Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 390

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 390 (NJ DDR 1961, S. 390); und von der Bundesregierung die unverzügliche Entfernung und Bestrafung der überführten Blutrichter verlangen. Dennoch setzen sich bis heute Bundestag und Bundesregierung mit beispiellosem Zynismus über diesen im Völkerrecht verankerten Willen der Völker hinweg und lassen lediglich von Zeit zu Zeit irgendwelche nach-geordneten Organe, wie z. B. Sprecher von Justizministerien oder Sprecher ihrer Länderkonferenzen, erklären, daß allzu stark belasteten Blutrichtern nahegelegt worden sei, doch freiwillig vorzeitig in den Ruhestand zu treten2. Es gäbe wie man unter Leugnung der völkerrechtlichen Pflichten behauptet keine andere Möglichkeit, solche zahlreicher Morde überführten Richter aus dem Amt zu entfernen. Ihr freiwilliger Rücktritt oder eine Bestrafung seien der einzige Ausweg. Wie es aber mit dem Ausweg des Strafverfahrens bestellt ist, zeigen solche Beispiele wie das des Blutrichters von Prag, Dri Bellmann, oder das des Blutrichters von Posen, Dr. B ö m m e 1 s , die bis heute nicht nur nicht bestraft sind, sondern in höheren Funktionen denn je weiter amtieren. Die Vertreter der Obersten Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, die den westdeutschen Justizbehörden allein im ersten Halbjahr 1960 bis zu den willkürlich von der Bundesregierung und vom Bundestag festgesetzten völkerrechtswidrigen Verjährungsterminen rund 800 Todesurteile und weitere Dokumente übermittelten, spürten bei jedem ihrer Besuche in Westdeutschland die prekäre Situation, in der sich zumindest die zur Übernahme der Dokumente bevollmächtigten Vertreter der westdeutschen Justizbehörden befanden. In jeder Übergabeverhandlung und im Verlauf jeder Pressekonferenz wurde von westlicher Seite die Frage gestellt, ob bei der systematischen Auswertung der Zehntausende von Dokumenten nicht auch Dokumente gefunden Worden seien, die in der DDR amtierende Richter und Staatsanwälte belasten. Betretenes Schweigen folgte dann jedesmal auf die Antwort die in der DDR jedes Kind in der Schule geben kann , daß im Gebiet der heutigen DDR 1945 in Übereinstimmung mit dem Willen der Völker alle Sonderrichter und aktiven Nazis nicht nur aus der Justiz, sondern aus dem gesamten Staatsapparat entfernt und soweit ihnen Verbrechen nachgewiesen werden konnten bestraft worden sind. Als den Vertretern der Obersten Staatsanwaltschaft in ihrer letzten Pressekonferenz in Frankfurt (Main) am 17. Januar 1961 von zahleichen Pressevertretern wiederum diese Frage gestellt wurde, erwähnten sie außer ihrer üblichen Antwort noch die Festnahme des ehemaligen Blutrichters B r e y e r in Schwerin, der auf Grund der im vergangenen Jahr in der Volksrepublik Polen neu aulgefundenen Dokumente als Mordgehilfe Dr. Bömmels1 und Dr. Hucklenbroichs entlarvt werden konnte. Sie schilderten der westdeutschen Presse, daß Breyer 1945, als die von ihm mitunterzeichneten Todesurteile noch nicht bekannt waren und man von ihm nur wußte, daß er Nazi gewesen war, aus der Justiz unverzüglich entfernt worden war und seitdem in einer Nähmaschinenfabrik gearbeitet hatte. Der Berichterstatter der „Frankfurter Abendpost“ nannte das in einem boulevardblattmäßigen Artikel vom 18. Januar 1961 „ Blutrichter in der Zone entlarvt er sortierte Nähnadeln in einer Fabrik “. Jetzt könnte der Berichterstatter hinzufügen: „Gehilfe des in Saarbrücken amtierenden Blutrichters in Posen, Dr. Bömmels, erhielt in Schwerin mehrjährige Zuchthausstrafe“, und damit die Frage verbinden, wann der Senatspräsident Bömmels in Saarbrücken als höchster Richter über sich selbst zu Gericht sitzen wird. Er könnte allerdings auch die sehr ernste Frage stellen, die Dr. Suhrbier und die demokratische Öffentlichkeit 2 vgl. z. B. die Blutrichterdebatte im Hamburger Senat, Hamburger Echo vom 13. Dezember I960. des In- und Auslandes schon wiederholt gestellt haben, wann endlich Bundestag und Bundesregierung die in Westdeutschland amtierenden Nazi- und Kriegsverbrecher die gesamte Eichmannschaft ihrer gerechten Strafe zuführen werden. Der Schweriner Blutrichterprozeß hat dazu eine gute Grundlage geschaffen3. Gegenstand des Schweriner Prozesses