bürgerliche Jurist, der im Rahmen einer bürgerlich-demokratischen Staats- und Rechtsordnung das dieser Ordnung entsprechende Recht anwendet und einhält. Im Jahre 1939, als die sog. deutsche Kulturverwaltung in Estland, eine Organisation, in der die meisten in Estland lebenden Deutschen zusammengefaßt waren, in Umsetzung der vjn den Nazis verbreiteten „Heim ins Reich“-Parole die Umsiedlung der in Estland lebenden Deutschen nach Deutschland betrieb, meldete sich auch der Angeklagte zur Umsiedlung nach Deutschland. 1 vgl. hierzu den Beitrag von Foth auf S. 389 ff. dieses Heftes, 2 vgl. Foth auf S. 391 dieses Heftes,. Er war insbesondere zur Umsiedlung bereit, nachdem ihm die Übernahme in die deutsche Justiz zugesichert worden war. Ende 1939 gelangte er im Zuge dieser Umsiedlungsaktion in das damals bereits von den Deutschen besetzte. Poznan. Im April 1940 wurde er beim dortigen Amtsgericht eingestellt. Da er das alte russische Recht studiert und dieses Recht im wesentlichen auch während seiner praktischen juristischen Tätigkeit in Estland angewendet hatte, machte es sich notwendig, den Angeklagten in das deutsche Recht einzuführen. Er hatte deshalb zunächst einige Ausbildungsstationen beim Amtsgericht' und später auch beim Landgericht zu durchlaufen. Die Ausbildung beim Landgericht wurde von Bömmels geleitet. Etwa Mitte 1941 wurde der Angeklagte zunächst als beauftragter Richter als Beisitzer in der Strafkammer des Landgerichts tätig. Bömmels, der den Angeklagten ständig im faschistischen Sinne beeinflußte, der ihm vor allen Dingen die Überzeugung von der Richtigkeit und Notwendigkeit der gegen die polnische Bevölkerung verhängten unmenschlichen Strafen zu vermitteln versuchte, riet dem Angeklagten zum Zwecke seiner schnelleren Ernennung zum Land-gerichtsrat und damit zur Ernennung als Beamter auf Lebenszeit, Mitglied der Nazipartei zu werden. Diesem Rat folgte der Angeklagte und wurde im Herbst 1941 Mitglied der NSDAP. Er wurde schließlich auch zum Landgerichtsrat ernannt und als ständiger Beisitzer zunächst in die Strafkammer des Landgerichts und ab Februar 1942 auch in die Sondergerichte I, II und III übernommen. Im Verlaufe seiner bis zur Befreiung Posens durch sowjetische Truppen währenden Tätigkeit als Beisitzer dieser Sondergerichte hat er, wie durch Verlesung dem Senat vorliegender, aus beglaubigten Urteilsabschriften und Vollstreckungsbenachrichtigungen bestehender Einzelakten des ehemaligen Reichsjustizministeriums und durch eigene Angaben des Angeklagten nachgewiesen ist, an der Durchführung von 58 mit Todesurteilen abgeschlossenen Verfahren teilgenommen, in deren Verlaufe 71 Menschen zum Tode verurteilt wurden. In 24 dieser Verfahren mit 28 zum Tode Verurteilten hat den Vorsitz des jeweiligen Sondergerichts der damalige Landgerichtsdirektor Bömmels geführt. Dr. Hucklenbroich, der in 46 Fällen mit dem Angeklagten zusammengewirkt hat, hat in 17 von diesen Verfahren den Vorsitz innegehabt. Er hat als Vorsitzender oder Beisitzer, allein im Rahmen der dem Angeklagten zur Last zu legenden Verfahren, insgesamt 59 Personen mit zum Tode verurteilt. In 69 Fällen gehörten die Verurteilten dem polnischen Volk an, in zwei Fällen handelte es sich um Deutsche. Für 58 der. zum Tode Verurteilten lagen dem Senat Vollstreckungsbenachrichtigungen an das ehemalige Reichsjustizministerium vor. In zwei Fällen ist der Nachweis der Vollstreckung durch die Aussagen der als Zeugen gehörten nächsten Angehörigen, Ehefrau bzw. Vater der Verurteilten, geführt. Diese Zeugen haben dem Senat nicht nur vorgetragen, daß sie von den seinerzeitigen Todesurteilen durch die damals zu Abschreckungszwecken allgemein üblichen öffentlichen Bekanntmachungen durch Plakatierung bzw. durch Abschiedsbriefe ihrer verurteilten Angehörigen Kenntnis erhielten, sondern auch ausgesagt, daß sie durch die für das Personenstandswesen zuständige Zivilbehörde ohne Angabe der Todesursache vom Ableben der Verurteilten amtlich benachrichtigt worden sind. Für acht der insgesamt 71 unter Mitwirkung des Angeklagten zum Tode verurteilten Personen fehlen Vollstreckungsbenachrichtigungen. Da auch andere Beweismittel hierfür nicht zur Verfügung standen, muß, obwohl die Hinrichtung auch dieser Menschen im höchsten Maße wahrscheinlich ist, im Zweifel zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen werden, daß insoweit die Tötung dieser Personen aufGrund der unter Mitwirkung des Angeklagten ausgesprochenen Todesurteile nicht nachgewiesen ist. Drei der zum Tode Verurteilten wurden nachträglich zu sog. Straflager begnadigt. Im einzelnen sind den vor dem Senat behandelten Verfahren des Sondergerichts in Posen die verschiedensten Sachverhalte zugrunde gelegt; sie haben aber alle eines gemeinsam, das immer wieder in schrecklicher Klarheit hervortretende Bestreben des Gerichts, sich mit seiner „Rechtsprechung“ uneingeschränkt in den Dienst der ? 395;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 395 (NJ DDR 1961, S. 395) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 395 (NJ DDR 1961, S. 395)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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