wät die Sondcr-gerichtsbarkeit in den vom Faschismus annektierten Gebieten, speziell in Polen. Der Prozeß zeigte auf, daß zu der die Verfassung seit 1933 restlos zerstörenden Terrorpraxis der Sondergerichte innerhalb Deutschlands als hervorstechendes Merkmal noch eine mehrfache Völkerrechtswidrigkeit hinzukam, daß also die Praxis der Sondergerichte in annektierten Gebieten eine noch weitaus höhere verbrecherische Qualität besaß. Im Prozeß wurde durch den Sachverständigen, den Völkerrechtler Prof. Dr. Steiniger, folgendes bewiesen4: Aus der Völkerrechtswidrigkeit der faschistischen. Aggression, Okkupation und Annexion von Teilen anderer souveräner Staaten völkerrechtswidrig wegen der Verletzung des international anerkannten Annexions- und Interventionsverbots folgt im konkreten Fall für den sog. Warthegau und die Stadt Poznan, daß der polnische Staat seine Souveränität über diese Gebiete nie verloren, der faschistische Staat sie nie gewonnen hatte. * Daraus ' folgt weiter, daß die zur Sicherung dieser völkerrechtswidrigen Annexion ergangenen Gesetze, Normen und Direktiven des Naziregimes von Anfang an nichtig waren und einschließlich der Tätigkeit der zu ihrer Durchsetzung bestimmten Instrumente wie Gestapo, SS-Einsatztruppen und Sonderjustiz weder irgendwelche Rechte oder anerkennungswürdige Handlungen für die völkerrechtswidrig eingedrungenen Okkupanten und Annektanten noch irgendwelche Pflichten für die brutal unterdrückte Bevölkerung gegenüber den faschistischen Eindringlingen begründen konnten. Verstießen aber schon Art und Zweck der Einführung der faschistischen Direktiven und des zu ihrer Durchsetzung eingerichteten Zwangsapparates gegen das Völkerrecht, so verletzten sie darüber hinaus durch ihren unmenschlichen Inhalt, durch ihren Kannibalismus die elementarsten Menschenrechte, die das Völkerrecht auch und gerade einem unter krasser Verletzung des Aggressions- und Annexionsverbots in ein anderes Land eingedrungenen Feind auferlegt. Die von den faschistischen Eindringlingen verordneten, die nartionale Würde des polnischen Volkes verletzenden Terrordirektiven wie z. B. die Zwangsarbeit und die menschenrechtswidrige, grausam versklavende Gehorsamspflicht oder das unmenschliche, die polnische Bevölkerung dem Hungertode ausliefernde Rationierungssystem begründeten das völkerrechtlich erlaubte und gebotene Recht auf Verteidigung der materiellen nackten Existenz der polnischen Bevölkerung. Steiniger legte überzeugend dar, daß es sich hierbei um ein unveräußerliches Recht der Völker handelt, das u. a. in der bekannten Martens'schen Klausel niedergelegt ist, nach der es völkerrechtlich verboten ist, Kriegsgefangene verhungern zu lassen; daß es deshalb erst recht völkerrechtlich verboten ist, in Freiheit befindliche Bürger ’ derart unmenschlichem Terror, derart grausamer Ausrottung auszuliefern. Deshalb ist nichts rechtswidrig, was zur Verteidigung der elementaren Lebensrechte, zur Verteidigung der nationalen Ehre und Würde des polnischen Volkes von wem auch immer getan worden ist. 3 Vgl. hierzu das Urteil des BG Schwerin gegen den Blutrichter Breyer auf S *{94 ff. dieses Heftes. ' Die diesem Gutachten zugrunde liegenden Gedankengänge sind auszugsweise in NJ 1961 S. 307 ff. veröffentlicht. 390;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 390 (NJ DDR 1961, S. 390) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 390 (NJ DDR 1961, S. 390)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Provokationen und anderer feindlich-negativer und renitenter Handlungen und Verhaltensweisen inhaftierter Personen ableiten und erarbeiten, die für die allseitige Gewährleistung der inneren und äußeren ;iv- Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten. Es wurden bedeutsame Informationen über Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens erfordert. Grundlage für die Abschlußentscheidung ist das tatsächlich erarbeitete Ermittlunqsergebnis in seiner Gesamtheit. Nur wenn alle Möglichkeiten der Aufklärung der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten entsprechen in der Deutschen Demokratischen Republik dem Grundsatz der Achtung des Menschen und der Wahrung seiner Würde.

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